Die Natur nahe bringen und Wissen teilen, das ist die Mission von Sonja Armerding und Stefan Hast aus Lütgendortmund. Das Paar bietet unter der Marke indynatur professionelle Wanderungen, Führungen und Seminare an. Direkt vor der Haustür: in Lütgendortmund und der näheren Umgebung.
Im Gespräch sind die beiden offen und herzlich und direkt per Du. Auf Förmlichkeiten legt die Natur schließlich keinen Wert und auch Sonja und Stefan reden als gebürtige Ruhris auf Augenhöhe. Ihre Bewunderung für die Natur und besonders für die in ihrer Heimat, drücken die beiden so unumwunden aus. Das steckt an.
Naturliebe seit der Kindheit
Stefan ist in Dortmund geboren und der Stadt stets treu geblieben, Sonja ist eine „Zugezogene“. Lütgendortmund ist die Wahlheimat der beiden. „Wir haben uns Lüdo ganz bewusst ausgesucht, weil es zwischen den Städten liegt“, erklärt Sonja. Das Ölbachtal, das Dellwiger Bachtal und der Volksgarten sind fußläufig erreichbar. „Wir haben viel Natur direkt vor der Haustür“, ist die 47-Jährige begeistert.
Ihre Verbundenheit mit der Natur rührt bei beiden aus der Kindheit. „Wir sind Kinder des Schrebergartens“, erzählt Stefan lachend. Mit seinen Eltern und Geschwistern war er in den Ferien zudem immer im Wanderurlaub. „Ich habe schon als Kind gespürt, dass mir die Natur gut tut und mich runter holt“, sagt er. Heute braucht der 50-Jährige das umso mehr, denn als Kurier ist sein Arbeitsalltag stressig, Stefan ist viel im dichten Großstadtverkehr unterwegs und steht unter Zeitdruck.
Sonjas Naturbegeisterung ist quasi vererbt: „Meine Eltern und Großeltern waren sehr naturbezogen und haben mir als Kind sehr viel über die Natur und ihre Geschichten erzählt.“ An den ersten Pilz, den Sonja als Kind gegessen hat, hat sie zwar keine guten Erinnerungen, doch ihrer Liebe zur Natur tat das keinen Abbruch.

Auf den Grundsteinen ihrer Kindheit bauten Sonja und Stefan auf, eigneten sich im Laufe ihres Erwachsenenlebens noch viel mehr Wissen an. „Ich lerne ständig neue Dinge und bin immer wieder verblüfft“, sagt Stefan. „Dass ich immer noch über die Natur staunen kann, berührt mich zutiefst.“ Fasziniert ist es zum Beispiel von den besonderen Blättern des Ginkgobaums, von dem auch im Volksgarten ein schönes Exemplar steht. „Der Ginkgo ist weder Laub- noch Nadelbaum und kein Blatt gleicht dem anderen“, sagt Stefan begeistert.
In ihrer Freizeit teilten die beiden ihr Wissen und ihre Bewunderung zunächst nur als Hobby mit anderen Menschen. Dass sie mit ihrer Faszination für die Natur nicht alleine sind und gerade in Großstädten die Sehnsucht nach Naturerlebnissen groß ist, haben die beiden dann schnell erfahren.
Ihr Hobby machten die Lütgendortmunder schließlich zum Nebenberuf. „Die Nachfrage nach unseren Angeboten war so groß, dass wir das nicht mehr nur als Freizeitbeschäftigung rechtfertigen konnten“, erzählt Stefan schmunzelnd. So gründeten sie „indynatur“ und betreiben ihr Unternehmen nun bereits im zweiten Jahr.
Frei von Ideologie und Pflicht
„Unser Name indynatur ist zum einen der Aufruf, mit uns in die Natur zu gehen, und leitet sich zum anderen von independent ab“, erklärt Sonja. Unabhängig, offen, vielseitig und freiheitsliebend versteht das Paar seine Marke. Deshalb haben sich Sonja und Stefan bewusst gegen die Gründung eines Vereins entschieden. Sonja: „Bei uns ist jeder willkommen, unsere Angebote sind frei von Ideologiie und Verpflichtungen.“
Besonders gefragt sind bei den beiden ausgebildeten Wanderführern die Angebote zum Thema Pilze. Seien es nun die theoretischen Seminare oder die angeleiteten Pilzwanderungen im Wald. „In der Pilzsaison haben wir kaum mehr Zeit für etwas anderes“, sagt Stefan augenzwinkernd.
Doch als anstrengende Arbeit empfinden beide das nicht. „Es entwickeln sich in jeder unserer Gruppen so tolle Stimmungen und es ist so schön zu sehen, wie die Natur auf die Menschen wirkt, das macht uns einfach nur Spaß“, erzählt Sonja.

Ihre Wanderungen, Exkursionen und Seminare bieten Sonja und Stefan zum Großteil direkt in Lütgendortmund an. „Wir wollen die Menschen da abholen, wo sie sind“, erklärt Sonja. „Und Lütgendortmund bietet auch einfach viel Natur.“
Zum Volksgarten zum Beispiel bieten die Wanderführer spezielle Spaziergänge an und stellen den Park und seine besonderen Bäume vor. Da ist zum Beispiel der riesige Mammutbaum direkt am Parkeingang neben dem Restaurant „Hopfen & Salz“.
Auf diesen Baum angesprochen sprudeln aus Stefan direkt allerhand Fakten heraus und seine Begeisterung springt über. Anhand der Nadeln des Redwood erklärt er, dass der Baum Wasser aus der Luft zieht und nur deshalb so hoch hinaus wachsen kann. „Die Dimensionen seiner Verwandten an der amerikanische Ostküste wird dieser hier aber niemals erreichen, weil die Luft hier nicht so feucht ist“, weiß Stefan. Spannend auch: Die Zapfen dieses Baumes öffnen sich nur bei extremer Hitze.
Unheimliche Eibenwälder
Doch nicht nur der große Mammutbaum, dessen Holz in der Sonne rot strahlt, steht vielfach unbeachtet im Volksgarten. Auch an der alten Eibe oder der ausladenden Platane, die in seiner direkten Nachbarschaft stehen, gehen viele Spaziergänger einfach vorbei. Dabei kennt Sonja gerade zu diesen beiden Baumarten mythische Geschichten.
„Die Eibe ist schon fast magisch“, erzählt sie mit strahlenden Augen. „Als immergrüner Baum ist sie ein Symbol des ewigen Lebens.“ Doch um die Eibe ranken sich unheimliche Geschichten, weil sie sehr giftig und so dunkel ist. „Eibenwälder sind schon sehr unheimlich“, findet Sonja. Auch, weil sie den Burgen früher als lebende Waffenkammer dienten: Eibenholz ist ideal geeignet für Langbögen. „Schon Ötzi hatte einen Eibenbogen“, weiß Stefan.
Die Geschichte, die sich um die besondere Rinde der Platane rankt, ist ebenfalls besonders - besonders traurig. „In Paris sind nahezu die Hälfte der Bäume Platanen“, erklärt Stefan. „Napoleon ließ sie pflanzen, um seine Soldaten zu beschatten.“ Über die Rinde dieser Bäume rankt sich die Sage, dass sie deshalb so krustig sei, weil sie mit den vielen Frauen trauerte, die ihre Männer, Söhne und Brüder in den Krieg ziehen lassen mussten. „Die Platanen haben viel Leid gesehen“, sagt Sonja.

Ihre Wanderungen und Spaziergänge bieten die beiden Naturliebhaber nur in kleinen Gruppen an, maximal zwölf Leute nehmen Sonja und Stefan mit. Zum einen würde eine größere Gruppen leicht Schaden im Wald anrichten. Stefan: „Wir gehen auch abseits der Hauptwege, weil wir die Menschen ganz nah ranführen wollen.“
Zum anderen soll sich jeder Teilnehmer wohl und beachtet fühlen, jeder soll gut verstehen können, was die Wanderführer zu erzählen haben. „Wenn die Nachfrage nach unseren Angeboten groß ist, machen wir lieber einen Zusatztermin, als das mit einer größeren Gruppe durchzuziehen“, betont Stefan.
Dinge bewusst wahrnehmen
Neben Exkursionen bietet Sonja auch Achtsamkeitstrainings an, diese sogar nur mit zehn Teilnehmern. In angeleiteten Übungen führt die ausgebildete Achtsamkeitstrainerin die Teilnehmer zum Beispiel durch die Farben und Formen der Bäume. „Jeder soll benennen, was er sieht, ohne die Dinge zu bewerten“, erklärt Sonja. Im Hier und Jetzt sein, die Umgebung und seine Mitmenschen bewusst wahrnehmen ohne sie zu verurteilen - das bedeutet Achtsamkeit.
Wie wichtig Achtsamkeit in einer schnelllebigen Welt wie unserer ist, weiß Sonja gut. Sie arbeitet im Personalwesen, ist deshalb auch mit Themen wie Gesundheit von Mitarbeitern beschäftigt. Sonja: „Einmal erlernt, lässt sich Achtsamkeit im Alltag anwenden und trägt wesentlich zur psychischen Gesundheit bei.“