Schicksalsschlag Fehlgeburt

Trauer um ein Sternenkind: „Warum hat es unser Baby nicht geschafft?“

Wer eine Fehlgeburt durchmachen muss, erlebt extreme Gefühle und eine besondere Trauer. In Dortmund gibt es für Betroffene eine Selbsthilfegruppe, geleitet von zwei Frauen, die selbst Sternenkinder haben.

Dortmund

, 26.06.2022 / Lesedauer: 3 min

In der 15. Schwangerschaftswoche verlor Bianca D. ihr drittes Kind: Emilians Herz hatte aufgehört zu schlagen. Die erste Frage, die der 38-jährigen Dortmunderin nach der schrecklichen Nachricht durch den Kopf schoss: „Warum?“ Wie viele Eltern, die um ein sogenanntes Sternenkind trauern, erhielten sie und ihr Mann Christian darauf keine Antwort.

In den meisten Fällen geht man medizinisch erst nach der dritten aufeinanderfolgenden Fehlgeburt auf Ursachensuche – aber selbst dann bleibt die Frage nach dem Warum in 50 Prozent der Fälle unbeantwortet.

Trauergruppe für Sternenkind-Eltern

Und doch ist es eine Frage, die sich wohl alle Menschen stellen, die ein Kind durch eine Fehlgeburt verloren haben - diese Erfahrung hat auch Birgit Steinhauer gemacht. Sie ist Pfarrerin für Seelsorge und Trauerarbeit im „Gezeiten“, einem Zentrum für Hospiz-, Palliativ- und Trauerbegleitung in Dortmund. Hier gibt es die Trauergruppe „Sternenkinder - Nur ein Hauch von Leben“.

In dem 14-tägigen Gesprächs- und Kontakttreff, immer montags, 19 bis 21.15 Uhr, können sich Eltern, die ihr Kind durch Fehlgeburt, Totgeburt oder in der ersten Lebenszeit verloren haben, austauschen. Hier können sie erleben, dass sie nicht allein mit ihrem Schicksal sind.

Fehlgeburten (medizinisch: Aborte) sind keine Seltenheit. Ungefähr 50 Prozent aller befruchteten Eizellen schaffen es nicht ins Leben. Viele Fehlgeburten finden unbemerkt in den ersten Schwangerschaftswochen statt, noch vor einem positiven Schwangerschaftstest.

Vom positiven Schwangerschaftstest bis zur 12. Schwangerschaftswoche liegt das Risiko einer Fehlgeburt bei etwa 15 Prozent. Danach sinkt das Risiko deutlich: Ab der 12. bis zur 22. Woche liegt es bei 1 bis 2 Prozent.

Frage nach dem Warum bewegt Eltern

Die medizinischen Fakten sind eine Sache, das individuelle Erleben aber eine ganz andere - und dabei spielt die Frage nach dem Warum fast immer eine Rolle, so Birgit Steinhauer: „Warum hat es unser Baby nicht geschafft? Habe ich etwas falsch gemacht in der Schwangerschaft?“ seien Fragen, die viele Frauen mit sich herumtragen und die bei den Gruppentreffen angesprochen werden können.

Zumal die Frage auch ein weiteres Themenfeld berührt: die Angst, in einer erneuten Schwangerschaft wieder ein Kind zu verlieren. Wie groß diese Angst ist, sei sehr verschieden, so Steinhauer: „Es gibt Frauen, die es als natürlichen Weg anerkennen können, dass es einige Babys nicht ins Leben schaffen. Dass es jedes Mal ein Geschenk ist, wenn ein Kind lebend geboren wird.“ Bei anderen dominiere die Angst viel stärker.

Bevor Gedanken an eine erneute Schwangerschaft aufkommen, stehe aber zunächst der Trauerprozess im Vordergrund. Und auch hier eint die Teilnehmer der Gruppentreffen oft eine Erfahrung: Das Umfeld hat mit dem Verlust des Kindes oft schneller abgeschlossen als die Eltern.

Trauer mithilfe der Selbsthilfegruppe verarbeiten

Ein Umstand, der für die Eltern sehr schmerzhaft sein kann - zumal die Irritationen und Gefühle rund um eine zu früh endende Schwangerschaft besonders groß sein können: „Der Ausdruck ,guter Hoffnung sein` drückt sehr gut aus, in welch freudiger, ungeschützter Erwartung Eltern die Nachricht, ihr Kind wächst nicht weiter, trifft.“

Bianca D. verlor ihren Sohn Emilian in der 15. Schwangerschaftswoche. Mittlerweile leitet sie eine Selbsthilfegruppe für Eltern, die ebenfalls eine Fehlgeburt durchmachen mussten. © Schaper

Die Selbsthilfegruppe kann ein Weg sein, die Trauer zu verarbeiten, all die belastenden Gedanken aussprechen zu können, über andere Betroffene Bestätigung zu bekommen.

Dabei hilft auch Bianca D. - eine Weile, nachdem sie ihr Sternenkind

Emilian verloren hatte, entschloss sie sich, in die Selbsthilfegruppe einzusteigen - und leitet diese mittlerweile gemeinsam mit der systemischen Familientherapeutin Gabi Bokermann.

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