Umgang mit aggressiven Maskenverweigerern – Tipps vom Deeskalationstrainer

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Umgang mit aggressiven Maskenverweigerern – Tipps vom Deeskalationstrainer

rnNach Idar-Oberstein

Der Tod eines Tankstellenkassierers in Idar-Oberstein und die Angriffe auf Bahnmitarbeiter in Dortmund verunsichern viele: Wie mit Menschen umgehen, die einen Mund-Nasenschutz verweigern? Das sagen Experten.

Dortmund

, 23.09.2021, 22:29 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein 20-jähriger Student, der an einer Tankstelle arbeitete, machte nur seinen Job. Er forderte einen Kunden auf, in der Filiale den Mund- und Nasen-Schutz zu berücksichtigen. Nun ist der Kassierer tot, erschossen von einem mutmaßlichen und geständigen Täter, der im Internet die Propaganda der Querdenker-Szene teilte.

Der Mordverdächtige griff nach bisher vorliegenden Informationen zur Schusswaffe, nachdem der Tankstellenkassierer auf die Maskenpflicht hingewiesen hat.

Auch in Dortmund kam es zu Zwischenfällen, bei denen Menschen keinen Atemschutz tragen wollten und gewalttätig reagierten, nachdem sie an die Maskenpflicht erinnert wurden. Solche Fälle lassen aufhorchen und verunsichern Menschen, die in ähnliche Situationen geraten – etwa in der U-Bahn oder in Supermärkten. Wie lässt sich mit aggressiven Maskenmuffeln umgehen? Wie kann mit ihnen gesprochen werden, ohne dass es zu einem Konflikt kommt?

Seit Corona: Zunahme der Aggressionen - bis hin zu Morddrohungen

Jan Zahlten arbeitet als Gesundheits- und Krankenpfleger in der Station für Akutpsychiatrie der LWL-Klinik Dortmund. Zusammen mit einem fünfköpfigen Trainerteam leitet er Deeskalations-Workshops. Darin werden Mitarbeiter der LWL-Klinik im Umgang mit aggressiven Patienten geschult. Denn auch in Krankenhäusern wird das Personal regelmäßig bedroht - vor allem seit den Pandemie-Maßnahmen, so Zahlten: „Die ganzen Einschränkungen bedeuten für viele eine Frustrationsgrenze.“

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Und das mache sich im Klinikalltag bemerkbar: „Das Aggressions- und Gewaltpotential ist klar gestiegen. Es kommt zu Beleidigungen, die unter die Gürtellinie gehen oder zu Drohungen, bis hin zu Morddrohungen“, erzählt Zahlten über seine Erfahrungen mit übergriffigen Patienten. „Wenn sie damit nicht weiter kommen, werden sie auch handgreiflich.“

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Welche Emotionen hinter dem Verhalten stecken, sei oft nicht ersichtlich: Wut, Angst, Trauer? „Das ist wie ein Eisberg“, sagt Zahlten. Hinzu kommt: Viele in die Akutstation eingewiesene Patienten leiden an einer Psychose. Ihre Erstkontakte seien dabei nicht die Ärzte, so Zahlten: „Der erste Angriffspunkt ist der Pfleger. Wir arbeiten an der Front.“ Umso besser kann Zahlten einschätzen, wie sich Betroffene in solchen Situationen deeskalierend verhalten.

Was tun bei Konfrontation mit Maskenmuffeln?

Zwar gebe es keine Zauberformel, wie der Experte klarstellt: „Diese eine Strategie dafür gibt es nicht.“ Aber in den alltäglichen Erfahrungen vieler Menschen lässt sich Vieles berücksichtigen, was er in seinen Workshops vermittelt - auch im Umgang mit Maskenmuffeln wie zum Beispiel in Bahnhöfen oder U-Bahnen. Zahltens Tipp: „Freundlich und mit einem Lächeln erreicht man immer mehr Leute, als mit angespannter Haltung in einer ohnehin schon angespannten Lage.“

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Natürlich könne Zahlten nicht einschätzen, wie der Konflikt in der Idar-Oberhausener Tankstelle verlief. Er rate generell dazu, die jeweilige Situation einzuschätzen: „Man muss gucken, wer einem gegenübersteht“. Und: „Ruhig und gelassen bleiben, Verständnis zeigen.“ Werde das Gegenüber trotzdem aggressiv, bleibe nur noch eine Option, so der Experte: „Rückzug ergreifen und den eigenen Körper schützen.“

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Bevor es eskaliert: Das rät die Polizei

Die Polizei rät davon ab, selbst ein Gespräch zu suchen. Polizeisprecher Gunnar Wortmann erklärt dazu: „Grundsätzlich sollte man sich, wenn man sich gestört fühlt, an die Person wenden, die das Hausrecht in dem entsprechenden Fall ausübt - sprich Bahnbedienstete, Geschäftsinhaber und so weiter.“ Damit sei das eigene Wohlergehen sichergestellt, denn, so Wortmann: „Gerade bei diesem sensiblen Thema kann es heutzutage schnell zu verbalen Meinungsverschiedenheiten kommen. Eine Eskalation zu einer körperlichen Auseinandersetzung ist dabei nicht auszuschließen.“