Statt eines „Phantastischen Lichterweihnachtsmarkts“ im Fredenbaumpark soll es in diesem Jahr einen Winter Lights Markt in Dortmund geben – aber nicht im Fredenbaumpark, sondern im Revierpark Wischlingen. Familie Rohkämper lebt unweit des Revierparks und ist über die bisherigen Pläne zur Veranstaltung besorgt.
Vom 21. November 2024 bis zum 5. Januar 2025 soll der neue winterliche Markt andauern. Geplant ist auch, dass an zehn Tagen Konzerte von unterschiedlichen Musikgruppen stattfinden sollen. Aus langjähriger Erfahrung wissen Herbert und Annette Rohkämper: Das bedeutet Lärm.
Denn der Garten der Rohkämpers wirkt wie eine Schneise, in der die Geräusche von Partys und Konzerten im Revierpark Wischlingen direkt zum Haus der Familie gelangen. Wie laut es im Haus wird, entscheiden Wind und Wetter. „Manchmal kommt hier fast nichts an, wenn es viel regnet und wir Westwind haben. Bei Ostwind kommt alles rüber“, sagt Herbert Rohkämper.
Mit regelmäßiger Lärmbelastung lebt die Familie seit Jahrzehnten. „Bei großen Konzerten wurde es manchmal so laut, dass die Scheiben vibrierten und die Gläser im Schrank zu schwingen und singen begannen“, erzählt Annette Rohkämper. Die Familie wandte sich an die Bezirksvertretung und an städtische Stellen, aber zunächst war nichts zu erreichen.

Perfekt zum Messen
Erst als die Rohkämpers vorschlugen, dass jemand vorbeikommen und sich selbst ein Bild machen könne, lenkte das Umweltamt Dortmund ein. Die 74-Jährige erzählt: „Die Mitarbeiter vom Umweltamt sind dann gekommen, haben sich hier hingestellt und waren erstaunt. Seitdem ist bei uns ein Messpunkt.“ Hinten am Haus gebe es keine störenden Geräusche von Fußgängern oder Autos – zum Messen der Lärmbelastung perfekt, urteilte das Umweltamt.
Seit über zehn Jahren kommt nun regelmäßig ein Gutachter in den Garten der Rohkämpers, immer dann, wenn eine besondere Großveranstaltung im Revierpark ansteht. Der Gutachter ist auf Umweltmessungen spezialisiert, berät Veranstalter aber auch schon bei der Planung eines Events, um die Lärmbelastung der Umgebung gering zu halten.
„Er sitzt dann da und führt seine Messung durch. Mit Computer und einem Mikrofon auf dem hohen Stativ. Sobald die im Revierpark zu laut sind, ruft er den Tontechniker dort an und sagt, dass er die Lautstärke herunterregeln muss“, erzählt Anette Rohkämper. Abgesehen vom Haus der Rohkämpers fahre der Gutachter noch einen zweiten Messpunkt in der Hildegard-Schimschock-Straße an, um die Geräuschbelastung zu prüfen.
Wann eine Veranstaltung zu laut ist, regelt der sogenannte Freizeitlärmerlass NRW. Da die Rohkämpers in einem „allgemeinen Wohngebiet“ leben, wie es bürokratisch eingestuft wird, dürfen im Normalfall zwischen 40 und 55 Dezibel an ihrem Haus ankommen. Die meisten Großveranstaltungen gelten aber als sogenanntes „seltenes Ereignis“ und erlauben je nach Tageszeit 55 bis 70 Dezibel – eine Lärmbelastung, die auf Dauer als gesundheitsschädigend gilt.

Bürokratischer Trick des Veranstalters
Daher sind die Tage, an denen ein seltenes Ereignis an einem Veranstaltungsort stattfinden darf, auf 18 Tage im Jahr begrenzt. Gleichzeitig darf die Lärmbelastung an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden auftreten. Und genau darin liegt für Familie Rohkämper das Ärgernis am geplanten Winter Lights Markt.
Bürokratisch gesehen zählen die Tage Samstag und Sonntag gemeinsam als ein Wochenende, wie das Umweltamt den Rohkämpers auf Nachfrage bestätigt habe. „Um die rechtliche Hürde zu umgehen, haben die Veranstalter die Konzerte fast immer auf nur einen Tag des Wochenendes gelegt. Also meist auf Freitag und Samstag“, sagt Annette Rohkämper. „So haben wir in fünf Wochen nacheinander Beschallung.“
Aber nicht nur die Konzerte machen den Rohkämpers Sorgen. Ob es weitere Veranstaltungen bei den Winter Lights geben wird, wie etwa Programm an Weihnachten oder eine Silvesterparty, ist bislang nicht sicher. Denn nicht bei allen lauten Veranstaltungen ist ein Gutachter zugegen. Was die Lautstärke betrifft, hoffen Herbert und Annette Rohkämper auf den langjährigen Gutachter. Dieser soll nach Auskunft der Familie eine Art Lautstärke-Konzept für den Winter Lights Markt erstellen.
Allerdings birgt der Markt am Revierpark Wischlingen noch weitere Herausforderungen. „Wo sollen die alle parken? Wir haben das hier erlebt beim Hip-Hop-Fest vor 10 Jahren. Da kamen wir nicht mehr aus den Einfahrten raus. Die Besucher haben alles zugeparkt. Auch der ganze Wischlinger Weg war beidseitig zugeparkt“, erinnert sich Annette Rohkämper. Der Revierpark Wischlingen sei aus ihrer Sicht auch zu klein, um einen Markt in den Ausmaßen umzusetzen.
Was genau das Programm der Winter Lights erwarten lässt, wollen die Veranstalter am 15. Oktober preisgeben. Auch die Rohkämpers sind gespannt.
Trotz der Geräusche aus dem Revierpark würden Annette und Herbert Rohkämper, der seit seiner Geburt in der Straße am Naturschutzgebiet Hallerey lebt, nicht wegziehen. Und für Menschen, die mit Lärm zu kämpfen haben, haben die Rohkämpers einen Tipp: Nicht die Rollläden herunterlassen. Wie ihnen der langjährige Gutachter erklärte, sei der Hohlraum zwischen Rollladen und Fenster ein Resonanzraum, der den Lärm nur verstärke, statt ihn zu dämpfen.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 7. Oktober 2024.