Arche 90 rettet acht Tiere aus zugemüllter Wohnung in Dortmund „Mit Urin durchtränkt“

Arche 90 rettet acht Tiere aus Huckarder Müll- und Fäkalien-Wohnung
Lesezeit

Ihre Kollegin „war schwer am Würgen“, sie selbst habe bis zum nächsten Tag ein Kratzen im Hals gespürt: Gabi Bayer von der Tierschutzorganisation Arche 90 und eine weitere Ehrenamtliche mussten am Wochenende einiges aushalten, als sie acht Hunde und Katzen aus einer Wohnung in Dortmund-Huckarde holten.

Denn: Die Räume waren nicht nur komplett zugemüllt mit Essensresten, Pizzakartons und dreckiger Wäsche; in der Luft lag auch ein beißender, bestialischer Geruch. „Das Laminat war mit Urin durchtränkt und von Kot bedeckt, der Gestank war unerträglich“, so die engagierte Tierschützerin.

Nachdem man vom Jugendamt informiert worden sei, habe man sich am Samstagvormittag (10.6.) sofort zu zweit auf den Weg nach Huckarde gemacht, erzählt Gabi Bayer im Telefonat mit dieser Redaktion. „Aufgrund der Masse an Tieren“ habe sie dann weitere Unterstützung angefordert.

Vor allem die drei Hunde seien in einem katastrophalen Zustand. Ein sogenannter Rolli-Hund, ab dem Becken gelähmt, habe aufgrund der vielen Fäkalien etliche offene und wunde Stellen. „Sein Fell war komplett von Urin durchzogen, die Krallen waren ins Fleisch eingewachsen“, berichtet sie.

Das Fell des Rolli-Hunds war voller Kot und Urin . Der teilgelähmte Vierbeiner hat viele offene Stellen, die behandelt werden müssen.
Das Fell des Rolli-Hunds war voller Kot und Urin . Der teilgelähmte Vierbeiner hat viele offene Stellen, die behandelt werden müssen. © Arche 90

Stark abgemagerter Bulldogge

Vorgefunden habe man zudem eine bis auf Skelett abgemagerte französische Bulldogge. Der dritte Hund habe möglicherweise einen Tumor am After. Die tierärztliche Diagnose stehe noch aus. „Ernährungstechnisch ist er aber in Ordnung.“

Unter den fünf Katzen, zwei davon „sehr schlank“, sei auch ein Katzenbaby von circa fünf Wochen gewesen. „Die Katzenklos waren nicht von dieser Welt“, so Gabi Bayer. Da Katzen sich putzen würden, seien sie weniger verwahrlost als die Hunde.

Alle Tiere hätten sie zum Tierarzt, zum Baden zum Hundefriseur und anschließend in Pflegestellen gebracht. Der Einsatz dauerte bis in die Abendstunden. „Sobald wir grünes Licht vom Tierarzt haben, fängt die Vermittlung an“, so Gabi Bayer. Die frühere Halterin habe eine Abtrittserklärung unterzeichnet, deshalb seien die Tiere nun Eigentum der Arche 90.

Die Hunde hätten wie selbstverständlich ihre Häufchen in der Wohnung gemacht. „Das muss schon über einen längeren Zeitraum so gelaufen sein“, so Gabi Bayer. Die Halterin habe mitgeteilt, dass sie sich Hilfe gesucht habe. „Viel zu spät“, kritisiert Bayer.

Die Krallen eines Hundes waren zum Teil ins Fleisch eingewachsen.
Die Krallen eines Hundes waren zum Teil ins Fleisch eingewachsen. © Arche 90

Trauriger Alltag in Dortmund

Die Dortmunder Tierschützerin hat schon viel gesehen seit 1990, so lange schon engagiert sie sich bei der Arche 90. Wohnungen wie die in Huckarde seien leider keine Ausnahme. „Das ist in Dortmund trauriger Alltag.“ Eine Erklärung habe sie dafür nicht. „Ich weiß nicht, was im Grundwasser oder in der Luft ist“, sagt Bayer mit deutlichem Sarkasmus in der Stimme.

Und noch etwas sagt sie: „Ich habe Angst vor den Ferien.“ Denn bekanntlich werden dann viele Tiere ausgesetzt oder alleine in der Wohnung gelassen. Doch weder solche Ängste noch Ekelmomente wie am vergangenen Samstag könnten sie davon abhalten, sich weiter zu engagieren. „Viele Tiere brauchen Hilfe und sie haben doch nur uns.“ Da sei ihr Antrieb.

Dieser Hund hat viele offene Stellen am Körper, die sich aufgrund der Fäkalien entzündet haben. Auf dieser Aufnahme sieht man ihm sein großes Leid nicht an.
Dieser Hund hat viele offene Stellen am Körper, die sich aufgrund der Fäkalien entzündet haben. Auf dieser Aufnahme sieht man ihm sein großes Leid nicht an. © Arche 90

Sie habe schon viel erlebt in den über 30 Jahren als Tierschützerin. „Man hat uns Messer vors Gesicht gehalten und sogar als Geisel genommen“, erzählt Gabi Bayer. Auch die Zusammenarbeit mit den Behörden sei nicht immer einfach. „Wenn man Tierschutz wirklich ernsthaft betreibt, steht man schnell mit einem Fuß im Gefängnis.“ Oberstes Ziel sei es aber stets, dass sich Halter freiwillig von ihren unzureichend versorgten und kranken Tieren trennen.

Für den Schutz und die Rettung Dortmunder Tiere brauche die Arche 90 viele helfende Hände, so Bayer. Aktuell suche man ganz dringend weitere Pflegestellen und Einsatzfahrer. Kontakt: Tel. (0231) 875397.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 13. Juni 2023.

Rund 100 Dortmunder Häuser über Stunden ohne Wasser: Langes Warten auf Ersatzversorgung

Brand im Clubhaus trifft Dortmunder Tennisverein hart: „Gerade lief es wieder halbwegs gut“

Im Dortmunder Westen gibt es ein neues Parkhaus: Einfahrt wirft Fragen auf