Seit 1980 lebt die Dortmunderin in ihrem Fachwerkhaus. Es wurde 1860 gebaut und ist seitdem in Familienbesitz. „Nie hatten wir hier Wasser im Keller, erst seit zwei Jahren“, klagt die Seniorin.
Genauso schlimm: Ihr Grundstück sei mittlerweile eine einzige Sumpfwiese und das habe dramatische Folgen: „Das Wurzelwerk eines Baumes ist durch die Feuchtigkeit so locker geworden, dass der Baum auf meine Mauer geknallt ist.“ Abgesehen vom Sachschaden sei glücklicherweise nichts passiert.

Schräg gegenüber an der Straße Bärenbruch in Dortmund-Marten kämpft Schausteller Christian Scharley mit ähnlichen Problemen. Sein Grundstück, auf dem die Kirmeswagen auf ihren nächsten Einsatz warten, habe kürzlich rund 15 Zentimeter unter Wasser gestanden, erzählt er am 12. Februar 2024. „So schlimm war es hier noch nie.“
An dem Tag, als wir Scharley treffen, sehen wir noch einige tiefe Pfützen. Den größten Teil des Areals hat der Schausteller bereits mit Schotter aufgeschüttet – als Erstmaßnahme gegen das Wasser. Denn in Kürze beginnt für ihn die Kirmessaison und er muss seine Fahrzeuge bewegen können. „Mehr Material gab es nicht, den Rest fülle ich auch noch auf.“
Sumpfiger Garten macht Sorgen
Seine Nachbarin von schräg gegenüber hingegen weiß sich nicht anders zu helfen, als intensiv den Wetterbericht im Radio zu hören, ihre Pumpen im Keller anzustellen und mit Gummiwischern die Böden zu trocknen. Bei unserem Besuch ist in fast jedem Raum der Boden mit Wasser bedeckt „Und das, obwohl es in der letzten Zeit gar nicht so stark geregnet hat“, sagt die Frau.
Nicht nur um die Feuchtigkeit in ihrem Keller mache sie sich große Sorgen, sondern auch um die Bäume in ihrem sumpfigen Garten. „Ich werde jetzt alle von einem Gärtner auf Standfestigkeit überprüfen lassen, bevor ein weiteres Unglück passiert.“

Bereits vor zwei Jahren haben sie mit einem anderen Hauseigentümer, der ebenfalls am Bärenbruch wohnt und Probleme mit Wasser im Keller hat, bei der Stadt und der Emschergenossenschaft das Problem vorgetragen und um Hilfe gebeten. Doch passiert sei bislang nichts. Die Dortmunderin ist verzweifelt und fürchtet um das Erbe ihrer Familie.
Dass Dortmunder in der jüngeren Vergangenheit mit gestiegenen Grundwasserständen kämpfen, ist für die Stadt und die Emschergenossenschaft nicht neu. Beide verweisen auf Anfrage auf die überdurchschnittlich hohen Niederschläge im vergangenen Jahr: „Das Jahr 2023 schaffte es dabei sogar auf Platz 1 der nassesten Jahre seit 1931“, schreibt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft.
Die Folge: „Vielerorts erreichen die gestiegenen Grundwasserstände nun tiefliegende Gebäudeteile und Keller.“ Stadtsprecherin Alexandra Schürmann ergänzt: „Zum Teil liegen historische Grundwasserhöchststände vor.“
Darüber hinaus, so Abawi, könnten auch defekte private Entwässerungsanlagen zu weiter steigenden Grundwasserständen führen. „Sind private Drainage- und/oder Ableitungssysteme im Einsatz, empfehlen wir unter Hinzunahme eines Gutachterbüros oder einer Fachfirma die Untersuchung mittels Kamerabefahrung und Klärung, ob eine ausreichende Ableitungsmöglichkeit von Drainage- und/oder Brunnenwasser noch gegeben ist“, schreibt er.
Straße liegt im Senkungstief
Im Stadtteil Marten käme erschwerend hinzu, dass es sich um ein sogenanntes Poldergebiet, also ein bergbaulich beeinträchtigtes Gebiet, handele, schreibt Abawi. „Infolge des Kohleabbaus ist es zu Bergsenkungen gekommen. Dadurch kann sich bereits der Flurabstand zwischen Boden und Grundwasserspiegel verringert haben.“ Die Straße Bärenbruch liege zudem im Senkungstief des Stadtteils.
Alexandra Schürmann verweist in ihrer Antwort-Mail auf die Nähe von Gewässern wie dem Roßbach. Wenn diese über einen langen Zeitraum besonders viel Wasser führen, könne man Auswirkungen auf die gewässernahe Grundwassersituation beobachten.
Sofern Keller nicht dicht seien, komme es dann zu den beklagten Wassereintritten, so die Stadtsprecherin. „Stichworte schwarze Wanne oder weiße Wanne.“ Hier müssten die Eigentümerinnen und Eigentümer tätig werden, da ihnen der Schutz vor durch die Gebäudehülle eindringendem Schichten- und Grundwasser obliege, so Schürmann.
Für Fragen zum Schutz gegenüber Rückstau aus dem öffentlichen Kanalnetz bei Starkregenereignissen und zum Schutz vor eindringendem Wasser biete die Stadtentwässerung eine kostenlose, individuelle Beratung an. Dafür und für die Vereinbarung von Beratungsterminen ist die zentrale Mail-Adresse starkregen@stadtdo.de eingerichtet worden. Telefonisch könnten sich Betroffene unter Tel. 0231/50 26 793, 0231/50 27 841 oder 0231/50 16 148 melden.

Ein weiterer Tipp der Stadtsprecherin: Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) bietet auf seiner Webseite den Service an, über die Landesgrundwasserdatenbank NRW Grundwasserstände kostenlos einzusehen: www.uvo.nrw.de
Für eine genauere Angabe des Grundwasserstandes eines bestimmten Standortes könnte man eine gebührenpflichtige Anfrage an das LANUV richten. Die E-Mail-Adresse lautet: Grundwasserstand@lanuv.nrw.de.
Die Gebühr für eine einfache Grundwasserauskunft beträgt laut LANUV 70 Euro. Weitere Infos gibt es hier: www.lanuv.nrw.de/umwelt/wasser/grundwasser/grundwasserstand
Die Prognose des Sprechers der Emschergnossenschaft ist wenig mutmachend: „Infolge des Klimawandels werden wir es künftig immer häufiger mit Extremwetter-Ereignissen zu tun haben, deren Folgen wir aktuell kaum absehen können.“ Dazu gehörten Starkregenereignisse genauso wie Dauerregen und Hochwasser in den Gewässern – ebenso aber auch Grundwasseranstiege oder Dürreperioden.