Der Wohnungsmarkt in Dortmund ist umkämpft, wenige Wohnungen sind in der Stadt verfügbar. Da verwundert es, wenn an prominenten Stellen in Innenstadt-Lagen manche Gebäude jahrelang zusehends verfallen. Vor allem, wenn man noch erahnen kann, wie prachtvoll sie einmal waren.
An vier „Ecken“ der Dortmunder Innenstadt sind uns solche Häuser aufgefallen, die ganz unterschiedliche Geschichten zu erzählen haben. Was sie eint, ist der jahrelange Leerstand.
1. Rheinische Straße 131 - Von der Stadt Dortmund aufgekauft:

An unserem ersten Beispiel kommen täglich unzählige Menschen vorbei. Die Rheinische Straße 131 befindet sich knapp westlich der Dorstfelder Brücke an der Ecke zur Ofenstraße. Durch die Löcher im Dach fliegen Tauben ein und aus, Fensterscheiben sind gebrochen, der Putz blättert ab, im Erdgeschoss ist kaum ein Zentimeter frei von Graffiti – auch auf den großen Schaufenstern.
Vor vielen Jahren erstreckte sich über fast alle Etagen ein Möbelhaus. Nur im Dachgeschoss hat es eine Hausmeisterwohnung gegeben. Doch das ist schon lange Geschichte.

Bereits im Zuge eines Stadtumbauprogramms von 2008 bis 2018 hat die Stadt Dortmund das Haus „als Problemimmobilie mit hohem Handlungsbedarf identifiziert“, berichtet Stadtsprecher Christian Schön. Immer wieder habe man versucht, mit der Eigentümerin in Kontakt zu treten. „Die Gespräche blieben leider ergebnislos und der Gebäudeverfall ist weiter fortgeschritten“, so Schön.
Nachdem diese Besitzerin verstorben ist, übernahm 2020 eine Eigentümergemeinschaft das Problemhaus. Daraufhin kam neuer Schwung in die Gespräche, am 1. März 2022 kaufte die Stadt Dortmund das Gebäude zusammen mit dem Nachbarhaus Ofenstraße 1.
154.000 Euro hat man für Grundstück und Gebäude bezahlt. Doch was passiert nun mit so einem stark vernachlässigten Haus? Christian Schön sagt: „Zunächst muss der Zustand final ermittelt werden.“ Man wisse noch nicht, ob sich eine Sanierung lohnt oder ob ein Abriss nötig wird.
Zum bislang letzten Mal hat sich übrigens wohl im Jahr 2016 etwas an dem Haus getan. An der heruntergekommenen Fassaden hingen damals nur noch zwei Buchstaben einer Leuchtreklame des alten Möbelhauses: ein Ö und ein L. Als Teil des Projektes „Emscherkunst“ sind drei Buchstaben hinzugefügt worden, sodass seitdem das Wort „Vögel“ zu lesen ist.
2. Körner Hellweg 56 - Die Erbengemeinschaft:

Nach einiger Recherche erreichen wir einen der Hauseigentümer des Körner Hellwegs 56. Auch hier handelt es sich um eine vielbefahrene Einfallstraße zur City, auch hier sind die Fenster des Erdgeschosses mit Graffiti übersät. Bei dem Mit-Besitzer handelt sich um eine Privatperson, die Teil einer Erbengemeinschaft ist, wie der Mann am Telefon bestätigt. Er wohnt in einer Dortmunder Nachbarstadt.
Lange habe man sich unter den Erben nicht einigen können, was mit dem Haus geschehen soll, erzählt er: „Das ist weit über 100 Jahre alt. Eine Kernsanierung wäre nötig, lohnt sich aber nicht.“ Inzwischen sei geplant, das Haus zu verkaufen. Seit wann das Gebäude unbewohnt ist, kann er nicht sagen: „Ich habe mich da nicht drum gekümmert.“
3. Flensburger Straße 15 - Der Nicht-Aufzufindende:

Oben prachtvolle Verzierungen um offenstehende Fenster, unten mit Brettern vernagelte Türen und Fenster. Tauben fliegen rein, in einem Raum sieht man eine Deckenlampe hängen. So präsentiert sich die Flensburger Straße 15 in der Nordstadt. Google Street View zeigt, dass das Haus 2008 noch einen anderen Anstrich hatte und Vorhänge in den Wohnungen hingen.
Im Grundbuch ist als Besitzer eine Vermögensverwaltung aus Hessen eingetragen. Die gibt es aber offenbar nicht mehr, „die gewählte Rufnummer ist uns nicht bekannt“, hört man automatisiert, wenn man dort anruft. Ein anderer Vermögensverwalter aus dieser Kleinstadt gibt an, seit 25 Jahren in dem 20.000-Seelen-Ort zu leben - den angegebenen Namen kenne er aber nicht. 2017 hat es offenbar ein Insolvenzverfahren zu einer anderen Firma des Eigentümers gegeben.
4. Alexanderstraße - Der Stillstand am Klinikum:

Im November 2020 hat das Team des Klinikums Dortmund ein Bauprojekt angekündigt. Drei 120 Jahre alte Häuser an der Alexanderstraße sollten abgerissen werden und unter anderem einem Kita-Neubau an der Grenze von Klinik- und Kreuzviertel weichen.
Bauzäune wurden aufgestellt, aber sonst ist seitdem wenig geschehen. Weiterhin sieht man, dass diese Häuser mal sehr schön waren, nun aber in sehr beliebter Wohnlage zusehends verfallen. Auf einem Balkon ist inzwischen ein stattlicher Baum gewachsen. Bis 2008 befand sich dort die Blutbank des Klinikums.
Die vergangenen Jahre seien mit hohen Kostensteigerungen im Bauwesen verbunden gewesen, erklärt Klinikum-Sprecher Matthias Lackmann nun. „Die ursprünglich geplanten Baukosten haben sich erhöht, wodurch wir uns in den letzten eineinhalb Jahren noch einmal intensiv mit der baulichen und inhaltlichen Struktur beschäftigt haben.“
Der aktuelle Ausblick: „Die bauliche Umsetzung ist für die nächsten drei Jahre geplant und in unserem Investitionsplan freigegeben.“ Weiterhin sei der Neubau der Schule für Pflegeberufe und einer Kita geplant.
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