Wirtschaft und Soziales: Weniger Arbeitslose, Ärger um Bußgeld für Obdachlose

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Wirtschaft und Soziales: Weniger Arbeitslose, Ärger um Bußgeld für Obdachlose

rnJahresrückblick 2018

Volle Auftragsbücher in vielen Handwerksbranchen, eine sinkende Arbeitslosenquote, aber auch steigende Sorgen um Obdachlosigkeit prägten Dortmund in 2018 in Wirtschaft und Sozialpolitik.

Dortmund

, 26.12.2018, 15:46 Uhr / Lesedauer: 3 min

Im September wurde die magische Schwelle unterschritten: Erstmals seit 1981 lag die Arbeitslosenquote in Dortmund mit 9,8 Prozent wieder unter der Zehn-Prozent-Marke. Ein Ziel, auf das Politik, Arbeitsverwaltung und Wirtschaft lange hingearbeitet hatten.

Wer wissen möchte, wie es der Wirtschaft in Dortmund im Jahr 2018 ergangen ist, kann natürlich die Konjunkturberichte lesen. Zuletzt sagten 95 Prozent der heimischen Betriebe der Industrie- und Handelskammer, ihre Geschäftslage sei gut oder befriedigend. Die Handwerkskammer erhielt ähnliche Rückmeldungen.

Das Problem: Die Einschätzungen liegen seit Jahren auf hohem Niveau. Um ein Gefühl für die Güte des Wirtschaftsjahres 2018 zu bekommen, hilft es eher, die Meldungen des Jahres zu durchforsten.

Engpässe bei Bau und Handwerk

Einige betrafen die zunehmenden Engpässe in der Baubranche und im Handwerk. Weil viele Betriebe sich vor Aufträgen kaum retten können und gleichzeitig kaum Fachkräfte finden, dauern Baustellen oft länger. Beispielsweise der Umbau des Naturkundemuseums. Manches Bauprojekt wie der Bürokomplex Phoenixwerk auf Phoenix-West und der Umbau des Dortberghauses zum Hotel startete mit Verzögerung, weil schlicht kein Generalunternehmen gefunden werden konnte.

Viele Unternehmen investierten auch wieder im großen Stil: Bei Wilo läuft der Bau der „Smart Factory“, Chip-Hersteller Elmos hat seinen Testbereich für 60 Millionen Euro erweitert, das Kaufhaus Dustmann wurde runderneuert als nobler „Lifestyle-Store“ wiedereröffnet. Und es war ein Jahr der Investitionsankündigungen. Der kanadisch-niederländische Entwickler Walas hat die Hochofen-Anlage und das Schalthaus 101 auf Phoenix-West gekauft und will in Um- und Neubauten 75 Millionen Euro investieren.

Investitionen angekündigt

ThyssenKrupp will auf der Westfalenhütte eine zweite Feuerbeschichtungsanlage für eine niedrige dreistellige Millionensumme bauen, es sollen 100 neue Jobs entstehen. Tausende Arbeitsplätze könnten es auf dem Gelände des früheren Kraftwerks Knepper in Oestrich werden. Im Oktober wurde bekannt, dass sich dort der britische Konzern Segro um die Entwicklung eines Gewerbe- und Logistikparks kümmert.

Mit Freude wurde nicht nur registriert, dass die Arbeitslosenquote im September erstmals wieder unter 10 Prozent lag. Auch der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Jobs auf über 240.000 gibt Anlass zur Hoffnung. Dazu kommt der im Juli von der Bundesregierung beschlossene soziale Arbeitsmarkt, durch den 600 Dortmunder Langzeitarbeitslose 2019 in Arbeit kommen können.

Allerdings sind auch noch immer über 30.000 Dortmunder arbeitslos, mehr als 18.000 sogar nur auf Helferniveau. Das ist eine Herausforderung nicht nur für Arbeitsagentur und Jobcenter. Um den Fachkräftemangel in nahezu allen Branchen zu lindern, werden auch die Unternehmen mehr vermeintlich unpassenden Kandidaten eine Chance geben müssen.

Die vielen Arbeitslosen sowie weitere Leistungsempfänger bleiben zugleich eine große soziale Herausforderung für die Stadt. Nach letztem Stand erhielten in Dortmund über 105.000 Menschen sogenannte Mindestsicherungs-Leistungen.

Steigende Fallzahlen bei Wohnungslosen-Beratung

Immer größere Sorgen bereitet auch das Thema Obdachlosigkeit. Die zentrale Beratungsstelle für Wohnungslose der Diakonie vermeldete kurz vor Weihnachten einen Anstieg der Fallzahlen um zehn Prozent im Laufe dieses Jahres. Demnach lag die Zahl der Hilfesuchenden bis Mitte Dezember bei mehr als 2030 – gegenüber dem Jahr 2010 ein Anstieg um 71 Prozent.

Immer mehr Menschen in Dortmund sind von Wohnungsnot betroffen.

Immer mehr Menschen in Dortmund sind von Wohnungsnot betroffen. © Oliver Schaper

Für Aufregung und Kritik sorgte in diesem Zusammenhang die längere Zeit geübte Praxis der Stadt, Obdachlose für das Übernachten im Freien bei Beschwerden mit einem Knöllchen von 20 Euro zu bestrafen. 265 Mal kam das 2017 vor. Oberbürgermeister Ullrich Sierau verkündete schließlich einen Knöllchen-Stopp. Weil die Sanktionen wirkungslos seien – die Obdachlosen könnten meist nicht zahlen – und dem Image der Stadt schadeten.

Die Stadt schätzt die Zahl der Obdachlosen auf 400 bis 500, Experten gehen von weitaus mehr aus. Für sie hat das Jahr 2018 immerhin eine hilfreiche Neuerung gebracht: ein Wärmebus, der seit einigen Wochen seine Runden dreht. Ehrenamtliche Helfer schenken warme Getränke aus und unterhalten sich mit den Menschen auf der Straße.

Die Diakonie in Dortmund hat ihre Unterstützung ebenfalls ausgeweitet. In der Übernachtungsstelle für Frauen, ausgelegt auf 24 Plätze, fanden zuletzt 40 wohnungslose Frauen Unterkunft. Das Tagesangebot mit Frühstück und Mittagessen wurde an den Wochenenden bis 22 Uhr verlängert.

Auch die Stadt will ihre Hilfe für Obdachlose auch mit Blick auf Übernachtungsstellen neu organisieren. Denn angesichts steigender Mieten und des knapper werdenden Wohnungsangebots wird das Thema Obdachlosigkeit wohl eine besondere Herausforderung bleiben.