Wahlpartys der Parteien in Dortmund: So richtig gejubelt hat niemand

© Björn Althoff

Wahlpartys der Parteien in Dortmund: So richtig gejubelt hat niemand

rnBundestagswahl

Vom kleinen Rahmen bis zur großen Halle: Die Parteien verbrachten den Bundestagswahlabend auf höchst unterschiedliche Weise. Ebenso sehr unterschieden sich die Emotionen.

Dortmund

, 26.09.2021, 22:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Am Sonntag fanden Mitglieder von SPD, CDU, Grüne, FDP, Linke und anderen Parteien an unterschiedlichen Orten zusammen. Mit sehr stark schwankenden Emotionen.

Die SPD war klare Wahlsiegerin, brachte beide Kandidaten in den Bundestag - Grund zu Freude im Biercafé West am Westpark. Doch die Freude brauchte etwas Zeit, um sich Bahn zu brechen.

Nachdem die erste TV-Prognose um 18 Uhr SPD und CDU zunächst gleichauf sah, herrschte erst einmal Ratlosigkeit. Richtige Freude kam erst auf, als die ersten Hochrechnungen die Partei vorne sahen. Gemeinsam wurde das Bundes-Ergebnis beklatscht, noch mehr aber der Erfolg der beiden Direktkandidaten Sabine Poschmann und Jens Peick.

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Zufrieden mit der Entwicklung der eigenen Partei, hatte sich die Unterbezirks-Vorsitzende Nadja Lüders aber schon vor der ersten Prognose gezeigt und den vielen Wahlhelfern gedankt. „Viele hatten uns schon tot gesagt und uns abgeschrieben“, sagte sie unter großem Beifall. „Wir haben einen tollen Wahlkampf gemacht.“

Zwiegespaltene Gefühle bei den Grünen

Das womöglich stimmungsvollste Setting hatten die Grünen im FZW aufgebaut. Die Halle mit grünen Strahlern beleuchtet, waren rund 100 Personen über den Saal verteilt. Zur Einstimmung gab es Jazz-Musik, an der Bar Weißwein und Bier. Es war angerichtet für einen Jubelschrei bei den ersten Zahlen bei einem absehbaren Rekordergebnis. Allein: Er blieb aus.

Sabine Poschmann (Mitte) und Jens Peick von der SPD freuen sich gemeinsam mit Partei-Chefin Nadja Lüders über ihren Einzug in den nächsten Bundestag.

Sabine Poschmann (Mitte) und Jens Peick von der SPD freuen sich gemeinsam mit Partei-Chefin Nadja Lüders über ihren Einzug in den nächsten Bundestag. © Oliver Schaper

Viele machten an diesem Abend keinen Hehl daraus, dass sie mehr erwartet hatten, nachdem noch im Mai Umfragen die Grünen bei weit über 20 Prozent gesehen hatten. „Einige hatten von mehr geträumt. Aber es gibt auch eine Riesen-Erleichterung, dass wir das historische beste Ergebnis nach Hause geholt haben“, sagte Kreisverbands-Sprecher Michael Röls.

Dieser Zwiespalt blieb bei vielen. Auch, wenn sich die meisten am Ende für das zufriedene Gesicht entschieden.

Viel Applaus erhielten die Wahlkreis-Kandidaten Markus Kurth, der lange um den Wiedereinzug in den Bundestag zittern musste und Prof. Dr. Anke Weber. Sie erreichte rund 15 Prozent und war damit sehr zufrieden - auch wenn das nicht für ein Direktmandat reichte. „Es war sehr emotional“, sagte sie über ihren ersten Bundestagswahlkampf.

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Sie gratulierte ihrer Mitbewerberin Sabine Poschmann und dankte ihr und den anderen demokratischen Parteien für einen „fairen Wahlkampf“.

CDU feiert corona-bedingt nur im kleinen Kreis

Bei der CDU traf sich - corona-bedingt - nur der Vorstand mit den beiden Direktkandidaten Klaus Wegener und Michael Depenbrock in der Kreisgeschäftsstelle am Südwall. Partystimmung kommt da ohnehin nicht auf.

Doch als um 18 Uhr die erste Prognose auf dem Bildschirm erschien und die Union mit der SPD bei 25 Prozent gleichauf lag, keimte vorsichtige Hoffnung bei den Anwesenden. „Wer uns vor zehn Tagen gesagt hätte, wir sind gleich auf, den hätten wir für bescheuert gehalten“, sagte der Dortmunder CDU-Chef Sascha Mader. „Wir haben eine Chance, es ist aber kein Tag, um zufrieden zu sein.“

Nachdenkliche Gesichter in der CDU-Kreisgeschäftsstelle.

Nachdenkliche Gesichter in der CDU-Kreisgeschäftsstelle. © Gaby Kolle

CDU-Direktkandidat Klaus Wegener sah sein persönliches Ziel erreicht. „Ich wollte ein Zeichen setzen, dass Dortmund wieder auf allen politischen Ebenen wahrgenommen wird.“

CDU-Kandidat kündigt Ende der politischen Karriere an

Wegener, der unter anderem 2009 und 2014 für das Europaparlament kandidiert hatte, tat kund: „Für mich endet heute Abend meine politische Karriere.“ Im Kreisvorstand werde er aber bleiben.

Direktkandidat Michael Depenbrock verfehlte sein Ziel, seiner SPD-Konkurrentin Sabine Poschmann „ein paar mehr Punkte abzuknapsen“. Doch in vier Jahren würde er es gern noch einmal versuchen und warb schon mal dafür in Richtung Kreisvorstand: „Wenn ihr mich lasst. Wir haben jetzt vier Jahre Zeit, um zu zeigen, dass wir den besseren Kandidaten haben.“

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Sascha Mader schickte einen Glückwunsch mit Beigeschmack an die SPD-Kandidaten: „Wir werden sie daran messen, ob Dortmunder Belange in Berlin im Bundestag eine Rolle spielen.“

Als die CDU gegen 21 Uhr die Tür abschloss und nach Hause ging, war ihr die SPD bundesweit um einen Prozentpunkt enteilt.

FDP jubelt darüber, dass Rot-Rot-Grün verhindert worden ist

Bei der FDP-Wahlparty im Klubhaus 1249 löste weniger das eigene Ergebnis, als vielmehr die Tatsache Jubel aus, dass es nicht für eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken reichen werde. Eine Links-Verschiebung des Regierungssystems sei eine rote Linie für die FDP, sagte der FDP-Kreisvorsitzende Michael Kauch.

Die FDP veranstaltete ihre Wahlparty im Klubhaus 1249 in der Berswordt-Halle.

Die FDP veranstaltete ihre Wahlparty im Klubhaus 1249 in der Berswordt-Halle. © Lukas Wittland

Als „erwartbar“ bezeichnet Ann-Christin Huber, eine der beiden Direktkandidatinnen der Dortmunder Linken, diese Reaktion der FDP knapp. „Ich finde es ein bisschen traurig, wenn man sich an den Ergebnissen der anderen hochziehen muss.“

Mit der FDP wird es nur ein ,Weiter so“ geben“, stimmte ihr die andere Kandidatin, Sonja Lemke, auf der Wahlparty der Linken an der Schwanenstraße zu.

Mit ihrem eigenen Wahlkampf seien sie aber zufrieden. Den „Mit den Ressourcen, die wir hatten, haben wir mit ehrenamtlicher Arbeit und viel Engagement, einen super Wahlkampf hingelegt“, sag Huber, nachdem sie mit Lemke über einen von Parteigenossen ausgelegten roten Teppich gelaufen war.

Die Kandidatinnen der Dortmunder Linken, Sonja Lemke und Ann-Christin Huber, bei der Wahlparty in der Geschäftsstelle an der Schwanenstraße

Die Kandidatinnen der Dortmunder Linken, Sonja Lemke und Ann-Christin Huber, bei der Wahlparty in der Geschäftsstelle an der Schwanenstraße © Lukas Wittland

Die AfD feierte die Wahl unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Über den zuletzt wegen Chats mit nationalsozialistischem Bezug in die Kritik geratenen Direktkandidaten Matthias Helferich sagt, der Kreisvorsitzende Heiner Garbe: „Er ist unser bester Mann.“ Helferich wird voraussichtlich Teil des nächsten Bundestags sein.

Über die leichten Verluste der Partei sagte Garbe: „Es ist immer schlecht, wenn man ein bisschen was verliert. Das hätte ich so nicht erwartet.“ Aber offenbar hätten viele Wähler strategisch gewählt, „um Rot-Rot-Grün zu verhindern“.

Marco Bülow, der für Die Partei angetreten war, kam zwar auf rund 9 Prozent der Erststimmen, verfehlte aber nach 21 Jahren den Einzug in den Bundestag. Bei Twitter schrieb er, dass er sich „mehr erhofft“ habe. Seinem Nachfolger Jens Peick gratulierte er - verband die Glückwünsche aber mit der Mahnung: „Lass dich nicht sofort einkaufen.“

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