Wie mit Dortmunder Hilfe der tiefste Bergbauschacht Europas entstand

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Wie mit Dortmunder Hilfe der tiefste Bergbauschacht Europas entstand

rnBergbau-Geschichte

Der Titel des tiefsten Schachts in Europa gebührt Grimberg 3/4 in Bergkamen. Gebaut wurde er von der Dortmunder Firma Deilmann-Haniel. Für Franz Dieckheuer war es die letzte Baustelle.

Dortmund

, 27.09.2018, 12:29 Uhr / Lesedauer: 3 min

Genau 1630 Meter tief ist der Nordschacht der Zeche Ibbenbüren und damit der tiefste aktive Schacht im deutschen Steinkohlenbergbau – bis Ende dieses Jahres. Denn dann endet auch in Ibbenbüren die Kohlezeit. Historisch gebührt der Teufe-Rekord allerdings einem anderen Schacht: Grimberg 3/4 in Bergkamen. Er brachte es auf 1635 Meter, sagt Franz Dieckheuer. Und er muss es wissen. Denn der Kurler war maßgeblich am Abteufen des Rekordschachts beteiligt, der als tiefster Bergbauschacht Europas galt.

Grimberg 3/4 ist ein Schacht mit Geschichte. 1946 kamen dort beim schwersten Bergwerksunglück im Ruhrbergbau 405 Bergleute ums Leben. Genau 40 Jahre später sollte der Schacht vertieft werden. Über das Bergwerk Haus Aden/Monopol, zu dem der Schacht inzwischen gehörte, wollte man an die begehrte Kohle des Flözes Mausegatt in mehr als 1500 Metern Tiefe kommen.

Eine Aufgabe für die Kurler Firma Deilmann-Haniel

Der Schachtbau war eine Aufgabe für die Experten der Kurler Firma Deilmann-Haniel, die weltweit im Bergbau aktiv war. Franz Dieckheuer war einer dieser Experten. „Ich habe im Laufe meines Arbeitslebens in 26 Kauen gesessen“, erinnert sich der 87-Jährige. Als Gedingeschlepper fing er 1949 an, arbeitete sich bis zum Betriebsführer und Baustellenleiter hoch. Auf Zollverein in Essen war er ebenso im Einsatz wie auf Minister Achenbach in Lünen, Monopol in Bergkamen, Auguste-Victoria in Marl oder auch Sophia-Jacoba im Aachener Revier.

Und auf Grimberg 3/4 in Bergkamen. „Das war meine letzte Baustelle“, sagt Dieckheuer. Im Januar 1986 begann für ihn dort die Arbeit. Es galt, den rund 1000 Meter tiefen Schacht auf 1625 Meter zu vertiefen. Nach umfangreichen Vorbereitungsarbeiten wurde am 15. September 1987 „der erste Kübel gezogen“. Das heißt: Ein großes Gefäß mit der abgeteuften Erde aus dem Schacht wurde zutage gefördert.

Mit einem Kübel wurde die Erde aus dem Schacht zutage gefördert. Das Foto entstand auf der Zeche Minister Achenbach.

Mit einem Kübel wurde die Erde aus dem Schacht zutage gefördert. Das Foto entstand auf der Zeche Minister Achenbach. © Privat

Mit dem Teufkübel wurden die Bergleute von Deilmann-Haniel auch an ihren Einsatzort in der Tiefe gebracht. Gut viereinhalb Minuten dauerte die Fahrt. Unterhalb der bislang tiefsten Sohle mussten sie zwei Schachtklappen passieren, die über Magnetschalter automatisch geöffnet und geschlossen wurden. So wurde die Baustelle nach oben abgesichert, weil der Förderbetrieb der Zeche weiterlaufen musste.

Die Teufmannschaft war so bei ihrem Einsatz unter Tage hermetisch abgeriegelt, wobei natürlich vorgekühlte Frischluft eingeblasen werden musste. Denn die Temperaturen in mehr als 1000 Metern Tiefe wären sonst unerträglich gewesen. „Das austretende Grubenwasser hatte 54 Grad“, erinnert sich Franz Dieckheuer.

Der technische Aufwand war enorm

Der technische Aufwand beim Schachtbau war enorm. In die Tiefe vorgearbeitet hat man sich mit einem speziellen Bohrgerät. Der Boden wurde mit Bohrungen und Sprengungen gelockert, dann mit einem Greifbagger in den Kübel verfrachtet und zutage gefördert. Die Teufmannschaft von Deilmann-Haniel arbeitete auf einer eigens eingerichteten Arbeitsbühne, die über vier Etagen ging.

Mehrere Ebenen hatte die Arbeitsbühne für die Schachtbauer.

Mehrere Ebenen hatte die Arbeitsbühne für die Schachtbauer. © Privat

Während unten gebuddelt wurde, galt es zugleich den Schacht zu befestigen. Oben war die Arbeitsbühne mit vier riesigen Schubriegeln im Schacht verspannt. Darunter lagen die Hubzüge für den Tragring, mit dem die Betonverschalung für den Schacht angebracht wurde. „Der Beton wurde über lange Leitungen in die Tiefe gepumpt“, erklärt Dieckheuer. Nach nach bekam der Schacht mit einem Durchmesser von sieben Metern so einen Betonmantel, der im Prinzip aus einer Unzahl von 4,50 Meter breiten Ringen besteht.

Gut zu erkennen sind die Ringe in der Betonummantelung des Schachts.

Gut zu erkennen sind die Ringe in der Betonummantelung des Schachts. © Privat

So ging es immer weiter in die Tiefe. Bis zur Sohle in 1625 Metern Tiefe – und darüber hinaus. Denn unter der Sohle wurden weitere zehn Meter abgeteuft – gewissermaßen als Puffer für den Förderkorb. Am Ende erreichte der Schacht so eine Teufe von 1635 Metern und war damit der tiefste Schacht in Europa.

In einem Fotoalbum hat Franz Dieckheuer Erinnerungen an seine Zeit als Bergmann gesammelt.

In einem Fotoalbum hat Franz Dieckheuer Erinnerungen an seine Zeit als Bergmann gesammelt. © Volmerich

1989 war das Ziel erreicht. Und für Franz Dieckheuer endgültig Feierabend. „40 Jahre im Bergbau waren genug“, stellt er fest. Ganz los hat ihn der Bergbau trotzdem nicht gelassen. Als Ruheständler war er als Führer für den Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier am Bergbauweg in Syburg und im Besucherbergwerk Graf Wittekind im Einsatz.

Und auch das endgültige Ende des Bergbaus in diesem Jahr verfolgt er mit Interesse – und Wehmut. „Wenn man so lange Bergmann war, hängt man daran“, stellt er fest.

Der Schacht Grimberg 3/4 wurde zuletzt von den Zechen Haus Aden und Monopol genutzt, die später zum Bergwerk Ost zusammengelegt wurden. Zwischen 1994 und 1997 wurden die Zechenanlagen von Grimberg abgerissen und die Schächte verfüllt. An sie erinnern heute noch Protegohauben, um das anfallende Grubengas zu sichern.