„Ich habe keine Lust mehr, mich dem auszusetzen“, sagt Cornelia Niendorf (65). Seit 48 Jahren betreibt sie das Geschäft „Bart ab“ am oberen Westenhellweg, spezialisiert auf Rasierer, Messer, Scheren und die dazugehörige Beratung. In diesem Jahr soll damit Schluss sein.
Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, scheint ein Erlebnis mit einem Kunden gewesen zu sein. „Der war hier, hat sich umfangreich beraten lassen, mit Proberasur und ist dann gegangen.“ Cornelia Niendorf geht davon aus, dass der Kunde danach online das getestete Produkt gekauft habe. Das komme häufiger vor. „Etwas später habe ich dann online eine Bewertung gesehen, dass ich inkompetent sei – nach 48 Jahren! Da habe ich dann aus Frust die Schilder bestellt.“
Die Schilder weisen auf den Räumungsverkauf hin: „Alles muss raus“. Spätestens am 30. November macht Cornelia Niendorf das Geschäft zu.
Keine leichte Entscheidung
Auch, wenn ein konkreter Fall den Anlass gegeben haben mag: besonders gut laufe es bei „Bart ab“ auch insgesamt nicht mehr. Die Probleme am oberen Westenhellweg sind bekannt: wenig Kundenfrequenz durch die Randlage und immer wieder Störungen durch drogenabhängige Menschen, die den nahegelegenen Konsumraum nutzen, auf dem Westenhellweg betteln und teils dort ihre Notdurft verrichten. Das drückt den Umsatz.
Hinzu kommt die Konkurrenz durch den preisgünstigeren Online-Handel und Kunden, die schlechte Rezensionen hinterlassen. Und eben all dem, will sich Cornelia Niendorf nicht mehr aussetzen.

Aber trotz aller Emotionalität und Entschiedenheit: leicht sei dieser Entschluss nicht gewesen. „Das glauben Sie ja wohl! Als die Schilder gekommen sind, hat mein Mann sie im Schaufenster aufgehängt. Ich war da gerade nicht da und als ich wiedergekommen bin und die Schilder gesehen habe, ist es mir erstmal runtergelaufen.“
Unklares Ende
Paradox an allem: „Seit dem ich die Prozente im Schaufenster stehen habe, läuft es wieder etwas“, sagt Cornelia Niendorf. So sehr, dass sie sogar doch noch einmal Ware bestellt habe. „Irgendwas muss ich hier ja machen.“ Aber ständige Rabattaktionen und gegebenenfalls vorher noch die Preise hochsetzen, das wolle Cornelia Niendorf nicht.
Stammkunden von „Bart ab“ seien entsetzt über das Aus des Traditionsgeschäftes – auch, weil es praktisch keine Alternative in Dortmund gebe. Ein großer Elektromarkt schicke Kunden teilweise zu ihr, wenn die gewünschten Rasierer dort nicht vorrätig seien, so Cornelia Niendorf.
Wann genau es mit „Bart ab“ zu Ende gehe, sei noch nicht klar. Dann, wenn ein neuer Mieter für die Räume am Westenhellweg gefunden sei, der sie ablöst, spätestens aber am 30. November, wenn der Vertrag ausläuft.