Jan Böhmermann
Wenn böse Dinge lustig sind
Dass es nicht um die schönen Dinge des Lebens gehen würde, deutet schon der Titel von Jan Böhmermanns "Schlimmer als"-Tour an. Doch schlimm kann auch lustig bedeuten. Und der Radio- und TV-Moderator bewies im Fritz-Henßler-Haus, dass er das Element Bühne beherrscht. Mit bitterbösen Pointen bis zum Schluss.
Jan Böhmermann im Fritz-Henßler-Haus: böse und witzig zugleich.
Der Humor geht nah an Grenzen, manchmal darüber hinaus. Über den Trailer zu „Beate Zschäpe - Das Musical" möchte man befreit losprusten und sich beklemmt abwenden zugleich. Wenn es nur noch um das Kostüm einer mutmaßlichen rassistischen Mörderin geht, dann läuft etwas falsch in diesem Land. Das wird beim Lachen bewusster denn je. Ähnlich verhält es sich mit dem verkrampften Umgang mit Behinderungen, den er mit einem Auszug aus seinem Hörspiel „Förderschulklassenfahrt“ persifliert. Dass zu viel Böses auf Dauer anstrengend ist, weiß auch Böhmermann. Deshalb gibt’s auch die leichten Themen, gibt’s Tierstimmen, Musik (herrlich: "Starlight Express" und "Die 90er") und Promi-Parodien. Und vieles, das auch in seiner ZDF-Neo-Sendung „Neo Magazin“ funktioniert, Wie „Prism is a dancer“, das die die Besucher seiner Show mit ihren Social-Media-Aktivitäten konfrontiert.
Am Ende ist Frank Elstner dran, dessen nächtliche Mailbox-Nachricht an Böhmermann die Zugabe für das Dortmunder Publikum ist. In den gut zwei Stunden zuvor pflügt der Norddeutsche einmal quer durch die öffentlich-rechtliche TV-Welt, betet für Markus Lanz, zeigt Jörg Pilawas Tränen und verschont auch Monika Lierhaus nicht. Geistreiches bietet Böhmermann zur Stadt, in der er ist. Im "Steffen-Henssler-Haus", wie er es nennt, scherzt er über die Freestyle-Architektur der Innenstadt nach dem 2. Weltkrieg und fragt sich wann denn der Strukturwandel eigentlich vorbei ist. „Dorstfelder Nächte sind lang", summt er dann noch, als ein einzelner Gast bei dem Wort Antisemitismus irritierend klatscht. Wieder böse, wieder lustig.
Tabus wollen viele Comedians brechen, Böhmermann macht es tatsächlich. Witze über Randgruppen macht man nicht - er tut es trotzdem und gibt seinem Programm damit inhaltliche Tiefe. Das Ganze fußt auf sehr sauberem Humor-Handwerk. Es gibt mit Verweise auf Woody Allen (Tragödie plus Zeit gleich Komödie) und Charlie Chaplin, dazu viel Musik, gut gemachte Texte und die geradezu klassische Publikumsbeschimpfung als Mittel der Kontaktaufnahme.
Jari Wenzel (28) aus Lünen: Das war bitterböse, teilweise weit unter der Gürtellinie. Aber genau das gefällt mir bei ihm. Saskia Schraeder (45) aus Bochum: Ich habe sprachlich nicht immer jedes Wort verstanden. Aber es war trotzdem klasse. Sehr abwechslungsreich, das hätte ich so gar nicht erwartet. Ich kannte vorher nicht so viel von ihm. Patrick Wimmer (34) aus Dortmund: Insgesamt ein starker Auftritt. Etwas schade, fand ich, dass so viele Dinge aus seiner Sendung waren, die man größtenteils schon kannte.