
Annette Kulozik, Chefin des Dortmunder Westfalenparks: 18.000 Kinder und Jugendliche haben den Park im letzten Jahr in den Sommerferien eintrittsfrei besucht. © Schaper
Westfalenpark: Streit um freien Eintritt für Kinder und Jugendliche
Während der Sommerferien
Die einen reden von „Politik der sozialen Kälte“, die anderen kontern mit „Stillosigkeit“ – ein politischer Streit um freien Eintritt in den Westfalenpark für Kinder und Jugendliche in den Ferien.
Im vergangenen Jahr war während der Sommerferien der Eintritt für Kinder und Jugendliche in den Westfalenpark kostenlos. So hatte es der Rat auf Antrag der Grünen mit breiter Mehrheit beschlossen, um die Jugend für ihr Durchhaltevermögen in der Corona-Zeit zu belohnen. In diesem Jahr gibt es politischen Streit um eine Neuauflage, die die SPD jetzt aufs Tapet gebracht hat.
Die Sozialdemokraten stellten in der letzten Sitzung des Ausschusses für Kultur, Sport und Freizeit Ende einen ähnlichen Antrag wie im Vorjahr die Grünen. Kinder und Jugendliche bis einschließlich 25 Jahren sollten im Westfalenpark in den Sommerferien 2022 freien Eintritt erhalten.
Der kostenlose Eintritt sollte dabei für Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ohne weiteren Nachweis und für junge Menschen bis einschließlich 25 Jahre mit einem Ausbildungsnachweis ermöglicht werden – auch mit Blick darauf, dass die steigenden Kosten gerade für Familien in prekären Verhältnissen kaum noch zu stemmen seien, argumentierte Silvya Ixkes-Henkemeier (SPD).
Schwarz-Grün setzt auf Konzept einer Familienkarte
Von Grünen, CDU und AfD kam dazu ein Nein. Ute Mais (CDU) erklärte unter anderem, dass der Aufwand dafür sehr hoch sei und auch Besucher aus Castrop und Recklinghausen von solchen Vergünstigungen für Dortmunder Jugendliche profitieren würden.
Den Grünen war der Fokus auf den Westfalenpark zu eng gefasst. „Warum nicht auch Zoo und Hallenbäder?“, fragte Dr. Christoph Neumann (Grüne) und blickte auch auf die Kosten. Alternativ-Vorschlag von Grün-Schwarz: eine Familienkarte. Die Prüfung eines solchen Konzepts haben CDU und Grüne bereits im Zuge der Haushaltsberatungen im vergangenen Jahr bei der Verwaltung in Auftrag gegeben. Das Ergebnis soll noch bis Ende Juni vorliegen.
Er halte es nicht für gereicht, so Neumann, wenn Auszubildende kostenlos in den Westfalenpark kämen, aber eine alleinerziehende 23-jährige Mutter nicht. „Mit der Gießkanne über alles zu gehen, halten wir nicht für nötig“, sagte Neumann.
Rund 50.000 Euro an entgangenen Eintrittsgeldern
Auf Nachfrage erläuterte Westfalenparkchefin Annette Kulozik im Ausschuss, dass im vergangenen Jahr rund 18.000 Kinder und Jugendliche unter 25 Jahren in den Westfalenpark gekommen seien, darunter auch Kinder und Jugendliche, die sonst nicht zu den Besuchern zählten. Größere negative Erfahrungen etwa durch Vandalismus in den Abendstunden habe man nicht gemacht. Das Angebot habe den Park schätzungsweise 50.000 Euro an entgangenen Eintrittsgeldern gekostet.
Die SPD-Fraktion zeigte sich enttäuscht über die Ablehnung ihres Antrags. Ihr kulturpolitischer Sprecher Dominik De Marco sprach in einer anschließenden Presseerklärung von „sozialer Kälte der grün-schwarzen Projektpartnerschaft und ihrer Politik für Gutverdienende“.
Das wiederum kritisierten die Grünen, die von einer „fragwürdigen Debatte“ sprechen. Sie kontern: „Kinder und Jugendliche für SPD-Parteipolitik zu instrumentalisieren, ist stillos“.
Über Dortmund-Pass schon jetzt freien Eintritt
Gerade mit Blick auf die Haushaltsbeschlüsse im vergangenen Dezember werde klar, „dass wir Grüne in der Projektpartnerschaft mit der CDU die Weichen für eine neue und sozial gerechte Familienpolitik gestellt haben“, reagierte Britta Gövert, Mitglied im Kinder- und Jugendausschuss, verärgert. Ihr Fraktionskollege Neumann verwies unter anderem auf die Ausweitung der Beitragsfreiheit für Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflege und OGS, auf „temporäre Spielstraßen“ und Zuschüsse an den Stadtsportbund für das Anfängerschwimmern von Kindern.
Familien mit geringem Einkommen hätten über den Dortmund-Pass schon jetzt freien Eintritt im Westfalenpark, so Gövert. Die Bezirksvertretung Innenstadt-Ost biete zudem bereits seit mehr als zehn Jahren kostenfreie Jahreskarten für Kinder und Jugendliche des Stadtbezirks an, stellt Christoph Neumann klar.
In den Augen der Fraktion „Die Linke+“ war der SPD-Antrag „nicht klar genug formuliert“ und als „einmalige Aktion zu wenig“, kritisierte Kevin Götz. „Auch wenn die Corona-Pandemie in den Hintergrund gerät, verschwindet dadurch nicht die soziale Ungleichheit.“
Gegenwind vom politischen Nachwuchs
Eine Altersbeschränkung bei den Auszubildenden lehnte die Linke+ ab, und auch an die Studierenden habe der SPD-Antrag nicht gedacht. Daraufhin wurden die Änderungsvorschläge der Linke+ von der SPD teilweise übernommen, doch der Antrag kam trotz Zustimmung der Linken nicht durch.
Jetzt gibt es parteiübergreifend Gegenwind vom politischen Nachwuchs, der für fraktionsinterne Diskussionen bei den Grünen sorgen dürfte. Jusos und Grüne Jugend fordern die Ratsfraktionen von SPD und Grünen auf, „in einem gemeinsamen Antrag zu beschließen, dass das Eintrittsgeld in den Westfalenpark für unter 18-Jährige sowie junge Menschen mit Ausbildungsnachweis dauerhaft entfällt.“
Bereits vorhandene finanzielle Ausnahmeregelungen, wie die Beantragung des Dortmund Passes, stellten aufwändige Hürden dar und verwehren so die unkomplizierte spontane Nutzung des Westfalenparks, so Jusos und Grüne Jugend.
Damit dürfte die Debatte weitergehen. Um das Thema geht es auch am 23.6. im Rat.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
