Wo Männer Hilfe bekommen, bevor sie ihrer Frau Gewalt antun

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Wo Männer Hilfe bekommen, bevor sie ihrer Frau Gewalt antun

rnHäusliche Gewalt

Wer seine Frau schlägt oder nur darüber nachdenkt, ist mit der Hölle, die er anderen antut, allein in seinem Kopf. In Dortmund können sich jetzt Männer in dieser Situation Hilfe holen.

Dortmund

, 19.03.2019, 14:42 Uhr / Lesedauer: 3 min

Sie sind ein ganzer Kerl. Soll keiner was anderes behaupten. Können ja alle mal nachfragen, bei den Jungs in der Kneipe. Auf der Arbeit oder im Stadion. Klar, Sie sind ein ganzer Kerl. Haben Sie ja erst neulich wieder Ihrer Frau gezeigt. Oder wollten das.

Alle Nase lang Zoff in der Hütte

Ach ja, daheim, da verstehen sie das halt nicht. Was heißt schon sie? Ihre Frau oder Freundin versteht das nicht. Wenn die sich mal ändern würde, dann wäre ja eitel Sonnenschein. Aber so? Alle Nase lang Zoff in der Hütte, als ob Sie sich nicht schon genug den Arsch aufreißen. Aber ne, sieht ja keiner und dann immer dieses Genöhle und Gejanke, wer soll denn darauf klar kommen?

Und dann fliegt halt mal was durch die Bude

Ja, und dann fliegt da halt mal was durch die Bude. Ein Teller oder so. War doch früher auch nicht anders. Und jetzt schreien sie alle rum, häusliche Gewalt und so ein Zeug. Wenn sich die Frau ändern würde, dann wär das doch alles nicht so schlimm, dann blieben auch die Teller auf dem Tisch und nicht an der Wand! So sieht‘s doch mal aus. Können Sie nur heute nicht mehr laut sagen.

Was Sie erzählen, muss er für sich behalten

Wissen Sie was? So Typen wie Sie gibt es gar nicht wenige. Eigentlich sind Sie ein Klassiker. Hat am Montag ein Jurist in Dortmund erzählt. Brauckmann heißt der, Vorname Markus. Jurist, da weiß man ja gleich Bescheid, aber das Gute an dem Brauckmann ist: Was Sie ihm erzählen, muss er für sich behalten. Also, Sie erzählen Ihren Jungs im Stadion oder im Golfclub ja auch nicht, dass Sie Ihrer Frau neulich mal einen gegeben haben. Frauen schlägt man ja auch nicht, klar, das wissen Sie ja auch selber. Aber es geht ja auch am einfachsten zuhause, da kriegt das ja kaum einer mit.

1600 Fälle in Dortmund und Lünen 2018

Sie sind da nicht alleine, in Dortmund und Lünen gab es 2018 knapp 1600 Einsätze wegen häuslicher Gewalt. Es gab natürlich viel mehr, wie Sie wissen. Nur: Von den meisten Fällen bekommt keiner was mit. Ist übrigens ein Straftatbestand, diese häusliche Gewalt, aber der Brauckmann muss ja dicht halten.

Sie merken, wie es brodelt?

Vielleicht sind Sie auch noch einen Schritt davor? Haben noch nie zugeschlagen. Gut so. Sie merken aber, wie es in Ihnen brodelt, wenn zuhause wieder alles Dreck ist. Wie Sie die Wut packt und Sie voll aggro sind und irgendwas kleinkloppen wollen. Früher, da war das anders, da haben Sie sich gestritten und dann war irgendwann eine Lösung da und gut. Und hinterher vielleicht noch eine nette Versöhnung.

Vielleicht belastet Sie auch ganz was anderes?

Heute? Nur noch Geschrei und Generve. Da hat der Brauckmann übrigens einen Fachbegriff für: destruktiver Streit. Also zerstörerisch. Kennen Sie, oder? Vielleicht haben Sie noch ein paar andere Sachen, die Sie belasten: Stress im Job, die Kinder machen was sie wollen und tanzen Ihnen nur noch auf der Nase rum. Vielleicht geht es Ihnen auch aus anderen Gründen schlecht.

Und Sie haben zwar die Jungs, um mal ordentlich die Sau rauszulassen, aber unter uns Pastorentöchtern: So richtig über privates Zeug quatscht Sie mit denen ja auch nicht. Von denen wollen Sie ja auch nicht mit deren persönlichem Blabla vollgelabert werden. Ich sag Ihnen was: Rufen Sie den Brauckmann an.

Markus Brauckmann (links) ist „Konflikt- und Gewaltberater“. Fabian Anft soll das werden, er befindet sich noch in der Ausbildung.

Markus Brauckmann (links) ist „Konflikt- und Gewaltberater“. Fabian Anft soll das werden, er befindet sich noch in der Ausbildung. © Tobias Großekemper

Mit dem können Sie reden. Kostet auch nix, der wird vom Sozialdienst Katholischer Männer bezahlt. Ist ein neues Angebot. Sie rufen den an, machen einen Termin und dann gehen Sie dahin. Dann sprechen Sie mal mit dem, ist ja zum Glück ein Kerl. Und nicht wieder so ne Perle, die Ihnen gleich wieder an allem die Schuld gibt. Der Brauckmann will Sie dann „emphatisch begleiten und konfrontieren“. Das heißt, er hört Ihnen zunächst nur zu. Und dann kriegen Sie wahrscheinlich Lack.

Vielleicht läuft es irgendwann wieder besser daheim

Der erzählt Ihnen dann Sachen wie, dass Sie alleine für Ihr Verhalten zuständig sind. Und nicht Ihre Frau. Aber der zeigt Ihnen dann auch Wege, wie Sie mit Ihrer Aggression klar kommen, ohne was kaputt zu kloppen. Der Brauckmann ist ausgebildeter „Konflikt- und Gewaltberater“. Der kann Sie also beraten, wenn Sie gewalttätig sind oder spüren, wie Sie es werden könnten, der hat das gelernt. Und wenn Sie da ein paar Mal hingegangen sind, dann läuft das ja vielleicht auch wieder besser zuhause. Weil, jetzt mal echt unter uns, das wissen Sie auch selber: Frauen oder Kinder zu verprügeln, das machen Schwachmaten. Das sind Sie doch gar nicht.

Ist doch jetzt schon schwer genug

Und wenn Sie jetzt glauben, Sie haben schon alles verstanden und der Scheiß kommt nicht wieder vor: falsch. Wenn Ihre Lunte kurz ist – und wir wissen beide, dass das so ist, sonst hätten Sie nicht bis hierher gelesen – dann passiert das nicht nur einmal. Irgendwann kriegen Sie wieder die Wut. Und dann?

Da war am Montag, als die das Angebot vorgestellt haben, übrigens auch ein Polizist aus Dortmund dabei. Und der hat gesagt: Wenn man nichts tut, nimmt die Gewalt zu. Das wollen Sie doch nicht. Ist doch jetzt schon schwer genug.

Ach ja, hier die Nummer. Und was zum Nachdenken

Das Programm, das die Katholiken in der Innenstadt jetzt anbieten, gibt es in Hamm schon seit 10 Jahren. Jetzt halt hier. Das Motto von denen ist übrigens „Echte Männer reden.“ Können Sie ja mal drüber nachdenken.

Und jetzt rufen Sie bitte mal zügig den Brauckmann an, hier haben Sie seine Nummer:

0176/30040089.

Wir haben uns für diese Veröffentlichungsform nach einem normalen Pressegespräch entschieden, weil wir hoffen, so mehr Männer und damit eine größere Zielgruppe erreichen zu können. Wir wissen um die Ernsthaftigkeit des Themas und wollen uns hier über niemanden lustig machen. Sollten Sie selber ein Opfer von häuslicher Gewalt sein, könnten Sie sich selbst an das Krisenzentrum in Hörde (www.krisenzentrum-dortmund.de) oder an die Frauenberatungsstelle wenden. (www.frauenberatungsstelle-dortmund.de) Auch die Polizei könnte ein Ansprechpartner sein. (vorbeugung.dortmund@polizei.nrw.de)
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