Unruhe am Klinikum Mehrere Führungskräfte werfen hin - "wegen des Vorgesetzten"

Langjähriger Klinikums-Sprecher wirft hin: "Wegen des Vorgesetzten"
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Marc Raschke versteht es, Dinge in Szene zu setzen. Seit 2013 am Dortmunder Klinikum beheimatet, hat es der Leiter der Unternehmenskommunikation geschafft, das „größte kommunale Krankenhaus in NRW“ vor allem in den sozialen Medien nach vorn zu bringen. Seine zahlreichen Projekte und Social-Media-Strategien haben das 5000 Mitarbeiter große Haus oft ins Rampenlicht gerückt und dem Klinikum hohe Aufmerksamkeit beschert.

Ganz gleich, ob als Moderator auf Bühnen und in Live-Streams oder als Influencer in den sozialen Medien: Er habe es geschafft, „auch mit geringem Budget kreative Aktionen zu schaffen, die oft das Ziel hatten, Menschen eine Tätigkeit in Gesundheitsberufen näher zu bringen“, wird Raschke, der zahlreiche Preise und Auszeichungen eingeheimst hat, in einschlägigen Fachmagazinen gelobt. Doch jetzt ist es unvermittelt zum Bruch gekommen.

Raschke: "Ich habe gekündigt"

Nach fast zehnjähriger Tätigkeit zieht Raschke am Dortmunder Klinikum überraschend die Reißleine. „Ich habe gekündigt“, schreibt Medienprofi Raschke in seinem Internet-Profil beim Berufs- und Karrierenetzwerk LinkedIn. Er werde das Klinikum Ende des Jahres 2022 verlassen. Den Grund dafür nennt er gleich auch: „… wegen des (in diesem Fall neuen) Vorgesetzten.“ Weitere Angaben macht Raschke nicht.

Für Eingeweihte ist klar, wer gemeint ist: Klinikumchef Marcus Polle. Als Vorsitzender der Geschäftsführung und Nachfolger von Rudolf Mintrop hält er seit Anfang 2022 am Klinikum die Fäden in der Hand. Was genau zum Bruch geführt hat, wollte Raschke auf Anfrage nicht verraten. Nur so viel: Sein neuer Chef habe „eine ganz andere Sicht auf Personalführung“, lässt Raschke sibyllinisch wissen. Ansonsten: „Über Details möchte ich nicht reden.“

Klagen über "autoritären Stil"

Dabei ist es kein ungewöhnlicher Vorgang, dass ein Kommunikations-Chef eines Unternehmens hinwirft und seinen Brötchengeber wechselt. Das Problem: Raschke, mitunter ein Meister der Selbstvermarktung, ist kein Einzelfall. Auch seine beiden weiteren Kolleginnen aus der Kommunikationsabteilung, Lisa Müller und Annika Haarhaus, suchen in Kürze das Weite.

Obendrein verlässt der derzeitige Finanzprokurist das Dortmunder Klinikum Ende März 2023. Auch er hat gekündigt. Wie es heißt, sollen bereits zwei weitere Führungskräfte (Abteilungsleiter) Wechselabsichten geäußert haben – sicher überprüfen lässt sich das jedoch nicht.

Marc Raschke macht auf seinem Profil im Internet deutlich, aus welchem Grund er gekündigt hat: "... wegen des (in diesem Fall) neuen Vorgesetzten."
Marc Raschke macht auf seinem Profil im Internet deutlich, aus welchem Grund er gekündigt hat: "... wegen des (in diesem Fall) neuen Vorgesetzten." © RN

Was ist los am Dortmunder Klinikum? Braut sich in den Leitungsetagen des Hauses etwas zusammen? Und wenn: Wie schwer wiegen die atmosphärischen Störungen tatsächlich? Mitarbeiter beschwerten sich über den „autoritären Führungsstil“ ihres Chefs, wird kolportiert. Sie erführen keinerlei Wertschätzung. Im Gegenteil: Auch Aussagen von Leitungspersonal würden infrage gestellt und oft mit "harschen Worten gekontert", heißt es.

Gegenteilige Meinungen fänden so gut wie kein Gehör und seien im Grunde auch nicht erwünscht. Der Umgangston sei "insgesamt rau" - sogar im Beisein anderer Beschäftigter werde ausgeteilt. So komme es beispielweise vor, dass Führungspersonal in Leitungskonferenzen mit rund zehn Teilnehmern "vor versammelter Mannschaft abgekanzelt und bloßgestellt würden". "Man fühlt sich nicht ernst genommen", heißt es.

Politik weiß von den Problemen

Aus Sorge vor Konsequenzen möchte sich von den Betroffenen niemand öffentlich äußern. Auch Klinikums-Arbeitsdirektor Karsten Schneider, dem ebenfalls ein angespanntes Verhältnis zu Polle nachgesagt wird, zeigt sich seltsam verhalten. Die Coronakrise und die dadurch bedingten Personalausfälle hätten oft „zu stressigen Situationen und hohen Belastungen“ für die Mitarbeiter geführt, sagt Schneider auf Anfrage. „Das Klinikum hat in der Pandemie die Hauptlast getragen“. Die Zusammenarbeit in der Geschäftsführung sei aber „von Vertrauen geprägt“, gibt der Arbeitsdirektor zu Protokoll.

Tatsächlich? Dortmunder Politikern sind die Verstimmungen am Klinikum, zu 100 Prozent in Händen der Stadt Dortmund, nicht verborgen geblieben – und werden offenbar sehr ernst genommen. „Ja, ich habe davon gehört“, bestätigt Klinikums-Aufsichtsratsvorsitzender Roland Spieß (SPD). Er wolle dem nachgehen, kündigt Spieß an, betont aber auch: „Wenn es Probleme gibt, müssen die gemeinsam gelöst werden.“

"Ein beängstigendes Signal"

Darauf pocht auch CDU-Fraktionschef Jendrik Suck. Es sei „ein beängstigendes Signal“, wenn sich Führungskräfte vom Klinikum abwenden. Das Klinikum stehe in einem harten Wettbewerb und habe hohe Investitionen vor der Brust, sagt Suck etwa mit Blick auf den geplanten und fast 80 Millionen Euro schweren Neubau des Kinderzentrums. „Das Klinikum hat nicht viel Zeit“, sagt Suck. Er meint damit auch: erst recht keine Zeit für Personalquerelen, die vor Kurzem auch bei einem Treffen mit Vertretern von DGB und Verdi auf den Tisch gekommen sind.

Sucks Forderung: OB Westphal möge die Spitzen der Ratsfraktionen, der Gewerkschaften und den Aufsichtsratschef zu einer gemeinsamen Runde bitten. „Wir müssen ein Verfahren hinbekommen, in dem wir die Konflikte ansprechen und möglicherweise lösen können“, sagt Suck.

Und was sagt der Klinikums-Chef selber? Nicht viel. „Ich kann bestätigen, dass es zwei Kündigungen gibt“, so Marcus Polle auf Anfrage. Er bedauere das. Mehr wolle er dazu nicht sagen. „Zu Gerüchten äußere ich mich nicht“, betont Polle. „Interna sollen auch Interna bleiben.“

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