Energiekrise

Notfallpläne für die Büros: „Wollen die Temperatur auf 19 Grad senken“

Viele Firmen in Dortmund versuchen über ganz unterschiedliche Maßnahmen in ihren Büroräumen Energie zu sparen und bereiten sich auf eine Mangellage im Herbst und Winter vor. Es gibt Notfallpläne.

Dortmund

, 15.08.2022 / Lesedauer: 4 min

Weil jede eingesparte Kilowattstunde Energie für den kommenden Winter zählt, greifen in vielen Dortmunder Unternehmen bereits Maßnahmen zum Energiesparen. Vor allem aber bereitet man sich auf eine Versorgungsnotlage vor. In den Büros wird auf Einsparungen geachtet.

Wie wird etwa in den Büroräumen eines der größten Arbeitgeber in Dortmund, der Signal Iduna Versicherung am Westfalenpark, Energie gespart? „Laufende Maßnahmen sind die Überprüfung der Beleuchtungskonzepte mit individuellen Schaltungsmöglichkeiten. Wir prüfen auch, ob noch mehr mobil gearbeitet werden könnte und damit ganze Gebäude nur notfallmäßig bewirtschaftet werden“, sagt Ulrich Leitermann, Vorstandsvorsitzender der Signal Iduna Gruppe.

Sehr früh habe man bereits einen Krisenstab eingerichtet und anhand unterschiedlicher Szenarien Maßnahmen erarbeitet, mit denen die Auswirkungen von Engpässen in der Energieversorgung begrenzt werden können. „Zu den Notfallmaßnahmen gehört die Beschaffung größerer Dieselmengen zum Betrieb unserer Gebäude über bestehende Notstromaggregate, aber auch die Prüfung, unseren Heiz- und Kühlbetrieb an die Mindesttemperaturen gemäß Arbeitsstättenverordnung anzupassen“, so Ulrich Leitermann.

Arbeitsstättenverordnung schreibt 20 Grad vor

Noch schreibt die Arbeitsstättenverordnung eine Raumtemperatur von 20 Grad im Winter vor. Allgemein wird allerdings davon ausgegangen, dass die Mindesttemperatur auf 19 Grad geändert wird. „Wenn das so kommt“, sagt Eva Prost, Sprecherin der TU Dortmund, „dann wollen wir die Temperatur in unseren Räumen auf 19 Grad absenken. Ein Grad weniger spart schließlich sechs Prozent Energie.“

Ulrich Leitermann, Chef der Signal Iduna Gruppe, setzt im Herbst und Winter eventuell wieder stark auf das Homeoffice, um ganze Gebäude der Versicherungsgruppe dann nur notfallmäßig bewirtschaften zu müssen. © Stephan Schütze

Die Uni-Sprecherin weiß, dass es dann alles andere als kuschelig in den Hörsälen, Seminarräumen und Laboren ist. „Bei der Klimatisierung jetzt im Sommer aber haben die Studierenden von sich aus gesagt, dass es keine Kühlung auf 22 Grad braucht. Es würden auch 26 Grad reichen. Das nehmen wir als positives Signal dafür, dass im Winter auch 19 Grad akzeptiert werden. Ziel ist es auf jeden Fall, den Betrieb in Forschung und Lehre aufrechtzuerhalten“, so Eva Prost.

An der Technischen Universität sind nur wenige Gebäude klimatisiert, sodass der Effekt durch die Drosselung der Klimaanlagen derzeit überschaubar ist. Auch bei der Außenbeleuchtung, die jetzt schon ab der Dämmerung in den Nachtmodus geschaltet ist, wird zwar ein Drittel Energie gespart, aber auch damit wird das EU-Sparziel von 15 Prozent nicht erreicht. <div data-pinpoll-id="210788" data-mode="poll"></div><script src="https://tools.pinpoll.com/global.js" async></script>

Wilo bereitet sich auf Schließung ganzer Gebäude vor

„Im Winter werden wir die Heizung in 30 Prozent unserer Räume zentral steuern können. Das sind die Hörsäle oder Seminarräume. In den Büroräumen müssen alle 6700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitmachen“, sagt Eva Prost. Das Potenzial ist riesig. An der TU wird zu 100 Prozent mit Gas geheizt und der Verbrauch entspricht dem von 4000 Haushalten.

Auch beim Pumpenhersteller Wilo in Hörde hat man schon frühzeitig verschiedene Szenarien entwickelt, um den Energie- und Gasverbrauch flexibel an der Versorgungslage auszurichten. Neben angepasster Klimatisierung und Heizung in den Verwaltungs- und Produktionsgebäuden umfassen diese Szenarien auch Änderungen im Produktionsablauf, die sich der jeweiligen Gasverfügbarkeit anpassen können, sowie die Schließung einzelner Verwaltungsgebäude.

Wilo-Chef Oliver Hermes kündigt für September die Einweihung einer eigenen Wasserstoffanlage an. © WILO SE

„Der verantwortliche Umgang mit Ressourcen gehört für Wilo als Klimaschutzunternehmen sowie für seine Mitarbeitenden ohnehin zum Alltag“, erklärt Oliver Hermes, Vorstandsvorsitzender der Wilo Gruppe. „Bereits heute arbeiten wir nach dem Future Office Concept. Über flexible Anwesenheitsmodelle hinaus umfasst das Konzept auch beispielsweise die automatische Beleuchtungssteuerung. Mit diesen Maßnahmen können wir sehr schnell und bedarfsgerecht auf die dynamische Versorgungslage reagieren“, so Oliver Hermes.

Und die Wilo Gruppe geht noch einen Schritt weiter und weiht im September eine eigene Wasserstoffanlage ein: „Vor dem Hintergrund einer potentiellen Gasmangellage sichern wir mit unserer Pilotanlage die Notstrom- beziehungsweise Netzersatzversorgung für den Wilopark. Diese Anlage soll zeigen, wie ein sicheres, kompaktes und nachhaltiges Energiesystem der Zukunft im Ruhrgebiet aussehen kann“, sagt der Unternehmenschef.

Sparkassen-Kundenzentrum erhält Photovoltaikanlage

Bei der Sparkasse Dortmund setzt man unabhängig von der aktuellen Anforderung auf eine Strategie, mit der man langfristig Energie einsparen kann. „So wird derzeit zum Beispiel auf dem Dach unseres Kundenzentrums am Freistuhl eine Photovoltaikanlage installiert. Weitere Maßnahmen für weitere Gebäude der Sparkasse werden sukzessive geprüft und umgesetzt - etwa Dämmung, Modernisierung von Heizung- und Klimatechnik oder der Einsatz alternativer Energien“, sagt Björn Wiggers, Bereichsleiter Vorstandsstab.

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„Ergänzend hierzu“, erklärt er, „werden wir über die Senkung der Leistung von Klimaanlagen, Heizungen, Warmwasseraufbereitung adhoc Energie sparen. Die Beleuchtung wird bei Verlassen aller Räume ausgeschaltet. Soweit dies nicht automatisch erfolgt, sind die Mitarbeitenden angehalten, entsprechend zu handeln.“ Für den Fall eines Gasnotstands entwickle man gerade einen Notfallplan.

Da wo alte Leuchtmittel durch LED-Strahler ersetzt werden konnten, hat man bei der Dortmunder Volksbank diesen Austausch bereits vorgenommen. Weitere energetische Sparmaßnahmen sollen sehr bald folgen. „Wir sind dran und prüfen diverse Optionen“, sagt Sprecherin Graziella Strothmüller. Ein genauer Energiesparplan werde in den nächsten Tagen besprochen.

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