Kein Bus, keine Bahn - also steige ich bei westfälischem Nieselregen auf mein Fahrrad und fahre die kurze Strecke vom Borsigplatz zum Stadthaus. Wunderbar: Es fisselt - und ich werde wieder Dortmunder! Weniger wunderbar: Den Termin zur Ummeldung habe ich vergangene Woche online gebucht. Zwei Tage später wurde klar: An diesem Dienstag wird gestreikt. Und nun?
Mir schwant Schlimmes, als ich mein Rad um 7.40 Uhr am Ständer in der Kleppingstraße anschließe. Es ist der einzige Drahtesel hier zu dieser Zeit. Vor der Berswordt-Halle stehen zwei Kunden am Kiosk, der erstaunlich repräsentative Glasbau ist erstaunlich leer. Eine Angestellte eines privaten Sicherheitsdienst steht vor dem Informationsschalter in der Mitte der Halle.
Vor 34 Jahren muss ich das letzte Mal hier gewesen sein. Da gab es diese Halle noch nicht. Jetzt melde ich mich wieder zurück - wenn auch noch nicht so ganz: Nach 25 Jahren in München möchte ich heute gerne meinen Zweitwohnsitz in Dortmund anmelden. Erst wenn meine Frau in einigen Monaten nachkommt, werden wir unseren Hauptwohnsitz hierhin verlegen. So weit der Plan.
Nummern im Wartebereich
Ich trete an den Infoschalter heran. Die Angestellte blickt auf und legt ihr Handy zur Seite. „Ich möchte mich an- bzw. ummelden“, sage ich. „Haben sie einen Termin?", fragt sie nach. Habe ich - und er wurde gestern Morgen auch noch mal per E-Mail bestätigt. „Die Treppe hoch und dann rechts“, sagt sie. Aha, offensichtlich wird hier heute gearbeitet.
Für die Stadt Dortmund bin ich heute die Nummer 60 660. Als ich um 7.45 Uhr auf einem der 48 grau gepolsterten Stühle im Wartebereich Platz nehme, wird auf der großen Leinwand als einziger Termin die Nummer 31 222 angezeigt. Ich kombiniere, dass ich 29 428 Personen von meinem Termin entfernt bin und hoffe, dass die städtische Systematik dahinter eine andere ist.
7.50 Uhr: Eigentlich ist mein Termin jetzt. Acht Personen verlieren sich im Wartebereich und starren wahlweise in ihr Handy oder auf die Leinwand. Ich tue es ihnen gleich. Die Minuten verstreichen. Arbeitet die Stadtverwaltung heute vielleicht streikbedingt nur mit halber Kraft und ich sitze noch morgen hier?
7.57 Uhr. Ein Ton erklingt, die Nummer 60 660 erscheint auf der Leinwand. Ich bin dran. Nur noch der schmale Flur zum Dienstleistungszentrum trennt mich davon, Dortmunder zu werden. Zuhause hatte ich mir brav alle meines Erachtens dafür nötigen Formulare heruntergeladen und ausgefüllt.
Die erste Überraschung: Die Formulare brauche ich gar nicht. Die zweite Überraschung: Jetzt geht alles ganz schnell: Ausweis überprüft, Wohnungsgeberbescheinigung vorgelegt, eine Unterschrift. Nach sieben Minuten bin ich amtlich bestätigter Dortmunder. Und gehe wieder raus in den Regen.
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