Diese Nachricht kam und kommt für viele überraschend: Die Telekom gibt ihr Callcenter an der Lessingstraße im Westviertel auf. Die 250 dort Beschäftigten sollen ab Mai 2023 ihrer Arbeit in Dortmund nachgehen. Das schmeckt nicht allen. Mit einer „aktiven Mittagspause“ protestierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam mit der Gewerkschaft Ver.di gegen die kurzfristig kommunizierte Entscheidung der Telekom. Auch Bürgermeister Christoph Tesche rümpft die Nase – nicht zuletzt deshalb, weil der Konzern die Stadt gar nicht über den Abgang informiert hat.
„Aus verschiedenen Gründen“ sei der Mietvertrag mit dem Eigentümer der Immobilie an der Lessingstraße 49 nicht verlängert worden, teilt ein Sprecher der Telekom auf Nachfrage dieser Redaktion mit. In einer Mitteilung kommentiert die Ver.di-Landesfachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie NRW das folgendermaßen: „Wenn die Telekom Probleme haben sollte, in Recklinghausen andere geeignete Büroflächen anzumieten, sofern sie sich mit dem Vermieter des bisherigen Standortes in der Lessingstraße nicht einigen könnte, stünde die Stadt Recklinghausen mit Rat und Tat beiseite.“ Diese Absicht scheint es aber nicht zu geben: Bürgermeister Christoph Tesche, der die protestierenden Mitarbeiter vor Ort besuchte, teilt mit, dass die Stadt Recklinghausen von der Telekom nicht über diesen Schritt informiert worden sei. „Auf Nachfrage hat man uns keinen Verantwortlichen nennen können, mit dem wir das Gespräch suchen könnten“, so Tesche.
„Kommt teilweise einer Kündigung gleich“
Von der Schließung betroffen seien vielfach Mitarbeiter, die schon mal versetzt worden seien, sagt Bernd Dreisbusch, Ver.di-Bezirksgeschäftsführer Mittleres Ruhrgebiet. Viele seien in der Vergangenheit nach Schließungen von Standorten etwa in Essen oder Münster nach Recklinghausen versetzt worden. „Da sind heute zum Standort Recklinghausen schon erhebliche Wege zurückzulegen. Es kommt teilweise einer Kündigung gleich, wenn der Wohnort jetzt noch weiter entfernt ist.“ Auch er habe erst Ende November von der Standortverlagerung erfahren, so Dreisbusch.
Das trifft natürlich nicht auf sämtliche Telekom-Mitarbeiter zu. So teilt eine Angestellte, die anonym bleiben will, mit, dass sich für einige Kollegen die Fahrtwege zur Arbeit auch verkürzen würden. Die Stimmung sei deshalb nicht bei allen Mitarbeitern schlecht. „Die Standortverlagerung bedeutet nicht für alle eine Verschlechterung“, sagt auch der Telekom-Sprecher. Und: „Soziale Härtefälle gucken wir uns an.“
Ver.di möchte etwas anderes: „Für viele der Kolleginnen und Kollegen liegen andere Konzernstandorte wie z.B. Münster, Essen oder Bochum wesentlich besser erreichbar. Da gibt es an einen führenden Telekommunikationsanbieter die mehr als berechtigte Erwartung, dann die Möglichkeit zu schaffen, von dort aus für die Telekom arbeiten zu können.“

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