Antonino Waldmann arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Travestiekünstler. In knapp 60 Minuten wird er zu Antonella Rossi. Wir zeigen die Verwandlung von Mann zu Frau.
Antonella Rossi ist eine auffällige Frau. Sie ist eine Diva in Pailettenkleid. Mit Schuhen, so hoch, dass man so gerade darin laufen kann. Einem Lidstrich so dick wie ein Balken. Und Glitzer überall dort, wo es nur glitzern kann. Auf dem Mund, auf den Augen, auf den Fingern, an den Schuhen, am Kleid. Antonella Rossi funkelt, sie strahlt. Sie ist eine auffällige Frau.
Antonino Waldmann-Russello hat seine Kunstfigur schon vor mehr als 20 Jahren erfunden. Seither lebt er das Leben von zwei Personen. Das von Antonino, dem Mann und das von Antonella, der Frau.
Spaß an der Verwandlung
Tony, so nennen sie ihn, liebt die Verwandlung. „Ich habe so viel Spaß daran“, sagt er. Und genauso sehr liebt er es, auf der Bühne zu stehen, das Publikum zu unterhalten. Zu singen, zu parodieren, zu entertainen. „Es freut mich, wenn die Leute Spaß an dem haben, was ich mache“, sagt er.
Der 44-Jährige kommt ursprünglich aus Hennef. In Menden, einer Kleinstadt im Sauerland, stand er als junger Mann das erste Mal auf der Bühne, erspielte Theater bei der Schaubühne. Für eine Silvesterparty habe er sich damals einmal verkleidet. Es gefiel ihm. Als er nach Dortmund zog, lernte er ein einem Club die Travestie kennen. Mitte der 90er-Jahre stand er dann im Burgtor-Club das erste Mal selbst als Antonella Rossi auf der Bühne.
Viel Routine beim Schminken
Das Schminken hat er sich selbst beigebracht. Einige Kollegen gaben ihm anfangs einige Tipps. Früher hat er zwei Stunden für seine Verwandlung gebraucht, heute sind es knapp 60 Minuten. „Durch die Routine hat sich vieles eingespielt“, sagt er. „Es macht mir viel Spaß.“
Das Make-Up muss mindestens vier Stunden halten, oft aber auch zehn Stunden. Meistens schminkt sich Tony Waldmann zu Hause, je nach Auftrittsort aber auch direkt vor Ort. Wie auffällig er sich schminkt, entscheidet er ebenfalls je nach Auftrittsort. Die Größe und Entfernung der Bühne und das Licht vor Ort spielen dabei eine wichtige Rolle.
„Ich schminke mich nach jedem Auftritt wieder ab, damit die Gäste die Verwandlung sehen können.“ Das Abschminken geht schnell. In zwei Minuten ist alles wieder runter.
„Ich habe von allem zu viel“
Zu seiner Verwandlung gehört nicht nur die Schminke, sondern auch das Outfit. Im Keller seines Hauses hat sich Tony Waldmann seine Garderobe eingerichtet. „Ich habe von allem zu viel“, sagt er. Es sind etwa 100 Kostüme, 100 Perücken und 50 Paar Schuhe. „Ich habe schon ausgemistet, aber bei den Kostümen tue ich mich sehr schwer“, sagt er. Die Kleider sind zwischen 20 und 1400 Euro wert, viele sind Spezialanfertigungen.
Die Selbstständigkeit
Viele Jahre war die Travestie für Tony Waldmann nur ein Hobby. Vor fünf Jahren entschied der gelernte Einzelhandelskaufmann aber, sich selbstständig zu machen. Dann bekam er die Chance, im Pulverfass auf der Hamburger Reeperbahn aufzutreten. Mittlerweile ist er dort regelmäßig Gast. „In Hamburg haben sich viele Türen geöffnet.“ Er tritt in ganz Deutschland auf, auch in der Schweiz. In Dortmund sucht er gerade ein festes Haus.
Im Pulverfass sah ihn vor einiger Zeit auch die Autorin Brooklyn Viv. Sie war begeistert von dieser Kunst der Verwandlung, von Tony Waldmanns Geschichte, von seinem Mut, auf der Bühne zu sehen. Tony Waldmann spricht von der Imperfektion in der Perfektion. „Ich singe nicht perfekt, ich bin auch ein bisschen schüchtern“, sagt er. Aber dennoch wisse er genau, wie er sein Publikum überzeugen kann. Ein Jahr hat er mit Brooklyn Viv an einem Buch über Antonella Rossi gearbeitet, im Mai ist es erschienen.
Gesunkenes Interesse
Tony Waldmann hofft, mit seiner Geschichte auf die Travestie aufmerksam machen zu können. „Das Interesse ist gesunken.“ Es gebe weniger Öffentlichkeit, weniger Auftrittsmöglichkeiten. Dennoch sei die die Selbstständigkeit die richtige Entscheidung gewesen, er könne heute von der Travestie leben. „Es lohnt sich für seine Träume zu kämpfen.“
Liebt geschriebene Worte, wollte deshalb nie etwas anderes als Journalistin werden. 1989 geboren im Schwarzwald, aufgewachsen im Sauerland, heute in Dortmund zu Hause. Erzählt seit 2013 die Geschichten dieser Stadt, ihrer Menschen und ihres schwarzgelben Fußballklubs.
