Vor fünf Monaten kommt es auf der Autobahn 43 bei Witten zu einem schweren Verkehrsunfall. Zu den Verunglückten gehört auch ein Tesla-Angestellter aus Dortmund. Sein rund 80.000 Euro teurer Dienstwagen ist nur noch Schrott. Wenige Tage später wirft Tesla den Mitarbeiter fristlos raus – und das Unglück wird so zum Fall für das Dortmunder Arbeitsgericht.
Bei dem Autobahn-Crash waren am 19. September 2024 drei Pkw, darunter der Tesla, bei hohem Tempo ineinander gekracht. Mehrere Insassen wurden glücklicherweise nur leichtverletzt, Trümmerteile bis auf die Gegenfahrbahn katapultiert. Die Autobahn musste für Stunden gesperrt werden.
Der Tesla-Mitarbeiter hatte am Tag des Unfalls von seinem Arbeitgeber, der „Germany GmbH“ von Tesla-Chef und Multimilliardär Elon Musk, am Auslieferungscenter in Dortmund einen Dienstwagen (Tesla Model S) mit Berliner Kennzeichen übernommen.
Sein Auftrag war es, mit dem Neuwagen zu einer Supercharger-Station nach Wuppertal zu fahren und dort Probefahrten anzubieten. Durch den Unfall auf der A43 kam es nicht dazu.
Knapp drei Wochen später, am 8. Oktober 2024, wurde dem verunglückten Tesla-Mitarbeiter in seinem Betrieb in Dortmund die fristlose Kündigung in die Hand gedrückt.
Zur Begründung des Rauswurfs fuhr Tesla später schweres Geschütz auf. Das Musk-Unternehmen behauptete, der Unglücksfahrer habe sich auf der A43 mit einem anderen Fahrer ein illegales Autorennen geliefert, sei deswegen gerast und habe ein anderes Auto rechts überholt.
Grundlage für die Anschuldigungen seien der ausgewertete Polizeibericht, Telemetriedaten der Blackbox des Unfall-Teslas und Zeugenaussagen.
Tesla-internes Tempolimit 130?
Der Mitarbeiter sei annähernd mit Tempo 200 unterwegs gewesen, argumentierte Tesla. Zwar habe es am Unfallort auf der A43 keine Geschwindigkeitsbegrenzung geherrscht.
Eine Tesla-Betriebsanweisung zur Nutzung von Dienstfahrzeugen regele aber eine Maximalgeschwindigkeit von Tempo 130. Ein entsprechender Aushang der Fahrzeugrichtlinie habe auch im Dortmunder Betrieb des verunglückten Mitarbeiters an der Kaiserstuhlstraße darauf hingewiesen.

Der Tesla-Mitarbeiter und sein Rechtsanwalt halten den Blitzrauswurf hingegen für krass unrechtmäßig. Die genannten Unterstellungen seien geradezu grotesk. „Das hat ja den typisch radikalen Musk-Style. Ganz nach dem Motto: Feuer frei“, empört sich Arbeitsrechtler Hans Reinhardt im Gespräch mit dieser Redaktion.
Dass sein Mandant am fraglichen Tag ein Autorennen gefahren sein soll, sei „völlig absurd und wirklich an den Haaren herbeigezogen“.
Bis heute, so der Marler Anwalt, gebe es für ein illegales Autorennen nicht die geringsten Erkenntnisse. Der Unfall und auch die Schuldfrage seien schlicht noch gar nicht aufgeklärt, das angeblich ausgelesene Tempo 200 könne unmöglich stimmen.
„Offensichtlich ging Tesla bei der Kündigung schlicht die Fantasie durch“, kritisiert Anwalt Hans Reinhardt. Es dränge sich der Verdacht auf, dass für Tesla vordergründig Ärger über den hohen Unfallschaden Motiv für den Blitzrauswurf gewesen sei.
Tesla hat den verunglückten Mitarbeiter aber nicht nur fristlos gekündigt, sondern auch seinerseits verklagt. Vor dem Arbeitsgericht fordert das Musk-Unternehmen Schadenersatz für den total geschrotteten Unfall-Tesla in Höhe von fast 83.000 Euro.
„Das ist wirklich der Gipfel“, so Anwalt Hans Reinhardt. Dafür gebe es überhaupt keine Grundlage. Außerdem habe der Elektroauto-Gigant ja wohl eine Vollkaskoversicherung für seine Dienstwagen.
Einigung scheint schwierig
Demnächst beschäftigt die umstrittene Kündigung das Arbeitsgericht Dortmund. Der Tesla-Mitarbeiter klagt auf Weiterbeschäftigung, außerdem auf Freistellung von der Schadenersatzforderung. Eine zügige Einigung erscheint angesichts der massiv verhärteten Fronten äußerst fraglich.
Der Text ist ursprünglich am 22.2. erschienen.