Noch vor einigen Jahren war der Lokomotiven-Hersteller Rensmann abhängig vom Bergbau. Mit dem Aus der Steinkohle-Förderung begannen für Fritz Rensmann schlaflose Nächte. Doch das ist vorbei.

17.09.2018, 18:39 Uhr / Lesedauer: 4 min

Fritz Rensmann muss nicht lange in Erinnerungen kramen, um zu wissen, wann er sich auf eine ganze Reihe schlafloser Nächte einzustellen hatte. „2005 war für mich klar, dass es für uns auf Sicht nicht mehr reichen würde“, so der Geschäftsführer des Dorstfelder Unternehmens Fritz Rensmann GmbH & Co KG. Bund und Land hatten damals den Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlenbergbau beschlossen – und für den hochspezialisierten Hersteller von schlagwettergeschützen Untertage-Lokomotiven und Dieselmotoren schien, mit Verlaub, der Zug auf Sicht abgefahren. Keine einzige seiner Befürchtungen ist eingetreten. Im Gegenteil: Heute präsentiert sich das Unternehmen viriler als je zuvor. Es fährt nun mehrgleisig.

Übertage, untertage – egal

Ungefähr da, wo in der Dorstfelder Halle noch die Schmalspurgleise im Boden liegen, über die 2012 die letzte von Rensmann entwickelte Lokomotive für den deutschen Bergbau rollte, steht heute ein Erweiterungsbau, der die Zukunft des Unternehmens dokumentiert. Antriebe und Fahrgestelle von Lokomotiven stehen sauber nebeneinander.

Übertage, untertage – den Unterschied macht bei Rensmann keiner mehr. Die derzeit 30 Mitarbeiter bedienen mit Reparaturen von alten Zechenloks zwar noch die Vergangenheit, haben allerdings als Partner von 15 Privatbahnbetreibern viel mehr mit der Gegenwart zu tun. Der Clou ist allerdings, dass die Historie des Unternehmens als Bergbauzulieferer wieder etwas mit der Zukunft zu tun hat, denn Rensmann ist als Partner der RWTH Aachen beteiligt am Bau eines „autonom fahrenden Erkundungsfahrzeuges“.

„Das Entwickeln ist der große Spaß eines jeden Ingenieurs

Batteriegetrieben soll es mithilfe von Laser- und Radarsensoren unter Tage Stollen vermessen, die Informationen an nachfolgende Fahrzeuge weitergeben, die sich dann um den Vortrieb der Strecke und den Abbau kümmern. „Das hat nichts mit Steinkohle zu tun“, sagt Rensmann, „bei der Gewinnung dreht es sich um Rohstoffe, die man beispielsweise für die weltweit boomende Batterieherstellung benötigt.“ Die Fahrzeuge könnten in steinschlaggefährdeten Regionen eingesetzt werden, kein Bergmann müsste sich den dort oft herrschenden hohen Temperaturen mehr aussetzen. „Der Prototyp, den wir gebaut haben, ist gerade zu Testzwecken in einem Gipsbergwerk im thüringischen Krölpa im Einsatz.“

Man merkt dem 54-jährigen Wirtschaftsingenieur gleich dreifach die Freude daran an. Zum einen, weil sich daraus ein weiterer Geschäftszweig entwickeln könnte, zum anderen, weil man dem Bergbau verbunden bliebe und zum Dritten, weil „das Entwickeln der große Spaß eines jeden Ingenieurs ist“. Als das Unternehmen schließlich 2014 eine Lizenz zur Herstellung von Feuerlösch- und Brandmeldeanlagen für Schienenfahrzeuge übernehmen konnte, durfte sich Rensmann wieder auf sicherem Gleis wähnen.

Die Finanzkrise war der Tiefpunkt

Ausruhen gibt es im Unternehmen Rensmann nicht. „Wir gucken immer danach, was noch zu uns passen könnte“, meint er. Die Bahn sei schließlich ein politisch gewolltes Transportmittel, da könnten sich noch Chancen ergeben. Was man dem Unternehmer anmerkt, ist, dass er offenbar in der Lage ist, dem Schlechten noch etwas Gutes abgewinnen zu können. Rensmann hätte auch sagen können: Okay, kein Bergbau mehr, können wir nichts für, hat sich so ergeben – und Deckel drauf. „Denn mir war bei meinem Einstieg in die Firma 1990 schon klar, dass ich nicht mein Leben lang mit Bergbau mein Geld verdienen würde. Bergbaukrisen hat es ja genug gegeben. Es war ein Rückwärtsgeschäft.“

Von Grubenfahrzeugen zu Lokomotiven: Die Arbeit für die Industriemechaniker Roger Guenther (r.) und Maschinenschlosser Thomas Montag geht weiter.

Von Grubenfahrzeugen zu Lokomotiven: Die Arbeit für die Industriemechaniker Roger Guenther (r.) und Maschinenschlosser Thomas Montag geht weiter. © Stephan Schütze

Baute das Unternehmen in den 70er, 80er Jahren 15 bis 20 dieser bis zu 250.000 Euro teuren Loks, wurde es in den folgenden Jahren immer weniger. Die Finanzkrise 2008 war der Tiefpunkt, „da kamen auch keine Aufträge aus dem Ausland mehr“.

Aber, wie gesagt, man muss halt gucken, was geht. Rensmann begann mit dem Aufbau einer Doppelstrategie: Er kümmerte sich um die Entwicklung eines Auslandsgeschäftes, verkaufte Loks für den Bergbau in Belgien und Spanien. „Und wir wechselten mit der Instandsetzung von Motoren und Getrieben von Lokomotiven auf übertage. Das war die Keimzelle dafür, was wir heute hauptsächlich machen.“

Viele Reisen nach China aber kein Erfolg

Bis 2010 lieferte Rensmann noch Tunnellokomotiven für den Bau von U-Bahnen in St. Petersburg und Moskau. Technisch weniger aufwendig, weil sie nicht schlagwettergeschützt gebaut werden müssen und zu einem Preis von unter 100.000 Euro. Insgesamt 16, die das Unternehmen nach Beendigung der Tunnelarbeiten wieder zurücknehmen musste. „Aber da machten wir bereits die Hälfte des Umsatzes mit der Instandsetzung.“ Ein enormer Schritt, wenn man bedenkt, dass Rensmann 1990 noch zu 90 Prozent vom Bergbau abhängig war.

Das Auslandsgeschäft hat sich allerdings nicht so entwickelt, wie er sich das vorstellte. „Ich war in keinem Land häufiger als in China“, sagt er leicht amüsiert, „aber das war nie von Erfolg gekrönt.“ Also verließ die letzte Rensmann-Lok 2012 die Halle. „Ein Gänsehautmoment“, sagt er. Der Aufbau eines Vermietungsgeschäftes für Tunnelloks hätte sich zwar angeboten, wurde aber von der Familie als zu risikoreich bewertet. „Risiken meiden – das habe ich von meinem Vater gelernt“, so der Geschäftsführer. Er erinnert sich an einen Konkurrenten, der genau dieses Risiko eingegangen ist – seitdem sei er ein ehemaliger Konkurrent.

Mindestens noch ein Jahr

Über eine Million Euro hat das Unternehmen in die Erweiterung der Hallen und die energetische Sanierung gesteckt. Auf Holzbalken ruht ein mächtiges Getriebe einer Untertage-Lokomotive zur Grundsanierung. „Bestimmt 60 Jahre alt aber keines von uns“, stellt Rensmann fest. Aber auch das sei entscheidend: „Wir haben noch die Leute, die sich damit auskennen.“

Die Loks würden immer noch gebraucht, über 2018 hinaus mindestens noch ein Jahr. Sie helfen dabei, das Material, die Förderbänder, Maschinen, Loren etc. aus den Gruben zu befördern. „Raubbau“ nennt der Bergbau das. Das so ziemlich letzte Fördergut dürften die Loks selber sein – sie wickeln sich quasi selbst ab.

„Ich konnte mich darauf einstellen“

Bisschen was von gestern und mit dem Forschungsprojekt auch viel Interessantes von morgen. Der Umsatz ist im Laufe der letzten Jahre von zwei auf sechs Millionen Euro gestiegen, und Rensmann sucht Elektriker, die er einstellen möchte. Bergbauzuliefererkrise?

„Ich habe viel weniger schlaflose Nächte als die, die das Internet als Konkurrenten haben“, resümiert Fritz Rensmann, „ich konnte mich darauf einstellen. Wir wussten, 2018 ist Schluss, aber die Politik hat uns eine Übergangsfrist gelassen.“ Er hat sie genutzt.

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