Vor über 40 Jahren beschloss der bekannte Einzelhändler Wilhelm Mohrenstecher, ab sofort Hut in Dauerschleife zu tragen – so wie sein Kollege aus dem Nachbargeschäft ausschließlich rote Pullover getragen hat. „Ich wollte einen ähnlichen Wiedererkennungseffekt“, sagt der heute 73-Jährige.
Das Vorhaben hat er konsequent durchgezogen. „Sogar bei Indoor-Veranstaltungen habe ich den Hut nicht abgesetzt“, sagt der Lütgendortmunder Drogist rückblickend. Der Hut sei ein Stück von ihm geworden. „Nur in der Kirche oder am Grab habe ich ihn abgenommen.“
Tatsächlich ist sein Plan aufgegangen, Mohrenstecher und sein Hut sind zu einer Marke geworden, immer auffällig unter vielen. Keine Frage: Wenn man von Wilhelm Mohrenstecher träumen würde, würde er mit Hut in der nächtlichen Szenerie auftauchen. Den Titel „Dortmunds bekanntester Mann mit Hut“ dürfte ihm so schnell niemand streitig machen.
Schätzungsweise 20 bis 25 Hüte hätten in den vergangenen 40 Jahren seinen Kopf geziert, so Mohrenstecher. Heute seien es noch zehn bis zwölf, die bei ihm zu Hause an der Garderobe hängen oder im Schrank liegen. Aber anders als sonst geht seit neuestem sein täglicher Griff nicht mehr Richtung Markenzeichen, bevor er das Haus verlässt.

Im Gegenteil: Wilhelm Mohrenstecher ist seit kurzem „oben ohne“ unterwegs. In seinem geliebten Dorf, für das er sich seit Jahrzehnten mit einem beispiellosen Einsatz engagiert, sorgt er damit für Verwunderung. Kunden seiner „Drogerie Zimmermann“, aber auch Passanten auf der Straße seien irritiert und hätten ihn schon darauf angesprochen.
Warum trennt er sich nach so langer Zeit von seinem Lieblingstextil? Warum hängt er den Hut an den sprichwörtlichen Nagel? Mohrenstechers Antworten: „Weil ich nirgendwo mehr den Hut aufhabe.“ Und: „Man muss mich nicht mehr erkennen.“
„Mehr Zeit für die Familie“
Soll heißen: Wilhelm Mohrenstecher zieht sich zurück, will nicht mehr in der ersten Reihe mitmischen. Er wolle keinesfalls von der Bildfläche verschwinden oder gar Lütgendortmund den Rücken kehren, betont er. Er wolle nur seinen Fokus anders ausrichten: „Mehr Zeit für die Familie und mehr Zeit für mein heimatkundliches Archiv.“
Letzteres wolle er so hinterlassen, dass es auch „für andere greifbar“ ist. Seine Frau würde schon erste Erfolge feststellen. „Es gibt weniger Kartons zugunsten von Ordnern“, sagt Mohrenstecher. Sein einzigartiges Lüdo-Archiv wächst seit 1977. „Auch meine heimatkundlichen Führungen möchte ich verstärkt anbieten.“

Mohrenstechers Verdienste für Lütgendortmund, ob für die Vereine, für die Bewohner oder den Einzelhandel, sind groß. Er war Initiator, kreativer Kopf und Teamplayer, der die Akteure vor Ort über Jahrzehnte mitgerissen hat. Kneipen-Festival, Hofflohmärkte, Treffen unter dem Maibaum, Postkarten- und Briefmarken-Aktionen, Kirmes-Gläser und -Bierdeckel sind nur ein Mini-Ausschnitt seiner Lüdo-Laufbahn.
All das möchte er nun zurückschrauben. Auch offizielle Ämter, etwa bei der IHK und im Einzelhandelsverband, hat er niedergelegt. „Ich sehe mich jetzt mehr als Berater und vielleicht Begleiter.“ Aber: Das Jahr 2023 wird definitiv noch seine Handschrift tragen. Denn vorausschauend hat Wilhelm Mohrenstecher für diverse Aktionen Mittel beim Stadtbezirksmarketing beantragt oder Termine festgezurrt.
Seine letzte Aktion für Lütgendortmund als Initiator soll die Auffrischung der 2016 ins Leben gerufenen Imagekampagne „Ich bin Lütgenbommler“ sein. Händler, Dienstleister und Handwerker aus Lütgendortmund haben die Möglichkeit, sich mit dem Siegel „Echter Lütgendortmunder“ auszeichnen zu lassen. Die Urkunden werden während der Bartholomäus-Kirmes überreicht.
Dann könnte man Mohrenstecher tatsächlich wieder mit Hut in der Masse entdecken. „Aber nur als Sonnenschutz“, sagt er.
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