Dortmunder Händler bangen erneut ums Weihnachtsgeschäft. Wenn die 2G-Regelung für den Einzelhandel kommt, fürchten sie einen weiteren Umsatzrückgang. Es gibt viel Kritik.

© Lukas Wittland

Dortmunder Handel läuft Sturm gegen 2G: „Brauchen einen Shopping-Booster“

rnCoronavirus

Dürfen bald nur noch Geimpfte und Genesene shoppen? Der Einzelhandel in Dortmund läuft Sturm gegen politische Überlegungen zu einer 2G-Regelung – und nennt etliche Kritikpunkte.

Dortmund

, 02.12.2021, 04:40 Uhr / Lesedauer: 4 min

In Baden-Württemberg gilt ab einer gewissen Inzidenz schon 2G im Einzelhandel und in einigen weiteren Bundesländern dürfen Ungeimpfte schon bald nicht mehr in alle Geschäfte. Nach Sachsen, Brandenburg und Berlin setzt auch Hamburg ab Samstag (4.12.) auf die 2G-Regel. Außer bei Supermärkten, Discountern, Drogerien und Apotheken müssen Kunden nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind. Ein negativer Corona-Test reicht nicht.

Genauso könnte es eventuell schon ab 0 Uhr am Freitag (3.11.) auch in Dortmund kommen, wenn 2G für den Einzelhandel in NRW beschlossen wird. Ein solcher Lockdown für Ungeimpfte wird diskutiert. „Ich gehe davon aus, dass er von der Landesregierung am Donnerstag für NRW beschlossen wird“, sagt Thomas Schäfer vom Handelsverband Westfalen-Münsterland. Und die heimischen Geschäftsleute bangen um das Weihnachtsgeschäft.

„Bisher ist das Geschäft eh schon schleppend, weil die Corona-Lage auf die Stimmung drückt. Eine Zutrittsbeschränkung für Einzelhandelsgeschäfte führt aufgrund der notwendigen Kontrollen zu Warteschlangen und wird viele ganz vom Einkaufsbummel abhalten“, sagt Tobias Heitmann, der als Vorsitzender des Cityrings die Interessen der Innenstadt-Kaufleute vertritt. Da die Handelsbranche noch immer mit den Folgen der letzten Lockdowns zu kämpfen habe, stellten solche Regulierungen im Weihnachtsgeschäft viele Händler auch vor gravierende Probleme.

Einzelhandel ist in der Pandemie „kein Infektionsherd“

„Außerdem“, fügt Tobias Heitmann hinzu, „kann es doch nicht die Aufgabe der Einzelhändler sein, die Kontrollfunktion des Staates wahrzunehmen. Wir werden am Ende alle Maßnahmen zum Infektionsschutz unterstützen, es braucht aber jetzt eigentlich für den Handel keine neuen Beschränkungen, sondern einen Shopping-Booster - etwa die erste Stunde Gratis-Parken in der City wäre schon mal etwas.“

Für Tobias Heitmann, den Vorsitzenden des Cityrings in Dortmund, ist der Einzelhandel kein Infektionstreiber. Er sieht unnötig erneut das Weihnachtsgeschäft in Gefahr und ist gegen eine 2G-Regelung im Einzelhandel.

Für Tobias Heitmann, den Vorsitzenden des Cityrings, ist der Einzelhandel kein Infektionstreiber. Er sieht unnötig erneut das Weihnachtsgeschäft in Gefahr und ist gegen eine 2G-Regelung im Einzelhandel. © Stephan Schütze

Thomas Schäfer, er ist Geschäftsführer des in Dortmund ansässigen Handelsverbandes Westfalen-Münsterland, unterstreicht das: „Das Weihnachtsgeschäft ist für den stationären Einzelhandel schon jetzt schwierig. Jetzt noch eine 2G-Regel wäre einfach schade, weil sie nicht nötig ist. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Einzelhandel ein Infektionsherd ist.“

Der Handelsexperte verweist auf eine landesweite Umfrage seines Verbandes. Die ergab vor wenigen Tagen, dass die Erwartungshaltung zum Verlauf des restlichen Weihnachtsgeschäfts ohnehin schon deutlich eingetrübt ist. „Rund die Hälfte der Teilnehmer der Umfrage rechnen gegenüber 2019 mit viel niedrigeren Umsätzen“, sagt Thomas Schäfer und sorgt sich, dass viele Gewerbetreibende aufgrund einer wenig effektiven Regelung endgültig in existenzielle Schwierigkeiten geraten.

Online-Handel macht Umsatzplus von 27 Prozent

Auch weil der Online-Handel weiter auf dem Vormarsch sei. Zu Rabattaktionen wie am Black Friday, erklärt er, kämen die Leute zwar in die City, ansonsten sei die Frequenz aber eher gering. „Viele haben sich an den Onlinehandel gewöhnt. Der verzeichnet nur für die Black Week, den Black Friday und den Cyber Monday ein Umsatzplus von 27 Prozent“, so Thomas Schäfer.

Jetzt lesen

Wie er und Tobias Heitmann hält man auch beim Dortmunder Handelskonzern Tedi eine 2G-Regelung „für nicht zielführend“. Aktuelle Auswertungen der Luca-App zeigten, dass der Handel kein Infektionstreiber sei. „Die 2G-Regelung im Einzelhandel stellt unser Unternehmen vor einige logistische Herausforderungen. Wir sind dadurch gezwungen, zusätzliches Personal einzubinden, um eine schnelle und sichere Kontrolle am Eingang zu gewährleisten“, teilt Tedi auf Anfrage mit.

Neben den Mehrkosten auf der einen Seite führe die Regulierung auf der anderen Seite zu einem Kunden- und Umsatzrückgang. „Durch 2G-Auflagen treten rund 40 bis 50 Prozent Umsatzverlust im Einzelhandel auf“, heißt es seitens des Brackeler Unternehmens, das zudem den Sinn der Maßnahme anzweifelt: „Rund 80 Prozent der täglichen millionenfachen Kundenkontakte im Einzelhandel finden im Lebensmitteleinzelhandel statt. Eine 2G-Regelung für Non-Food-Händler würde also nur 20 Prozent der Kundenkontakte beeinträchtigen und kann somit keinen relevanten Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten.“

„Wollen Mitarbeitern nicht zumuten, Polizei zu spielen“

Vor allem die wirtschaftlichen Auswirkungen einer 2G-Regel sieht man auch bei Peek & Cloppenburg (P&C KG, Düsseldorf) mit Sorge. „Wir sind aus den vergangenen Monaten ‚erprobt‘ und auf neue Maßnahmen mit eigenen Mitarbeitern und zusätzlichem Sicherheits-Personal schnell vorbereitet. Die dadurch sinkenden Frequenzen stellen uns aber angesichts des für uns wichtigen Weihnachtsgeschäftes erneut vor Herausforderungen“, heißt es in einer Stellungnahme.

Jetzt lesen

Beim Unternehmen Butlers, das am Westenhellweg 98 Einrichtungsgegenstände und Deko-Artikel verkauft, sieht man sich ebenfalls zu einem höheren Personalkostenaufwand gezwungen. „Wir würden für die Kontrollen die Stunden unserer Mitarbeiter erhöhen und entsprechend eigene Mitarbeiter für die Kontrollen abstellen“, sagt Sprecherin Bianca Kaufmann.

Während einige Händler, die nicht namentlich zitiert werden möchten, sich ähnlich wie Tedi ziemlich aufregen und ihren Mitarbeitern eigentlich nicht zumuten wollen, „am Eingang Polizei zu spielen“, sieht Modehändler Jan Ortner die Sache gelassen. „Wir haben das ja mit der Überprüfung der negativen Testergebnisse schon gehabt und ich hoffe, dass wir das auch diesmal hinbekommen - wenn es denn so beschlossen wird.“

Da es in der Thier-Galerie in Dortmund auch Lebensmittelgeschäfte oder auch einen dm-Markt gibt, wird es wohl beim Betreten des Einkaufscenters noch keine 2G-Kontrolle geben. Sollten bald nur noch Geimpfte und Genesene shoppen dürfen, müsste in der Thier-Galerie jedes Geschäft einzeln, die Kontrolle vornehmen.

Da es in der Thier-Galerie auch Lebensmittelgeschäfte oder auch einen dm-Markt gibt, wird es wohl beim Betreten des Einkaufscenters noch keine 2G-Kontrolle geben. Sollten bald nur noch Geimpfte und Genesene shoppen dürfen, müsste in der Thier-Galerie jedes Geschäft einzeln, die Kontrolle vornehmen. © Stephan Schütze

Hinbekommen muss es dann auch jedes einzelne Geschäft in der Thier-Galerie. Das Einkaufszentrum wird aufgrund seiner Grundversorgungs-Sortimente - es gibt hier unter anderem Bäckereien, einen dm-Drogeriemarkt oder ein Obstgeschäft - nach derzeitigem Stand wohl für alle Besucherinnen und Besucher geöffnet bleiben. Auch Take-away-Produkte, davon geht Center-Manager Markus Haas aus, dürfen wohl weiter gekauft und mitgenommen werden.

In der Thier-Galerie müsste jedes Geschäft Kontrollen vornehmen

„Wie auch in der Innengastronomie oder bei körpernahen Dienstleistungen mit Ausnahme der Friseure, bei denen bereits 2G vorausgesetzt wird“, so sagt Markus Haas, „werden die einzelnen Geschäfte die Kontrollen selbst durchführen müssen - wie auch in der City. Wir werden beim Schlangenmanagement bestmöglich unterstützen und unseren Mietern die entsprechenden Informationen zeitnah vermitteln.“

Jetzt lesen

Gespannt wartet der Center-Manager die anstehenden Beschlüsse ab. Nicht absehbar sei beispielsweise, ob es neben der 2G-Regelung auch wieder Zugangsbeschränkungen geben wird. Markus Haas erinnert sich daran, dass für die Thier-Galerie vor einem Jahr ab dem zweiten Adventssamstag ein Besucher-Limit galt. Nur 3000 Menschen durften sich gleichzeitig in dem Center aufhalten.

Auch in diesem Jahr, sagt Markus Haas, sei die Situation für alle Akteure wieder extrem belastend: „Dennoch unterstützen wir alle Maßnahmen mit aller Kraft, die dabei helfen können, einen weiteren vollumfassenden Lockdown zu vermeiden.“