Terre de Femmes distanziert sich von Veranstaltung in Dortmund Eigene Ortsgruppe hatte sie organisiert

Terre des Femmes distanziert sich von Dortmunder Veranstaltung
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Eine Veranstaltung der Dortmunder Städtegruppe von „Terre des Femmes“ im Dietrich-Keuning-Haus sorgte für reichlich Aufregung: Unter dem Titel „Was ist eine Frau“ wurde dort am 22. November über das Selbstbestimmungsgesetz diskutiert. Anlässlich zum internationalen Tag der Gewalt gegen Frauen am 25. November.

Das Selbstbestimmungsgesetz, das das Leben für trans- und intergeschlechtliche Menschen vereinfachen soll, wird voraussichtlich 2023 umgesetzt werden. Bei der Veranstaltung in Dortmund wurde behauptet, dass dieses Gesetz eine Gefahr für Frauen darstelle.

Bundesgeschäftsstelle distanziert sich

Kritische Stimmen forderten bereits im Vorfeld eine Absage der Veranstaltung. Die Befürchtung, dass die Diskussionsrunde eine Plattform für Hass gegen trans Frauen werden könnte, stand im Raum. Eine Absage gab es nicht, weshalb rund 150 Teilnehmende vor dem Dietrich-Keuning-Haus demonstrierten.

Teilnehmende der Versammlung – darunter auch trans Frauen – berichteten dieser Redaktion von mehreren transfeindlichen Äußerungen, die dort verbreitet worden seien.

Deshalb distanziert sich nun auch die Bundesgeschäftsstelle von Terre des Femmes in Berlin von dieser Veranstaltung. „Als Terre-des-Femmes-Bundesgeschäftsstelle stehen wir nicht hinter den Inhalten dieser Veranstaltung und waren weder an der Planung noch an der Durchführung beteiligt“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Städtegruppe Dortmund habe mit der Diskussionsrunde „Was ist eine Frau“ am 22. November „eigenmächtig agiert“.

Auf Nachfrage erläuterte die Bundesgeschäftsstelle weiter: „Die Auswahl der eingeladenen Podiumsteilnehmerinnen war vollkommen einseitig, es wurde kein Versuch gemacht, eine ausgewogene Debatte zu führen“.

Gespaltene Frauenrechtsorganisation

Die Städtegruppe Dortmund erwidert allerdings, dass Terre des Femmes sich gar nicht von der Veranstaltung distanzieren könne. „Denn die Veranstaltung ist gänzlich von der offiziellen Position des Vereins zu ‚Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht‘ gedeckt“, so die Städtegruppe.

Dutzende Menschen versammelten sich am Dienstagabend (22.11.) vor dem Dietrich-Keuning-Haus, um gegen eine Veranstaltung von "Terre Des Femmes" zu demonstrieren.
Dutzende Menschen versammelten sich am Dienstagabend (22.11.) vor dem Dietrich-Keuning-Haus, um gegen eine Veranstaltung von "Terre Des Femmes" zu demonstrieren. © Alix von Schirp

Das genannte Positionspapier ist der Grund, aus dem es innerhalb von Terre des Femmes aktuell Streit gibt, der sich nun auch in Dortmund widerspiegelt. Der Verein setze sich demnach nur für die Rechte von Frauen ein, die auch als solche geboren worden sind. Eine Definition, die trans Frauen explizit ausschließt.

Drei von fünf Vorstandsfrauen von Terre des Femmes haben sich nach öffentlicher Kritik im August 2022 von diesem Positionspapier distanziert, es wurde dazu von der Webseite des Vereins entfernt. Es bildeten sich zwei Lager: Diejenigen, die hinter dem Positionspapier stehen, und die, die es als diskriminierend gegenüber trans Frauen sehen.

Städtegruppe verteidigt Veranstaltung

Die Dortmunder Städtegruppe zählt zur ersten Gruppe. Das Verhalten der drei Vorstandsfrauen und das Herunternehmen des Positionspapiers komme „einer faktischen Rücknahme der Position zu ‚Transgender‘ gleich“, so die Städtegruppe Dortmund. Für den Teil von Terre des Femmes war das dazu ein Rechtsbruch.

Die Initiative #savetdf wurde gegründet und reichte beim Landgericht Berlin Klage ein. Das Positionspapier sei noch in Kraft und gleichzeitig auch die „Legitimation für die Veranstaltung“ am 22. November gewesen.

„Das geplante Selbstbestimmungsgesetz stellt die Kategorie ‚Frau‘ zur Disposition und rüttelt somit potenziell an den Grundfesten des ureigenen und zentralen Vereinsziels von [Terre des Femmes]: Frauenrechten.“ Die Dortmunder Städtegruppe sehe sich darum auch gezwungen, aktiv zu werden.

„Hassrede, die trans identifizierten Menschen entgegenschlägt“, verurteile man „aufs Schärfste“. Die Diskriminierung von trans Menschen sei nicht das Thema des Abends gewesen. Dennoch müsse „die Basis eines Frauenrechtsvereins […] die Definition von Frauen als Personen weiblichen Geschlechts sein“.

Verein arbeitet für „ALLE Frauen“

Eigentlich ging es für Terre des Femmes am 25. November, am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, um etwas anderes. Eigentlich sei häusliche Gewalt in diesem Jahr das Thema gewesen, heißt es von der Bundesgeschäftsstelle der Frauenrechtsorganisation. Umso verwunderlicher sei der Fokus der Dortmunder Städtegruppe auf das Selbstbestimmungsgesetz bei der Veranstaltung am 22. November, da es nicht mit dem Tag oder den anderen Kernthemen des Vereins wie Frauenhandel oder weibliche Genitalverstümmelung zu tun habe.

Städtegruppen seien „unselbstständige Untergliederungen innerhalb des Vereins“, könnte aber selbstständig agieren. Dabei sollten sie aber laut Bundesgeschäftsstelle die Positionen des Vereins behandeln. Aber genau über die wird eben gestritten.

Ob es Folgen für die Städtegruppe Dortmund geben wird, könne man in Berlin noch nicht sagen: „Über mögliche Konsequenzen wird im Vorstand debattiert, und spätestens bei der nächsten Mitfrauenversammlung wird das auch Thema sein.“ Derweil beabsichtigt die #savetdf-Initiative, zu der die Dortmunder Städtegruppe zugeordnet werden kann, eine außerordentliche Versammlung einzuberufen, um einen neuen Vorstand zu wählen.

In der Bundesgeschäftsstelle von Terre des Femmes hofft man derweil darauf, dass der interne Streit bald gelöst wird und sich der Verein wieder der Arbeit „für ein freies, selbstbestimmtes und gewaltfreies Leben für ALLE Frauen“ widmen kann. Und die beinhaltet, wie man dieser Redaktion mitteilt, auch trans Frauen.

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