Die Politik hat sich durchgesetzt: Der Hebesatz B für bebaute und unbebaute Grundstücke wird erstmals gesplittet. Der Plan von OB Westphal (SPD), den Hebesatz einheitlich von 610 auf 795 Prozent anzuheben, ist gestoppt. Der Finanzausschuss des Rates hat sich Donnerstag (5.12.) nahezu geschlossen für einen differenzierten Hebesatz entschieden. Auch die SPD stimmte gegen den Vorschlag von Westphal.
Demnach soll der Hebesatz für Wohngrundstücke von 610 auf lediglich 625 Prozent steigen, der Hebesatz für Geschäftsgrundstücke hingegen auf 1.245 Prozent. Folge: Für viele Hausbesitzer und Mieter fällt die Grundsteuer-Erhöhung im Schnitt weniger stark aus als zunächst befürchtet. „Für einige könnte es teurer werden, für andere billiger“, äußerte sich Grünen-Sprecher Christoph Neumann in sehr allgemeiner Manier. „Im Mittelwert bleibt die Grundsteuer aber auf dem bisherigen Niveau“. Soll heißen: Das Grundsteuer-Aufkommen für die Stadt liegt weiter bei rund 130 Mio. Euro.
Das sei ein kleiner Erfolg für die Politik, betonte CDU-Fraktionsvize Sascha Mader mit Blick auf den Hebesatz, den die Verwaltung rund um OB Westphal vorgeschlagen hatte. „Es gilt das Primat der Politik“, sagte Mader. Damit hat der Finanzausschuss nun die Vorlage für den Rat der Stadt gegeben, der in seiner Sitzung am Donnerstag (12.12.) die endgültige Entscheidung trifft. Eine Grundsteuer C für baureife, aber nicht bebaute Grundstücke hingegen soll erstmal nicht eingeführt werden.
Marathonsitzung mit 160 Anträgen
Die Entscheidung über die Grundsteuer-Hebesätze war mehr oder weniger der Auftakt für die 7,5-stündige Marathonsitzung, die sich bis in die frühen Abendstunden zog. Die Fraktionen hatten rund 160 Anträge mit ihren Wünschen vorgelegt, deren Abstimmungen u.a. von Mitarbeitern der Kämmerei aufmerksam begleitet wurden. Sie rechneten an Ort und Stelle mit, welche Zusatz-Kosten für den Doppelhaushalt 2025/2026 entstehen könnten. Mit exorbitant hohen Beträgen war das Füllhorn nicht gesegnet - aber das, was drin war, wurde fleißig an Vereine, Verbände und Initiativen ausgeschüttet. Irgendwie, so der Eindruck, sollte jeder ein bisschen bekommen.
Wofür die Stadt Geld ausgibt - ein Überblick:
Den größten Stapel an Anträgen hatten Grüne und CDU vorgelegt, die eine Projektpartnerschaft im Rat bilden. Sie brachten ihr Paket komplett durch. Ein Schwergewicht bildet (ähnlich wie bei der SPD) der Jugend, Schul- und Sozialbereich: Beispielsweise dürfen sich die Wohlfahrtsverbände und die Träger der freien Jugendhilfe auf eine Finanzspritze von zusätzlich 500.000 Euro freuen. Die SPD hatte zunächst für einen 300.000 Euro schweren Fonds plädiert, schloss sich dann aber dem weitergehenden Antrag von Grün-Schwarz an. So ging das häufig, auch bei Linke+ und FDP.
Wenig Disput gab es beispielsweise über die Förderung des Frauenhauses (insgesamt 94.000 Euro). Neben der Aidshilfe soll’s auch für Slado, Dachverband der LSBTIQ-Community, Geld geben: Die beschlossenen 200.000 Euro sichern die Arbeit von Slado 2026 ab. Ebenfalls gesichert ist die Schulsozialarbeit an Grundschulen: Die zehn Stellen, die im Zuge des Corona-Aufholprogramms geschaffen wurden, sollen 2025 mit 305.000 Euro und 2026 mit 731.000 Euro gestützt und 2027 entfristet werden.
"Die Partei" sorgt für Lacher
Die von der SPD gewünschten „Sonnensegel“ an besonders heißen Plätzen im Sommer fanden keine Mehrheit. Mehr Erfolg hatte die SPD mit ihrem Vorstoß für „Cooling-Center“, die im Rahmen eines Pilotprojekts in Dortmund aufgebaut werden sollen. Die Standortvorschläge der SPD (etwa das Keuninghaus) allerdings wurden gestrichen - die Verwaltung soll die Vorschläge liefern.
Freuen dürfen sich Hausbesitzer und Mieter, die beispielsweise bereit sind, Dächer zu begrünen oder sich ein „Balkonkraftwerk“ anzuschaffen: Die städtischen Fördertöpfe für Klimaschutz-Aktivitäten bleiben erhalten, der für die Balkon-Solaranlagen wird sogar aufgestockt.
Für Lacher mitten in der Frühabend-Stimmung sorgte Olaf Schlösser (Die Partei), bei der Frage, ob die städtischen Ordnungskräfte bald mit Hunden auf Streife gehen sollen. Er beantrage, nur „Hunde mit einer Schulterhöhe von höchstens zwölf Zentimetern“ einzusetzen, sagte Schlösser zur allgemeinen Erheiterung aller Anwesenden. Zum Vergleich: Selbst ein Zwergdackel (13 bis 18 Zentimeter) wäre größer. Dennoch erhielt der von Grün-Schwarz gewünschte Auftrag an die Verwaltung am Ende eine deutliche, von der SPD mitgetragene Mehrheit. Rechts- und Ordnungsdezernent Norbert Dahmen (CDU) muss nun prüfen, ob es Sinn macht, die Streifen des Ordnungsamtes in bestimmten Situationen mit einem Hundeführer zu unterstützen.
Auch das kommunale Klinikum bekommt Geld: Grün-Schwarz will dem Haus weitere 20 Mio. Euro zukommen lassen, aber nicht für die laufenden Ausgaben, sondern für dringend notwendige Investitionen in Neubauten und für die Anschaffung medizinischer Geräte. Die Linke+ war zunächst bei 10 Mio. Euro, schloss sich aber wie auch die SPD der Initiative von CDU und Grünen an. „Wir müssen handeln, um das Haus nicht in Schieflage geraten zu lassen“, erklärte CDU-Finanzsprecher Mader.
Noch ein Bäderbeschluss
Einen Punkt machte die Linke+ mit ihrem Vorstoß, den 2022 ausgehandelten Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVÖD) für Erzieherinnen in Fabido-Kitas komplett umzusetzen - was für eine bestimmte Gruppe von Betreuerinnen nicht der Fall ist. Die Auswirkungen schlagen sich allein 2025 mit gut 2,6 Mio. Zusatzkosten im Stadthaushalt nieder – eine Größenordnung, die es in sich hat.
Mit fragendem Gesicht quittierte Kämmerer Jörg Stüdemann den auf Antrag von Linke+ herbeigeführten Beschluss zur „Rekommunalisierung“ der acht Sportwelt-Bäder. Die Verwaltung ist nun angehalten zu prüfen, ob die Bäder künftig direkt von den städtischen Sport- und Freizeitbetrieben oder vom Revierpark Wischlingen übernommen werden sollen. Fast schon verzweifelt merkte Stüdemann an, einen solchen Auftrag gebe es bereits – und warnte einmal mehr vor Mehrausgaben in Höhe „von rund 4 Mio. Euro.“ Vergebens.
Noch sinkt das Schiff nicht
Die Politik erwartet nun eine Kostenrechnung für den Fall der Bäderübernahme. Auf Anregung von Linke+ sollen die Rechenmodelle gleich auch den ermäßigten Eintritt für Inhaber des Dortmund-Passes sowie für Unter-18-Jährige enthalten. Die dafür notwendigen 200.000 Euro sollen von vornherein miteingepreist werden. Aus Sicht von Linke+ ein cleverer Schachzug: Die Forderung nach ermäßigtem Eintritt auch für die Sportweltbäder ist Jahre alt, aber nie umgesetzt worden.
Und was heißen die zahlreichen Beschlüsse für den ohnehin angespannten Stadthaushalt? Alles addiert, ergeben sich Mehrbelastungen von ungefähr 5,7, bis 6,9 Mio. Euro. Die See ist rau, die Wellen schlagen hoch - gesunken ist das Haushaltsschiff aber vorerst nicht: Alle zusätzlich beschlossenen Ausgaben können zumindest 2025/2026 aufgefangen werden. Im Wesentlichen deshalb, weil die Stadt weniger Umlage als befürchtet an den Landschaftsverband zahlt, weniger Geld bei den Unterkünften für Flüchtlinge ausgibt und die Sparkasse auf Antrag von Linke+ nun angehalten ist, ihre Ausschüttung an die Stadt von 5 auf 6 Mio. Euro zu erhöhen.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 6. Dezember 2024.