Spenden sind auch für die Dortmunder Parteien eine der wichtigsten Einnahmequellen, neben Mitgliedsbeiträgen und der staatlichen Finanzierung jener Parteien, die im Bundestag sitzen. Doch wer spendet eigentlich für welche Partei?
Die Parteien sind verpflichtet, sämtliche Großspenden ab 35.000 Euro unverzüglich nach Eingang an die Bundestags-Präsidentin Bärbel Bas zu melden. Anschließend werden die Summen und deren Spender namentlich veröffentlicht. Aus Dortmund sind Spenden in dieser Höhe allerdings nicht die Regel.
Tedi spendete 100.000 Euro an FDP
Im Bundestagswahlkampf 2021 machte die in Dortmund ansässige Handelskette Tedi mit einer Spende von 100.000 Euro an die FDP auf sich aufmerksam. Die sei damals aber an die Bundes-FDP gegangen, bei der Dortmunder FDP habe man davon wenig mitbekommen, so der heutige Parteivorsitzende Nils Mehrer. Verbindungen zwischen Tedi und der FDP sind nicht bekannt, damaliger Geschäftsführer war Silvan Wohlfarth aus Herne. Laut Medienberichten hatte Tedi die Spende mit dem Engagement der FDP für Geringverdiener begründet. Laut Transparency International sei es dabei aber eher um die zukünftige Klima-, Steuer- und Sozialpolitik gegangen.
Auch das Unnaer Unternehmen Woolworth hatte zeitgleich 100.000 Euro an die FDP überwiesen. Beide Unternehmen gehören zur B. H. Holding mit Sitz in Dortmund. Der Dortmunder Sozialwissenschaftler Dierk Borstel erklärt dazu: „Großspenden von Firmen gehen traditionell eher an vermeintlich wirtschaftsfreundliche Parteien wie die FDP und an Parteien mit den größten Einflussmöglichkeiten.“
Software-Unternehmen spendet an Grüne
Auch im laufenden Bundestagswahlkampf 2025 sorgte eine Großspende aus Dortmund für Aufmerksamkeit: Das Dortmunder Softwareunternehmen Agido spendete Anfang Februar 50.000 Euro an die Grünen. Wie bei der FDP habe auch hier der Dortmunder Grünenvorstand nichts davon mitbekommen, so Sprecherin Hannah Rosenbaum. Agido beschäftigt rund 70 Mitarbeiter und sitzt am Phoenixsee. Das Unternehmen hat Software-Angebote beispielsweise für die Mitfahrzentrale Flinc und den Sportwettenanbieter Tipico entwickelt.
Der 46-jährige Geschäftsführer Thomas André Louis stammt aus der Schweiz, studierte in Dortmund Informatik und ist laut eigenen Angaben seit einigen Jahren Grünen-Mitglied. Er hat neben seiner Firma eine auf Wettgeschäfte spezialisierte Holding auf Malta und sitzt im Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft in der Nähe von Thun.
Zu seinen Beweggründen für die Großspende sagt er: „Mich hat das geringe Großspendenaufkommen für die Grünen im Vergleich zu den Mitte-Rechts-Parteien schockiert.“ Tatsächlich bekamen CDU (5,2 Millionen Euro) und FDP (3,4 Millionen Euro) im Jahr 2024 weit mehr Großspenden als SPD (970.000 Euro) und Grüne (967.000 Euro). Die meisten Großspenden bekam allerdings das BSW (6,4 Millionen Euro). Die AfD erhielt 2024 keine Großspenden, holte im Jahr 2025 allerdings kräftig auf und bekam seit dem Ampel-Aus genauso viele Großspenden wie die FDP.

„Als Unternehmer bin ich der Meinung, dass man in dieser wichtigen Zeit in die Zukunft investieren muss, um unserer nachfolgenden Generation - ich habe selbst drei Kinder - keine dann mehr unüberwindbaren technischen und vor allem umwelttechnischen Schulden zu hinterlassen“, so der Dortmunder Agido-Chef Louis. Seine Mitarbeiter wolle er über die Parteispende noch informieren.
Ärztin spendete an kommunistische Partei
Neben Tedi und Agido hat es seit 2009 keine Großspenden von Dortmunder Unternehmen gegeben. Auffällig war jedoch eine Spende von rund 110.000 Euro einer Privatperson an die Marxistisch-Leninistische Partei (MLPD) aus dem Jahr 2011. Dahinter steckt die ehemalige Dortmunder Hausärztin Irene Nierstenhöfer, die in Dortmund-Jungferntal ihre Praxis hatte, wo heute eine Zweigstelle des MVZ Hagen angesiedelt ist. Die Spende stammte aus dem Erbe ihrer Eltern, sie stehe weiterhin hinter ihrer Entscheidung, so Nierstenhöfer. Inzwischen wohnt sie in Hannover. Dort tritt für die MLDP die ihre Tochter Anke Nierstenhöfer zur Bundestagswahl an.
Auch aus Bochum und Herne sind Großspenden von Privatpersonen an die MLPD gegangen. Die Bochumer Rentnerin und ehemalige Grundschullehrerin Gisela Stein-Gallach überwies im Jahr 2020 50.000 Euro für die „Befreiung der Frau in einer sozialistischen Gesellschaft“, die die MLDP laut ihrer Aussage vorantreibe. Die ehemalige Lehrerin Sonja Borgwardt aus Herne hatte 2016 sogar 100.000 Euro aus einer Erbschaft an die kommunistische Partei überwiesen. Die MLDP ist besonders von Spenden abhängig, weil sie nicht im Bundestag sitzt und damit nicht von der Parteienfinanzierung profitiert. Wissenschaftler Dierk Borstel kommentiert dazu: „Die MLPD hat nur wenige Orte mit erkennbaren und arbeitsfähigen Strukturen – Dortmund und Bochum gehören noch dazu. Es ist naheliegend, dorthin zu spenden, wo es diese Partei zumindest in Ansätzen überhaupt gibt.“
CDU Dortmund bekommt meiste Spenden
In der Landeshauptstadt Düsseldorf sind Großspenden deutlich häufiger als in Dortmund. Allein seit 2021 haben elf Unternehmen und Privatpersonen Spenden ab 50.000 Euro getätigt - und zwar ausschließlich an CDU und FDP. Regelmäßiger CDU-Unterstützer ist der Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen. „Düsseldorf ist eine erheblich reichere Stadt als Dortmund, Sitz vieler größerer Firmen und im Gegensatz zu Dortmund eine CDU-Hochburg“, erklärt Wissenschaftler Borstel zu dem Ungleichgewicht der beiden großen Städte
Die Dortmunder Parteiverbände geben über einzelne Spenden keine Auskunft. Im Jahr 2024 hat die hiesige CDU mit rund 34.000 Euro allerdings mit Abstand die meisten Spenden erhalten, danach folgte die SPD mit 6.400 Euro und die Grünen mit 5.600 Euro. Die Partei „Die Partei“ erhielt mit rund 4.000 Euro sogar etwas mehr Spenden als die FDP mit rund 3.500 Euro. Die Linken können Spenden nicht von Mandatsabgaben unterscheiden, die AfD verweigert eine Auskunft. Volt nimmt auf Kreisebene keine Spenden entgegen.
Insgesamt ist die Spendenbereitschaft über die letzten fünf Jahre aber kontinuierlich gesunken. Besonders auffällig ist das bei der CDU: Im Kommunalwahlkampf-Jahr 2020 mit OB-Kandidat Andreas Hollstein hatte sie noch 163.000 Euro an Spenden bekommen, fast fünfmal so viel wie 2024. Auch im Jahr der Kommunalwahl 2025 liegen die Prognosen niedrig, so CDU-Geschäftsführer Andreas Brausen. „Die Spendenbereitschaft ist gerade unter jenen, die etwas mehr geben würden, zurückhaltender geworden.“ Auswirkungen hatte das unter anderem auf die Zahl der Beschäftigten in der Geschäftsstelle, und auch ein VW-Bus Bulli musste verkauft werden. Zum Materialtransport werden jetzt die privaten Pkws genutzt.
Grüne finanzieren sich über Ratsmitglieder
Neben Großspendern müssen die Parteien auch zu Spenden über 10.000 Euro Auskunft in ihren Rechenschaftsberichten geben. Der aktuellste Bericht datiert von 2023. Auffällig: Fast alle Spenden aus Dortmund gingen an die Grünen - und zwar ausschließlich aus den eigenen Reihen. Am Spendabelsten im Jahr 2023 war das Dortmunder Ratsmitglied Ingrid Reuter (rund 35.000 Euro), danach folgt der Bundestagsabgeordnete Markus Kurth (rund 21.000 Euro) und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christoph Neumann (rund 18.000 Euro). Auch die Dortmunder Bürgermeisterin Barbara Brunsing (rund 14.000 Euro) und die Ratsmitglieder Wolfgang Gurowietz, Ulrich Langhorst und Britta Gövert tauchen mit Spenden von teils knapp über 10.000 Euro auf. In den Vorjahren spendeten zum großen Teil die gleichen Personen.

Die Ratsmitglieder der Grünen spenden nicht aus Zufall. Die Parteien haben in ihren Satzungen oder Finanzordnungen geregelt, dass Mandatsträger einen Teil ihrer Aufwandsentschädigungen an die Partei abgeben sollen. Die Höhe dieser Mandatsabgaben variiert jedoch je Partei. Die höchsten Beträge nehmen die Dortmunder Linken. Ratsmitglieder müssen dort die Hälfte ihrer Entschädigungen an die Partei abgeben. Weil auch die persönlichen Verhältnisse berücksichtigt werden, taucht jedoch kein Linker in der Liste mit Spenden von jährlich über 10.000 Euro auf.
Grüne: Ein Drittel geht an die Partei
Anders als bei den Grünen, wo ein Drittel des Geldes an die Partei geht. Wie viel das tatsächlich ist, hängt auch von der Art des Mandats, der Anzahl der Mandate und weiteren Posten in Aufsichtsräten ab. Top-Spenderin Ingrid Reuter sitzt beispielsweise im Finanzausschuss, Umweltausschuss, im Gestaltungsbeirat, der City-Runde, in den Aufsichtsräten der Stadtwerke und der Stadtentwicklungsgesellschaft und im Sparkassenzweckverband.
„Wir wollen nicht abhängig von Lobby-Interessen sein“, begründet Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Lögering die hohen Mandatsabgaben. „Das kommt außerdem aus einer Zeit, wo wir nur wenige Mandate hatten, uns aber trotzdem eine Geschäftsstelle leisten wollten.“ Die Mandatsabgaben sind mit Abstand die größte Quelle zur Finanzierung des Dortmunder Kreisverbandes. 2024 kamen 97,8 Prozent der Parteispenden durch Mandatsabgaben zustande. Die Mandatsträger behalten nur ein Drittel der Entschädigungen für sich selber, denn ein weiteres Drittel wird an die Steuerkasse abgeführt.
Mandatsabgaben sind freiwillig
Die übrigen Dortmunder Parteien haben deutlich niedrigere Abgaberegeln: Die CDU nimmt 15 Prozent, FDP, AfD und Volt zehn Prozent und die Partei „Die Partei“ nur drei Prozent. Nur bei der SPD überschritt 2023 eine weitere Person die 10.000-Euro-Marke: Oberbürgermeister Thomas Westphal führte 10.229 Euro an seine Partei ab. Bei der Dortmunder SPD gibt es keine prozentuale Regelung. Ratsmitglieder haben 80 Euro im Monat abzuführen, der OB 550 Euro. Bei Westphal kommen zudem weitere Abgaben aus Aufsichtsratsposten hinzu
„Die Spenden sind freiwillig und nicht rechtlich einklagbar“, erläutert Professor Dierk Borstel dazu. Er sieht die Praxis der Mandatsabgaben kritisch: „Ratsmitglieder bekommen kein Gehalt, sondern nur eine Erstattung von Unkosten. Wenn wir wollen, dass uns Politiker aus allen sozialen Schichten vertreten und nicht nur reiche Menschen, sollten wir Politiker auch gut bezahlen.“