
© Martin von Braunschweig
Verurteilter Mörder Ralf H. bleibt vorerst frei - Vater Schalla ist entsetzt
Oberlandesgericht
Der verurteilte Mörder der Schülerin Nicole-Denise Schalla muss vorerst nicht in Haft. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm findet Vater Joachim Schalla deutliche Worte.
Das Dortmunder Schwurgericht hatte Ralf H. im Januar wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Auf den Erlass eines Haftbefehls verzichteten die Richter damals. Begründung: Nachdem das Oberlandesgericht in Hamm den 56-Jährigen im Sommer 2020 aus der Untersuchungshaft entlassen hatte, würde es schwer, jetzt neue Haftgründe zu finden.
Lange hat sich das Oberlandesgericht damit Zeit gelassen, über die sofort eingelegte Beschwerde von Staatsanwalt Felix Giesenregen zu entscheiden. Umso eindeutiger fiel jetzt der Beschluss aus: Ralf H. bleibt bis zur Rechtskraft des Urteils ein freier Mann.
„Rechtsprechung hat versagt“
Joachim Schalla, der als Nebenkläger jeden einzelnen Verhandlungstag im Schwurgericht verfolgt hatte zeigte sich von der Entscheidung in Hamm zwar wenig überrascht, dafür aber dennoch entsetzt. „Ich kann das einfach nicht glauben“, sagte er am Freitag. „Der Mann ist ein Mörder, der Mann hat einen Menschen umgebracht und darf trotzdem frei herumlaufen.“
Schon unmittelbar nach der Urteilsverkündung im Januar hatte Schalla seinen Unmut über die Justiz deutlich gemacht. Jetzt legt er noch einmal nach. „Aus unserer Sicht hat die Rechtsprechung in diesem Fall total versagt.“
Warten auf den Bundesgerichtshof
Die schlechte Nachricht hatte er gleich am Freitagvormittag von seiner Rechtsanwältin Arabella Pooth überbracht bekommen. Sie sagte ihm auch, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts unanfechtbar ist und man nun wirklich warten müsse, bis der Bundesgerichtshof über die Revision gegen das Dortmunder Urteil entschieden hat.
Wenn das Urteil dort für rechtskräftig erklärt wird, muss Ralf irgendwann tatsächlich wieder ins Gefängnis. Dass bis dahin aber garantiert noch viele Monate vergehen werden, macht die Eltern des Mordopfers wütend. „Ich kriege das einfach nicht in meinen Kopf“, sagt Joachim Schalla.
Viereinhalb Jahre Abzug
Das Oberlandesgericht hat seinen Beschluss unter anderem damit begründet, dass die Zeit, die Ralf H. auf jeden Fall absitzen müsste, bereits jetzt deutlich reduziert ist. Neben der zweijährigen Untersuchungshaft, die er seit seiner Festnahme im Sommer 2018 verbüßt hat, würden ihm weitere viereinhalb Jahre erlassen.
Das hat damit zu tun, dass H. Mitte der 1990er-Jahre wegen eines weiteren Überfalls auf eine junge Frau zu genau dieser Strafe verurteilt worden ist und diese auch komplett abgesessen hat.
Wäre er damals gleichzeitig auch wegen des de zeitlich davor gelegenen Mordes an Nicole-Denise Schalla verurteilt worden, hätte das Urteil aber insgesamt „lebenslange Haft“ gelautet. Deshalb wird nun ein „Härteausgleich“ vorgenommen.