Dimitrios Kalpakidis mit einem Haufen unbezahlter Deckel in seiner Kneipe dem Perpendikel © © Schaper

Gastronomie in Dortmund

50 unbezahlte Deckel: Wie Wirt Dimitrios Kalpakidis Zechprellern das Handwerk legen will

Knapp ein Jahr hat Dimitrios Kalpakidis in seiner Kneipe Deckel von Gästen gesammelt, die ohne zu zahlen gegangen sind. Dabei kam ein ganzer Haufen zusammen. Ein bekanntes Phänomen.

Dortmund

, 20.11.2018 / Lesedauer: 4 min

Rund 736 Euro liegen vor Dimitrios Kalpakidis auf dem Tisch. Zumindest theoretisch. Das Geld hat er eigentlich verdient, gesehen hat er es nie. Denn die Striche und Kreuze auf den Bierdeckeln sind allesamt unbezahlt. Im vergangenen Jahr haben mehrere Gäste in seiner Kneipe, dem „Perpendikel“, die Zeche geprellt. Sie sind einfach gegangen. Der Deckel, ihre offene Rechnung, blieb da, das Geld, das Kalpakidis zusteht, nicht. Insgesamt 736,40 Euro.

"Irgendwann hat man dann auch einfach den Hals voll", sagt Kalpakidis. Deshalb hat er auf Facebook ein Foto veröffentlicht, das einen Haufen unbezahlter Deckel zeigt. Als Veranstalter der No-Rules-Party-Reihe und als Amateursportler in mehreren Dortmunder Fußballvereinen ist der 39-Jährige vielen in der Stadt bekannt.

Im April vergangenen Jahres übernahm Kalpakidis das traditionsreiche „Perpendikel“. Für ihn sei es eine Herzensangelegenheit, sagt er. Umso mehr ärgere es ihn, wenn Leute ihre Getränke nicht bezahlen. "Mit dem Geld rechne ich nicht mehr. Man versucht, das Kneipenleben weiterzuführen. Sowas macht es einem nicht gerade leichter und trägt sicherlich auch dazu bei, dass einige Gastronomen die Lust verlieren", sagt Kalpakidis.

Ein bekanntes Phänomen

Thorsten Hellwig, Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Nordrhein-Westfalen, kennt das Phänomen: "Wenn so etwas vermehrt auftritt, wird sich der Gastronom natürlich irgendwann überlegen, ob er nicht lieber jedes Getränk einzeln abkassiert."

Auch Kalpakidis denkt jetzt darüber nach: "Wahrscheinlich werden wir es in Zukunft so machen müssen. Das ist für alle Beteiligten nicht gerade toll, aber vor allem ist es schade für den Großteil der Leute, die immer bezahlen."

736,40 Euro kamen in knapp einem Jahr auf offenen Deckeln zusammen. © Oliver Schaper

Schuld daran sind die Gäste, die sich einfach so aus seiner Kneipe schleichen. An Tischen, an denen mehrere Personen saßen, bleibt manchmal einfach ein Deckel liegen. Oder Leute gehen zum Rauchen nach draußen und kommen dann nicht wieder. Gerade wenn die Kneipe voll sei, wie etwa bei einem BVB-Spiel, verliere man schnell den Überblick, sagt Kalpakidis.

"Es ist auch für mich eine unangenehme Situation"

"Natürlich wird so das Vertrauensverhältnis zwischen Wirt und Gast beschädigt", sagt Hellwig. Das möchte Kalpakidis eigentlich nicht: "Es ist ja auch für mich eine unangenehme Situation, wenn jemand nur zum Rauchen rausgehen möchte und ich ihn frage, ob er schon seinen Deckel bezahlt hat."

Gerade an Wochenenden komme es häufiger vor, dass die Polizei in Dortmunder Gaststätten, vor allem in Kneipen, gerufen werde, weil Gäste gegangen seien, ohne ihre Rechnung zu bezahlen. Polizeisprecher Sven Schönberg findet auf Anfrage deutliche Worte zur Zechprellerei: „Seinen Deckel zu bezahlen, gebietet ja allein schon der Anstand. Es ist einfach eine Schweinerei, wenn manche Leute das Vertrauen des Wirts so ausnutzen."

Hinzu kommt: Zechprellerei ist ein Betrugsfall und damit eine Straftat, wenn dem Zechpreller eine Täuschungsabsicht nachgewiesen werden kann, er also mit Vorsatz seinen Deckel nicht bezahlt. Doch nicht nur Leute, die ohne zu bezahlen verschwinden, kann das in eine unangenehme Situation bringen. Teilweise muss die Bedienung bei manchen Arbeitgebern für die ausgebliebenen Einnahmen aufkommen, die anfallen, wenn ein Tisch geht, ohne zu zahlen.

Mitarbeiter zur Kasse zu bitten, ist nicht zulässig

"Das kommt leider häufiger vor", sagt Manfred Sträter, Dortmunder Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), "ist aber arbeitsrechtlich unzulässig". Der Arbeitnehmer könne nur haftbar gemacht werden, wenn er grob fahrlässig handle, indem er etwa mehr als eine Stunde nicht nach den Gästen sehe. "Ansonsten muss der Chef sehen, dass er mit dem Schaden klarkommt und darf dafür nicht seinen Mitarbeiter zur Kasse bitten", so Sträter.

Polizeisprecher Schönberg rät den Gastwirten dazu, Anzeige zu erstatten, wenn Gäste gehen, ohne zu bezahlen. Auch wenn er glaubt, dass ein Großteil der Wirte das gar nicht erst tue, weil die Beträge häufig klein oder die Personen nicht bekannt seien. Im Falle des Perpendikels zeigt sich aber, dass sich auch kleinere Beträge zu einem größeren Schaden summieren können.

"Ich habe das Gefühl, manchen Leuten ist das einfach scheißegal. Die scheinen zu vergessen, was daran hängt: Ich muss ja auch meine Mitarbeiter und die Miete bezahlen", sagt Kalpakidis. Hinzu komme, dass er sich auch beim Finanzamt erklären müsse. "Ich gebe etwas raus, kriege aber kein Geld rein. Die fragen dann auch nach, wie das sein kann." An Zechpreller appelliert der 39-Jährige: "Denkt etwas mehr an die Leute, die davon leben und ihre Rechnungen bezahlen müssen."

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