Für den Dortmunder Zoodirektor Dr. Frank Brandstätter ist das Amazonashaus der Inbegriff Südamerikas. „Ich habe immer gesagt, dass das Amazonashaus für mich das wichtigste Gebäude im Zoo war“. Dennoch musste er jetzt seine dauerhafte Schließung zum Jahresende verkünden.
Bis zur corona-bedingten Schließung für die Besucher vor mehr als zweieinhalb Jahren bot das 30 Jahre alte Tropenhaus einen Einblick in die Vielfalt der tropischen südamerikanischen Tierwelt.
Das reichte von den Aquarien mit den verschiedenen Fischarten, Amphibien und Reptilien in der unteren Etage, über die Tiere, die sich hauptsächlich an der Wasseroberfläche oder in der Nähe des Flusses aufhalten, wie Kaimane, Anakondas und Waldschildkröten bis zu den auf Bäumen lebenden kleinen Affen sowie diversen Amphibien, Insekten und Reptilien in der obersten Etage – insgesamt 150 Tiere aus 35 Arten.
Alternativlose Entscheidung
Doch damit ist jetzt Schluss. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Das war für alle im Zoo eine schwierige Entscheidung“, betont Zoodirektor Dr. Frank Brandstätter, aber eine alternativlose.
Schuld sind die Energiekrise und die marode Bausubstanz des gläsernen Gebäudes. Mehr als zwei Drittel des Energiebedarfs im Zoo entfalle auf das Amazonashaus, so Brandstätter. „Da kann man niemandem mehr verkaufen, dass man 70 Prozent der Energie munter in die Luft verpfeffert.“
Man hätte eine komplett neue Heizungsanlage einbauen müssen, berichtet der Zoodirektor, und dennoch hätte das nicht funktioniert. Das Amazonas-Tropenhaus steht auf dem 70 Jahre alten Mauerwerk des ehemaligen Zoorestaurants. Brandstätter: „Als das Haus gebaut wurde, hatte niemand auf dem Schirm, dass es sich um ein Feuchtigkeits-Tropenhaus handelt, dass Mauerwerk und Stahlträger unter der Feuchtigkeit leiden.“
Zwischendecken nicht sicher
So bewunderte eine Gutachterin das üppige Grün im Haus: „Sie haben aber hübsch dekoriert mit den Pflanzen“, sagte sie. „Was heißt dekoriert?“, kam die Gegenfrage, „die sind von draußen reingewachsen.“
Ursprünglich war vorgesehen, das Amazonashaus bis zum Bau eines neuen Tropenhauses weiterzubetreiben und dafür übergangsweise nutzbar zu machen. Doch bei der Baubegehung des Hauses im letzten Frühjahr habe sich herausgestellt, so der Zoodirektor, dass die Zwischendecken nicht mehr sicher sind.
„Da kann man keine Besucher drunter und drauf hergehen lassen. Wir hätten nur Teile des Hauses öffnen können“, sagt Brandstätter. Das hatte man eigentlich auch vor, aber dann kam die Energiekrise noch obendrauf. „Da haben wir die bedauerliche Entscheidung getroffen.“ Sie fiel in Abstimmung mit dem Krisenstab der Stadt.
Neues Tropenhaus in Planung
„Manchmal muss man sich von alten Zöpfen trennen, auch wenn sie gut sind“, sagt Brandstätter. Dabei sei der Zeitpunkt sogar noch günstig; denn mit der corona-bedingten Schließung im März 2020 – die Belüftungsmöglichkeiten fehlten – hätten sich die Besucher schon daran gewöhnen können. Zuvor hätten schätzungsweise mindestens 80 Prozent auch einen Abstecher ins Amazonashaus gemacht.

„Wir mussten das alte Haus nur schneller schließen, als wir gedacht haben.“ Doch Brandstätter kann Hoffnung auf bessere Zeiten machen. Ein neues Tropenhaus stehe bereits im Zukunftskonzept des Zoos. Ein Großprojekt. „Wir sind in den Planungen.“ Bis Ende des Jahres soll klar sein, welche Tiere in das neue Amazonashaus einziehen. Danach richte sich, was und wie neu gebaut werde.
Noch lässt sich Brandstätter nicht in die Karten gucken. Er verrät nur so viel: Es werde weniger, aber dafür größere Aquarien geben und mehr Terrarien. „Das hat zur Folge, dass der Tierbestand kleiner wird. Weniger Tiere werden viel mehr Platz haben.“
Baubeginn frühestens 2025
Aus dem alten Haus sind die Tiere bereits zum Teil ausgezogen. Sie werden im Rahmen von europäischen Erhaltungszuchtprogrammen in andere Zoos abgegeben. Dieser Prozess läuft zurzeit. Manche Tiere werden wohl auch im Zoo bleiben.
Der Zoodirektor: „Wenn wir planungstechnisch so weiterkommen wie bisher, ist der Baubeginn frühestens 2025.“ Das alte Haus werde wahrscheinlich abgerissen, das neue soll daneben entstehen.
Brandstätter ist überzeugt, auch wenn das Amazonashaus das wichtigste Gebäude war – der Zoo verliere durch seinen Wegfall nicht an Attraktivität. „Nein, die Attraktivität leidet durch die vielen Baustellen deutlich mehr.“ Allerdings, meint Tierpfleger Tobias Müller, gelte das nicht für die kleinen Jungs unter den Besuchern: „Die gucken sich die Bagger lieber an als die Tiere.“
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