Immer wieder kommt es zu Sprengattacken an Bankfilialen

Immer wieder kommt es zu Sprengattacken an Bankfilialen

rnWie sicher sind Geldautomaten vor Sprengungen?

Allein in diesem Jahr sind in Nordrhein-Westfalen 23 Geldautomaten gesprengt worden. In Dortmund waren es bislang zwei. Ein Experte sagt, dass die Banken die Automaten nicht ausreichend vor Sprengungen sichern. Doch woher kommt die Annahme?

Dortmund

, 17.04.2018, 05:35 Uhr / Lesedauer: 4 min

Im Januar wurde an der Technischen Universität ein Geldautomat der Dortmunder Volksbank gesprengt. Ende März gab es im Briefzentrum in Dortmund-Kirchlinde eine Explosion. Auch dort hatten unbekannte Täter einen Geldautomaten mit Gewalt gesprengt.

Und das sind längst nicht die ersten Geldautomaten, die in den vergangenen Jahren in Dortmund Ziel von Einbrechern wurde. Mitte 2016 wurde im Indupark ein Geldautomat gesprengt. Die Täter erbeuteten damals eine größere Menge Bargeld. Im April 2010 richteten unbekannte Täter an der Volksbank-Filiale in der Hagener Straße in Kirchhörde einen Schaden in Höhe von 300.000 Euro an. Im Juli 2013 scheiterte eine Sprengung in der Volksbank in Lanstrop.

Allein in Nordrhein-Westfalen wurden in diesem Jahr schon 23 Geldautomaten gesprengt (Stand 3.4.2018). Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 92, 2016 sogar 136, wie das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen auf Nachfrage mitteilt.

Dass Automaten immer wieder Ziel von Verbrechern werden, wundert Manfred Kluska kaum. Der 77-jährige arbeitete 30 Jahre lang in der Tresorbranche, plante unter anderem mehrere Tresorräume für große Banken. „Die Banken investieren nicht genug in die Sicherheit. Das ist ein Skandal“, sagt Kluska.

Viele Banken hätten zwar etwas für die elektronische Absicherung getan, nur nutzt das laut dem 77-Jährigen kaum etwas. Die Automaten müssten zunächst mechanisch gesichert werden, bevor über die elektronische Absicherung nachgedacht werde. Und wie sehen die Dortmunder Banken das?

Sie haben nicht erst jetzt auf die wiederholten Sprengungen von Automaten reagiert. Sie passen ihre Sicherheitsvorkehrungen regelmäßig an.

Selbstbedienungsbereiche nicht durchgängig geöffnet

„Aufgrund der bundesweit vermehrten Geldautomatensprengungen haben wir bereits vor einigen Jahren verschiedene Sicherheitsvorkehrungen an den Automaten getroffen. Damit erschweren wir mögliche Sprengattacken. Diese Maßnahmen werden laufend überprüft und bei Bedarf angepasst“, sagt eine Sprecherin der Sparkasse Dortmund, Sophie Donat.

Den Vorwurf, dass die Banken möglicherweise nicht genug tun, um die Geldautomaten zu schützen, streitet die Sprecherin ab. Sie sagt: „Die Höhe des Schadens ist immer vom Grad der Sprengkraft abhängig und kann somit nicht pauschal beziffert werden. Im schlimmsten Fall können durch eine Geldautomatensprengung erhebliche Gebäudeschäden entstehen. In diesem Fall sind die Folgeschäden deutlich höher als eine Nachrüstung oder Neuanschaffung“.

Die VdS Schadenverhütung testet Tresore auf ihre Standfestigkeit bei Sprengungen.

Die VdS Schadenverhütung testet Tresore auf ihre Standfestigkeit bei Sprengungen. © VdS

Eine weitere Vorkehrung, um die Geldautomaten zu schützen, sei die Anpassung der Öffnungszeiten der SB-Räume. Rund die Hälfte der Sparkassen-Foyers sei in den Nachtstunden geschlossen – die meisten zwischen 0 und 5 Uhr. Einige SB-Räume werden bereits um 21 Uhr geschlossen.

Volksbank nachts nicht geschlossen

Die Dortmunder Commerzbank verfährt ähnlich: „Um Schäden an Personen und Gebäuden zu verhindern, erhöhen wir die Sicherheit an gefährdeten Geldautomaten-Standorten. Dazu zählen auch Investitionen in die Technik“, heißt es auf Nachfrage. An den meisten Standorten würden die Selbstbedienungsbereiche aus Sicherheitsgründen und zur Verhinderung von Vandalismus nachts mittlerweile geschlossen.

Anders macht es die Volksbank: Die SB-Räume stehen den Kunden nachts immer zur Verfügung, sagt Unternehmenssprecher Carsten Jäger. Man investiere in moderne Sicherheitstechnik bei den Geldautomaten.

Die Filialen der Postbank sind 24 Stunden am Tag zugänglich. Nur bei wiederholten Vandalismusschäden oder starken Verunreinigungen behält sich die Postbank laut Pressesprecher Ralf Palm vor, den SB-Bereich einer Filiale außerhalb der Öffnungszeiten zu schließen. Der Postbank ist die Sicherheit ihrer Selbstbedienungseinrichtungen sehr wichtig.

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Deshalb werde ständig die Bedrohungslage durch kriminelle Aktivitäten geprüft, heißt es. „Bei neuen Bedrohungsszenarien passen wir selbstverständlich unsere Sicherheitsvorkehrungen und Abwehrmechanismen umgehend an“, sagt Iris Laduch-Reichelt, Pressesprecherin des Unternehmens. Alle Banken wollten sich aus Sicherheitsgründen nicht zu Details äußern.

Dass die SB-Räume abends oder nachts nicht mehr genutzt werden können, nennt Tresor-Experte Kluska einen großen Witz. Letztlich schade man damit den Kunden und nicht den Tätern. Eigentlich müssten die Banken laut Kluska zu sicheren Schränken zurückkeheren. Aber die schweren, wirklich sicheren Ausführungen bietet heutzutage kaum ein Hersteller an. Die Nachfrage sei einfach nicht gegeben.

Videos zum Nachbauen

Fakt ist, dass es laut dem Institut für Einbruchsschutz VdS heutzutage alle technischen Möglichkeiten gibt, Geldautomaten ausreichend zu schützen. Die Frage ist, ob die Banken bereit sind, zu investieren. „Die Nachrüstung der Automaten kostet mehr, als die Schäden zu regulieren“, ist sich Tresor-Experte Kluska sicher. VdS-Sprecher Dr. Florian Scharr will das auf Nachfrage nicht bestätigen, verneint die Aussage aber auch nicht.

Die VdS testet regelmäßig, welche Kraft Sprengstoff auf verschiedene Tresore und Geldautomaten hat.

Die VdS testet regelmäßig, welche Kraft Sprengstoff auf verschiedene Tresore und Geldautomaten hat. © VdS

Längst ist die Frage nach der richtigen Sicherung nicht das einzige Problem, dass die Banken aus Sicht der Experten haben: Im Internet gebe es mittlerweile zahlreiche Anleitungen, wie man Automaten und Tresoren sprengen kann. „Das kann jeder“, sagt Sprecher Scharr. Das Material gebe es in jedem Baumarkt zu kaufen. Es habe sich bei den „Gaunern“ rumgesprochen, dass Geldautomaten eine leichte Beute sind.

Durch neue Entwicklungen ist zumindest die Anzahl der Banküberfälle laut VdS deutlich zurückgegangen. Die Tresore können etwa nicht mehr in den Filialen geöffnet werden, sondern nur noch aus der Zentrale. Das habe sich bei den Tätern rumgesprochen. Die Technik sei zu aufwendig, als dass sich ein Raub lohne. Ein Grund, warum viele auf Geldautomaten umgestiegen sind. „Das lohnt sich einfach mehr“, sagt VdS-Sprecher Scharr.

Einsatz von Farbpatronen

Dass es mittlerweile auch andere Formen gibt, wie Banken ihr Geld schützen, dürfte kein Geheimnis sein: Beispielweise werden Farbpatronen verwendet, die das Geld im Automaten bei einem Aufbruch einfärben und unbrauchbar machen. Das löst allerdings nicht das Problem. Der Schaden besteht trotzdem, nur können die Täter mit dem Geld am Ende nichts anfangen.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft erstellt regelmäßig in Zusammenarbeit mit Polizei, Banken, Gesetzlicher Unfallkasse, Herstellern und Versicherern eine Richtlinie zur Sicherung von Geldautomaten.

Das 36-Seiten umfassende Dokument listet unter anderem die Risiken und Sicherungsmaßnahmen auf. Gleichzeitig werden aber auch Sicherungsempfehlungen, wie Aufstellort, Widerstandsgrad, Einbau, Videotechnik, Beleuchtung und Einbruchsmeldetechnik erfasst.

Letztlich sitzen also alle an einem Tisch und bestimmen selbst, inwieweit und in welchem Maß in die Sicherung von Geldautomaten investiert wird. Am Ende sitzen die Banken am längeren Hebel- sie sind selbst für die Sicherung zuständig. Die Versicherer können allenfalls Empfehlungen aussprechen.

Wie sind Banken versichert?
  • Der Versicherer berät die Kreditwirtschaft individuell und empfiehlt an die jeweilige Gefährdungslage des Automaten angepasste Maßnahmen
  • Die Kreditwirtschaft wägt ab, welche Sicherungsmaßnahmen und welcher Sicherungsstandard auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist
  • Welche Vertragskonditionen zwischen Versicherer und Bank hinsichtlich Beitrag, Selbstbehalt und Sicherungsauflagen vereinbart werden, obliegt den beteiligten Unternehmen
  • Der durchschnittliche Schaden nach Aussage von Experten einzelner Versicherungsunternehmen liegt inklusive Gebäudebeschädigung schnell bei Beträgen von 250.000 Euro bis in die Millionen, sagt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft