Training mit Mbappé blieb skurrile Idee Volksbankstadion: eine Geschichte des Scheiterns

Stadion-Sanierung: Stadt begräbt Pläne für Sportpark im Volksgarten
Lesezeit

Die Vorstellung sorgte bei manchem für glänzende Augen. Sommer 2024, Dortmund ist Austragungsort der Euro. Abends spielt Frankreich im BVB-Stadion. Es ist Vormittag, der Mannschaftsbus rollt durch die Straße Eckei, am Tennisplatz vorbei und hält im bewaldeten Teil des Mengeder Volksgartens.

Kinder, Jugendliche und Erwachsene drängen sich an den Sicherheitszäunen. Kylian Mbappé, Kingsley Coman und der in Dortmund nur allzu bekannte Ousmane Dembélé schreiben Autogramme. Dann schlenzen sie davon. Anschwitzen auf dem heiligen Rasen des Volksbank-Stadions, das während der Euro natürlich wieder Volksgarten-Stadion heißen muss.

Eine Fiktion. Und wir wissen: Es kam anders. Frankreich spielte zwar am 25. Juni im BVB-Stadion gegen Polen. Die Mengeder Bezirkssportanlage war jedoch kein Trainingsplatz in der Host City Dortmund. Am weiterhin recht desaströsen Acker – pardon: Rasen – lag es indes allein wohl nicht. Die Euro 2024 ist inzwischen genauso Geschichte wie die Sanierung des Volksbank-Stadions, insbesondere seiner Spielfläche.

Stadt schließt Projektakte

Projektentwicklung Sportpark Mengede: „Für die geplante Maßnahme stehen zur Zeit keine Mittel zur Verfügung.“ Das ist der Abschlussbericht zu diesem politischen Projekt in vollem Wortlaut, vorgelegt zur Sitzung der Mengeder Bezirksvertretung (BV) am 30. Oktober 2024. Alles gesagt. Akte 18502-20/1 geschlossen. Deckel auf einen Antrag, den 2020 zunächst die CDU, in einer modifizierten Fassung 2021 CDU und SPD in der BV auf den Weg gebracht hatten.

Die erfundene Szene mit der französischen Fußballnationalmannschaft entspringt dabei gar nicht mal den Träumereien irgendwelcher Fußball-Phantasten. Sie hätte genauso kommen können, nimmt man die Argumentation der städtischen Sport- und Freizeitbetriebe aus der politischen Debatte des Jahres 2021 ernst.

Rückblick: Im Jahr 2020 beschloss die Mengeder Bezirksvertretung die Sanierung des 90 Jahre alten Volksbank-Stadions. 30 Jahre lagen letzte Bauarbeiten am Spielfeld da zurück. Ein Platz – unterhöhlt von ungezählten Maulwürfen, verdichtet durch die Kicker von 08/20 und ihrer Gastmannschaften, frei jeder Drainage, bespielbar nur im Sommerhalbjahr. Im Winter trägt die erste Mannschaft ihre Bezirksligaspiele auf dem Nebenplatz mit Kunstrasen aus.

Spielfeld und Leichtathletik-Anlage im Mengeder Volksbank-Stadion.
Das Volksbankstadion bietet weder für Fußballer noch für Leichtathleten gute und zeitgemäße Bedingungen. © Uwe von Schirp (Archiv)

Das neue Spielfeld im Volksbank-Stadion sollte ebenfalls einen Kunstrasen bekommen. Im Sommer 2020 drohte dem Volksgarten dann noch eine Platznot ganz anderer Art. Der SC Osmalispor sollte ebenfalls in Mengedes grüner Lunge trainieren und spielen. Grund war die Aufgabe des Aschenplatzes an der Netter Dörwerstraße, weil die Stadt die Fläche für die Erweiterung des Schulzentrums brauchte.

Die Sportvereine und die örtlichen Politiker entwickelten daraufhin die Idee eines Sportparks – mit Kunstrasen, neuer Leichtathletik-Anlage für die Schulen und den TV Mengede sowie Flutlicht. Auf der Wunschliste standen zudem modernisierte Umkleidekabinen, die in den Antrag von CDU und SPD im September 2021 eingingen.

Naturrasen ist weniger heiß

In der BV-Sitzung waren es dann die städtischen Sport- und Freizeitbetriebe, die auf die Euro 2024 verwiesen und Träume weckten. Nach den Regeln der UEFA müsse Dortmund für den Trainingsbetrieb Naturrasenplätze vorhalten. Das Volksbankstadion sei einer von nur noch acht Plätzen mit einem natürlichen Spielfeld – das Stadion „Rote Erde“ eingeschlossen.

„Das Stadion hat keine Drainage“, erklärte Dirk Reil von den Sport- und Freizeitbetrieben seinerzeit. „Es muss einen ganz neuen Aufbau bekommen.“ Michael Schulz, dem mittlerweile verstorbenen Vorsitzenden von Mengede 08/20, war es nur recht. Nicht nur wegen der Euro wäre es sehr sinnvoll, wieder Naturrasen anzulegen, sagt er beim Ortstermin mit unserer Redaktion. Naturrasen sei nicht so hart und im Sommer weniger heiß.

Umkleide-Gebäude im Volksbank-Stadion Mengede.
Das Gebäude mit den Umkleiden sollte im Sportpark ebenfalls erneuert werden. © Uwe von Schirp (Archiv)

Die Zeit ging ins Land. Torsten Heymann ist SPD-Ratsmitglied und Mitglied im Sportausschuss. Seine Fraktion scheiterte mit einem von ihm forcierten Ergänzungsantrag zum Haushalt 2023, das Projekt Sportpark umzusetzen. Kostenvolumen: 1,5 Millionen Euro.

Die Vorbereitungen für die Euro liefen derweil auf Hochtouren. Von Trainingsplätzen war längst keine Rede mehr. Professionelle Möglichkeiten bot letztlich das Trainingszentrum des BVB in Brackel. Und, so hieß es augenzwinkernd hinter vorgehaltener Hand: „Na, in den Volksgarten hätten die Mannschaftsbusse doch eh nicht fahren können – bei den engen Wegen und ohne Wendemöglichkeit.“

Und nun? „Aufgrund der Haushaltslage ist das Thema beerdigt“, sagt Torsten Heymann im Gespräch mit unserer Redaktion. Natürlich sei der Platz „nicht First Class“. Aber immerhin würden die Sport- und Freizeitbetriebe jährlich 20.000 Euro aufwenden, um den Maulwurfshügeln Herr zu werden. „Der Platz wird so hergerichtet, dass er bespielbar ist.“

Die Flickschusterei dürfte absehbar so bleiben. Muss sie sogar. „Wir können uns nicht erlauben, in Dortmund nur einen Platz vom Netz zu nehmen“, sagt Sportausschuss-Mitglied Torsten Heymann. „Wir haben schließlich 1100 Fußballmannschaften.“

Hinweis der Redaktion: Der Artikel erschien ursprünglich am 16. November 2024.