Wie OB-Legende Samtlebe den Frieden in den Kleingärten sicherte

© RN-Archiv

Wie OB-Legende Samtlebe den Frieden in den Kleingärten sicherte

rnStreit um Klos

Ein Streit um Klos und Sickergruben brachte vor 25 Jahren Dortmunds Kleingärtner auf die Barrikaden. Der damalige Oberbürgermeister Günter Samtlebe klärte den Streit auf ganz eigene Art.

Dortmund

, 30.09.2018, 15:18 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es war proppenvoll erinnert sich Horst Wedekind. 700 Leute drängten sich im und vor dem Saal im Parkhaus Barop. „Es haben gar nicht alle Leute Einlass gefunden“, berichtet Wedekind rückblickend. Er war einer der Sprecher der Aktionsgemeinschaft der Kleingärtnervereine, die im Sommer 1993 „auf die Barrikaden gegangen war“, wie es Wedekind selbst nennt.

Der Grund des Unmuts unter Dortmund Kleingärtnern: Der Rat der Stadt hatte im Februar 1993 im vorauseilenden Gehorsam auf eine angekündigte Landesverordnung beschlossen, dass alle Kleingarten-Anlagen Gemeinschaftstoiletten einrichten müssen. Die bislang üblichen Toiletten mit Sickergruben in den Lauben sollten nicht mehr erlaubt sein.

Drohende Parteigründung alarmierte die Politik

Der Ärger unter den Kleingärtnern war gewaltig. Schließlich hatten sie viel Geld in ihre Lauben gesteckt. „Und wer sollte die Gemeinschaftstoiletten verwalten und sauberhalten“, fragt Wedekind. Die Aktionsgemeinschaft, die sich spontan gründete, fand großen Zulauf, zumal die verärgerten Kleingärtner bei ihrem Stadtverband keine Unterstützung fanden. Der sei ein „Handlanger“ der Stadtverwaltung, lautete der Vorwurf.

Die Aktionsgemeinschaft fuhr dagegen schweres Geschütz auf – und drohte sogar mit der Gründung einer eigenen Partei. „Das war kurz vor den Wahlen“, erklärt Wedekind. Und die Drohung verfehlte offenbar auch nicht ihre Wirkung. Schließlich waren 8000 Kleingärtner-Familien speziell für die damals noch mit absoluter Mehrheit regierende SPD ein wichtiges Wählerpotenzial.

„Showdown“ in Kleingärtner-Versammlung

Zum „Showdown“ kam es am 21. September im Parkhaus Baorp. Oberbürgermeister Günter Samtlebe (SPD) wagte sich in die Höhle des Löwen – und zeigte sich bei der Versammlung der Aktionsgemeinschaft ganz als Volkstribun. Niemand werde gezwungen, seine Sickergrube aufzugeben, verkündete er. „Ein solcher Schwachsinn kann uns nicht zugemutet werden.“ „Tosender Applaus war die Folge“, berichteten die Ruhr Nachrichten.

„Samtlebe hatte ein Herz für die Kleingärtner“, stellt Horst Wedekind rückblickend fest. Und sein Versprechen habe er zwei Tage später „prompt eingelöst“. Tatsächlich hob der Rat am 23. September 1993 mit den Stimmen von SPD und CDU seinen Beschluss vom Februar auf, der Gemeinschaftstoiletten gefordert hatte. „Der Beschluss muss wegen Geringfügigkeit vom Tisch“, erklärte Samtlebe in der Ratssitzung.

Und dabei blieb es. „Seitdem ist nie wieder etwas passiert“, stellt Wedekind fest, der noch immer Vorstandsmitglied im Gartenverein Goldener Erntekranz in Hombruch ist, fest. Samtlebe sei Dank.

Günter Samtlebe (SPD) war von 1973 bis 1999 Oberbürgermeister der Stadt Dortmund – und damit einer der am längsten amtierenden Stadtoberhäupter in Deutschland. Oberbürgermeister war damals noch ein rein repräsentatives Amt. Er war Vorsitzender des Rates, aber nicht Chef der Stadtverwaltung. Samtlebe starb am 7. Juli 2011 im Alter von 85 Jahren. Nach Samtlebe ist der Vorplatz der DEW-Verwaltung zwischen Kleppingstraße und Ostwall benannt.