
© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Telekom-Haustürgeschäft ohne Corona-Regeln: „Das geht gar nicht“
In Corona-Zeiten
Als Telekom-Mitarbeiter verschafften sich Vertreter unter einem Vorwand Zugang zur Wohnung einer Dortmunder Familie, ohne die Hygieneregeln zu befolgen. Die fühlt sich komplett überrumpelt.
Die Masche ist ebenso fies wie erfolgreich: überrumpeln, Druck machen, zuschlagen. So funktionieren unseriöse Haustürgeschäfte und Betrugsversuche. In Corona-Zeiten kommt noch eine weitere Dimension dazu, nämlich die Ansteckungsgefahr, wenn sich solche Vertreter oder vermeintliche Vertreter Zugang zu Wohnungen verschaffen.
So ist es Judith H. aus Berghofen ergangen. Am 8. Januar klingelten unangekündigte Besucher bei ihr in der Gasenbergstraße, gaben sich als Vertreter der Telekom aus und forderten Einlass. Wegen des neuen High Speed Internets müssten sie einen Blick auf den Router werfen.

Unter dem Vorwand, den Router kontrollieren zu müssen, verschaffte sich eine Vertreterin Zugang zu einer Privatwohnung. © Peter Bandermann
Die Vertreter trugen „seriös wirkende Arbeitskleidung“ mit einem Telekom-Logo, so die Berghoferin. Einen Ausweis hat sich die Gymnasiallehrerin nicht zeigen lassen. „Ich weiß nicht, wie der aussehen muss, deshalb hätte mir das nichts genutzt.“ So ein Ausweis könne schnell gefälscht werden.
Corona-Hinweise werden nicht ernst genommen
„Mein Protest wegen der Corona-Kontaktbeschränkungen und mein Verweis darauf, dass ich kein Verkaufsgespräch führen möchte, wurden nicht berücksichtigt, sondern weiter auf die Notwendigkeit des Betretens des Hauses gepocht“, so Judith H.
Von der Situation überrumpelt, ließ sie die Vertreterin schließlich ins Haus, wo sich herausstellte, dass es sich doch um ein reines Verkaufsgespräch handelte und es keinesfalls notwendig war, das Gerät zu sichten. Es gäbe nur noch wenige Plätze für das schnelle Internet, deshalb solle sie sich schnell entscheiden, machte die Vertreterin Druck.
Was Judith H. besonders ärgert: Die Außendienstlerin habe ihren Mund-Nasen-Schutz unterhalb der Nase getragen und damit die Schutzfunktion unterlaufen. „Das geht gar nicht. Ich bin Risiko-Patientin, da brauche ich keine Fremden mit Maske unter der Nase in meiner Wohnung“, empört sie sich.
„Ich finde es allgemein unmöglich, dass Vertreter der Telekom im Lockdown von Haus zu Haus gehen. Dass hierbei, um ins Haus zu gelangen, falsche Tatsachen vorgespielt werden, halte ich für skandalös.“ Sie hat eine Beschwerde an die Telekom geschrieben.
In Internet-Foren findet man etliche Einträge, die ähnliche unerfreuliche Erlebnisse schildern. Die Telekom weist dort darauf hin, dass in solchen Fällen zunächst zu klären sei, ob es sich tatsächlich um Mitarbeiter handelt, die im Auftrag der Telekom unterwegs sind oder um Betrüger, die sich als Telekom-Mitarbeiter ausgeben.
Vertragsabschluss stand im Vordergrund
Im Fall der Berghoferin ist eigentlich ersteres wahrscheinlich, denn es ging bei der gesamten Aktion um den Abschluss eines Telekom-Vertrags. Die Deutsche Telekom bestätigt auf Nachfrage, dass im Januar Kundenberater ihres Vertriebspartners in Dortmund unterwegs waren.
Die Mitarbeiter der Ranger Marketing & Vertriebs GmbH seien aber ausschließlich am Montag (11.1.) im Einsatz gewesen, nicht an besagtem Freitag (8.1.), betont Pressesprecher Georg-Stephen McKinney. „Wir vertrauen da unserem Kooperationspartner.“
Stellt sich die Frage, wer dann am 8. Januar versucht haben könnte, Verträge für die Telekom abzuschließen.
Wäre es nachweislich eine Ranger-Mitarbeiterin gewesen – was McKinney ausschließt – hätte das Konsequenzen gehabt. Der Pressesprecher schreibt von direkten und „gezielten Maßnahmen – gegebenenfalls bis hin zur Suspendierung“. Selbstverständlich gelte ein strenges Hygienekonzept. „Ein ,ungebetener Zutritt‘ gehört klarer Weise nicht zur Kundenansprache.“
Zum generellen Hygienekonzept schreibt der Telekom-Sprecher: „Zusätzlich zu den allgemeinen AHA-Regeln, gelten aktuell diese strengen Hygienevorschriften“
- Die Beratung kann nur vor der Haustüre in einer 1 zu 1 Situation erfolgen.
- Der Mitarbeiter muss einen Mindestabstand von zwei Metern zum Gesprächspartner einhalten.
- Der Mitarbeiter muss einen Mund-Nasen-Schutz tragen und soll den Gesprächspartner ebenfalls darum bitten.
- Alle Beratungsunterlagen und das technische Equipment müssen vor der Beratung vom Mitarbeiter desinfiziert werden
Telekom steht vor Herausforderungen
Die Covid-19-Pandemie sei für die Direktvermarkter der Telekom eine extreme Herausforderung. Weil mehr Menschen im Homeoffice arbeiten, sei die Nachfrage nach reibungslos funktionierenden Homeoffice-Lösungen deutlich gestiegen.
„Wir möchten weiterhin Service und Beratung vor Ort gewährleisten und unter anderem auch damit zu einem funktionierenden Homeoffice beitragen.“ Alle Mitarbeiter seien angehalten, die strengen Hygienevorschriften einzuhalten.
Die Maßnahmen würden fortlaufend überprüft und wenn notwendig, an die sich verändernde Situation angepasst. Wichtig sei dabei: Corona-Hotspots (7-Tage-Inzidenz >200) sind entsprechend für den Direktvertrieb gesperrt.
Das alles klingt gut und vernünftig. Bleibt aber die Frage, ob all diese Regelungen auch vor Ort eingehalten werden und die Einsätze der Vertriebler wirklich nahtlos nachvollziehbar sind.
Daran lassen sich echte Mitarbeiter erkennen
- Grundsätzlich tragen alle autorisierten Außendienstler einen Ausweis - offen, in Brusthöhe sichtbar, sowie
- ein Autorisierungsschreiben, das auf die Hotline (Autorisierungshotline 0800-8266347) verweist. Die Kollegen beantworten dort Anfragen zu einzelnen Mitarbeitern bzw. prüfen und bestätigen, dass dieser Mitarbeiter im Auftrag der Telekom vermarktet.
- Die Kleidung: Üblicherweise tragen die Vertriebsmitarbeiter zum Beispiel graue bzw. magentafarbene Hemden und schwarze Jacken mit T(elekom)-Logo.
Vorfälle wie den in Berghofen erklärt Georg-Stephen McKinney mit betrügerischen Machenschaften, bei denen sich falsche Mitarbeiter Zutritt zu den Wohnräumen der Kunden zu verschaffen versuchten. Es bleibt allerdings offen, zu welchem Zweck das in der Gasenbergstraße geschehen sein sollte, wo nichts gestohlen wurde.
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
