Das 580-Millionen-Portfolio So groß ist das Immobilien-Netz der Unternehmerfamilie Heinig

Klammheimlich zum Immobilienstar: Die Grundstücke der Familie Heinig
Lesezeit

Abends auf der A40, kurz vor der Ausfahrt zur Dortmunder Universität. Ein Blick nach links – und da steht es: Ein Gebäude mit dem Schriftzug „Inhouse“ strahlt lila. Der erste Blick auf das unscheinbare Gebäude täuscht. Entscheidend ist, was innerhalb dieser Wände besprochen wird. In den vergangenen Jahren wurde hier über die Zukunft vieler Grundstücke und Immobilien in Dortmund entschieden.

Blick auf ein Gebäude in der Kampstraße 102 in Dortmund, das die Familie Heinig besitzt.
In der Kampstraße 102, direkt in der Innenstadt in Dortmund, besitzt die Familie Heinig eine Gewerbeimmobilie. Dort ist im Erdgeschoss Tedi-Filiale angesiedelt. Die Räume darüber hat Familie Heinig an die Hotelkette NYCE vermietet. © Dennis Pesch

Die Rosemeyerstraße 14 ist der Sitz fast aller Immobiliengesellschaften des Tedi-Mutterkonzerns, der BH Holding GmbH. Während Marken wie Tedi und Woolworth europaweit bekannt sind, weiß kaum jemand die Konzernnamen, unter dem Tedi-Gründer Stefan Heinig und sein Sohn Benjamin ihre Geschäfte sammeln. Die Tedi-Eigner sind schweigsame Familienunternehmer mit einem riesigen Firmengeflecht.

Das Stammkapital der BH Holding GmbH hält Benjamin Heinig. Er ist alleiniger Gesellschafter des Tedi-Mutterkonzerns. Neben der BH Holding gibt es noch das Family Office, die HH Holding GmbH. In dieser organisieren Stefan und Benjamin Heinig ihr Vermögen und ihre Unternehmensbeteiligungen. Hier ist Stefan Heinig der Gesellschafter.

Familie Heinig wird zum Vermieter

Die Immobiliengeschäfte des Familienunternehmens sind bedeutend für Dortmunder Firmen und private Mieter. Zum Portfolio des Tedi-Mutterkonzerns gehören dutzende Gewerbe- und Wohnimmobilien in Dortmund, darunter auch die Tull-Villa am Phoenix-See, deren Abriss nun geplant ist. In der Innenstadt vermietet das Unternehmen an namhafte Dienstleister wie die Targobank, besitzt auf dem Westenhellweg riesige Gebäude. Die Familie Heinig ist unbemerkt von der Öffentlichkeit zu einem großen Vermieter in Dortmund geworden.

Die Informationen stammen aus den Bilanzen des Tedi-Mutterkonzerns der vergangenen Geschäftsjahre. Stefan Heinig und Benjamin Heinig haben laut der letzten veröffentlichen Bilanz für das Geschäftsjahr 2022/2023 über 97 Immobiliengesellschaften gegründet. Noch im Geschäftsjahr 2016/2017 besaßen sie acht Immobiliengesellschaften. Das ist ein Wachstum von über 500 Prozent in sieben Geschäftsjahren.

Unter die 97 Immobiliengesellschaften fallen auch Immobilien in anderen Städten wie Gelsenkirchen, Unna, Lünen, Oberhausen und Berlin. Das Familienunternehmen hat sogar Immobilienunternehmen in US-Städten wie Miami, Phoenix oder Houston. Außerdem sind in der BH Holding auch Entwicklungsfirmen für Immobilien organisiert. Das Unternehmen lässt also auch selbst Gebäude bauen. Die genauen Adressen der Immobilien hat unsere Redaktion auch über aktuelle Grundbuchauszüge abgleichen können.

Kein Geheimnis in der Wirtschaft

Das Immobilien-Portfolio erstreckt sich über große Teile Dortmunds. Verantwortlich für das Geschäft ist nach Informationen unserer Redaktion maßgeblich Benjamin Heinig. In der Dortmunder Wirtschaft sind die Immobiliengeschäfte der Familie ein offenes Geheimnis. Niemand aber möchte etwas dazu sagen. Auch die Unternehmerfamilie hat unserer Redaktion mitgeteilt, dass sie darüber nicht sprechen möchte.

Blick auf die Targobank-Filiale am Westenhellweg in Dortmund, die auch von Familie Heinig vermietet wird.
Auch an die Targobank vermietet der Tedi-Mutterkonzern seine Immobilien. Die Filiale liegt mitten in der Innenstadt am Westenhellweg. © Dennis Pesch

Fernab dieser Kreise ist den Dortmunder Bürgern nicht bekannt, wie groß das Immobiliennetz ist. Dem Tedi-Imperium gehören mittlerweile über 85.300 Quadratmeter an Fläche. Mindestens 49 Grundstücke befinden sich in deren Hand, die teils auch über mehrere Hausnummern reichen. Die Immobilien organisiert die Familie in einem Firmengeflecht aus GmbHs. In der Innenstadt am Westenhellweg 94, wo die Targobank sitzt, heißt die GmbH etwa „H.H. Objekt Potgasse 1/Westenhellweg 94 Dortmund“.

Diese GmbHs werden in der BH Holding bilanziert. Darunter sind auch GmbHs, die nach Projektnamen benannt sind wie „H. H. Kirchhörde Projekt 1“. Auch an solchen Standorten stehen teilweise bereits fertige Immobilien oder befinden sich im Bau. In der Vergangenheit hat die Familie solche Projekt-GmbHs später auch mal in die dazugehörigen Straßennamen umbenannt, wenn sie etwa Bauprojekte abgeschlossen oder neue Grundstücke gekauft hat.

Bilanzwert von 580 Millionen Euro

Den Wert des Immobilienportfolios der BH Holding beziffert das Unternehmen selbst in seiner aktuellsten Bilanz aus dem Geschäftsjahr 2022/2023: „Des Weiteren vergrößerte sich das Immobilienportfolio der Unternehmensgruppe durch die Gründung von sechs weiteren Immobiliengesellschaften auf nunmehr 97 Gesellschaften, bei denen nun insgesamt Grundstücke und Gebäude in Höhe von 581,1 Millionen Euro bilanziert sind.“ Dazu zählen allerdings auch die Immobilien außerhalb Dortmunds.

Blick auf die Aldi-Filiale gegenüber der alten Hoesch-Zentrale in Dortmund, die die Familie Heinig an den Discounter vermietet.
An der Joachimstraße 2, gegenüber der alten Hoesch-Zentrale, vermietet die BH Holding GmbH über 10.100 Quadratmeter Fläche an Aldi, dm und andere Unternehmen, die dort Filialen betreiben. © Dennis Pesch

Es lässt sich aber nicht genau sagen, wie wertvoll das Portfolio derzeit wirklich ist. Denn besonders Gewerbeimmobilien haben in den vergangenen zwei Jahren an Wert verloren. Wegen der hohen Inflation erhöhte die Europäische Zentralbank in mehreren Schritten seit 2022 die Leitzinsen und minderte damit auch die Nachfrage nach Immobilien. Das führte zu einer erheblichen Abwertung von Immobilien und sogar zu existenziellen Krisen bei Immobilienentwicklern.

An den unserer Redaktion bekannten Immobilien lässt sich zudem ablesen, dass das Familienunternehmen vor allem in der Innenstadt bis hinunter in den Dortmunder Süden investiert. Fast keine Grundstücke liegen im Dortmunder Norden. Über den Dortmunder Norden ist bekannt, dass dort deutlich mehr verschuldete Einwohner leben als im Süden. Im Süden leben die wohlhabenderen Dortmunder und in der Innenstadt kann Familie Heinig hohe Renditen mit Mieteinnahmen im Gewerbe erzielen. Genau in diesen beiden Gegenden investiert der Tedi-Mutterkonzern seit Jahren enorm.

Zum Thema

Haben Sie Hinweise? Schreiben Sie uns!

Viele Missstände in Behörden, Firmen und Vereinen bleiben unentdeckt, weil sich niemand an die Öffentlichkeit traut. Das wollen wir ändern, mit einem

anonymen Briefkasten.

In diesem Briefkasten können Sie uns Ihre Hinweise und Informationen zukommen lassen. Sie können geheime Dokumente, Verträge, Fotos und Videos, die auf Missstände aufmerksam machen, hier hochladen. Wir werden Ihren Anregungen nachgehen. Dabei behandeln wir Ihre Informationen und Dokumente absolut vertraulich.

Wir behandeln Ihre Informationen und Dokumente absolut vertraulich. Der Schutz unserer Quellen hat für uns höchste Priorität. Wenn Sie möchten, dass wir Sie für Rückfragen kontaktieren können, tragen Sie ihre Mail-Adresse oder ihre Telefonnummer in das Formular ein.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 19. August 2024.