
© Susanne Riese
Syburg – der vergessene Stadtteil: „Hier geht alles den Bach runter“
Abgehängt
Burgruine, Kaiser-Wilhelm-Denkmal, Spielbank und Hengsteysee machen den Dortmunder Stadtteil Syburg zu einem beliebten Ausflugsziel. Die Bewohner aber fühlen sich vergessen und abgehängt.
Die Hohensyburg thront weithin sichtbar über dem Hengsteysee am Ruhrsteilhang. Sie machte gemeinsam mit dem 1902 enthüllten Kaiser-Wilhelm-Denkmal Syburg zu einem Ausflugsziel für Dortmunder und Auswärtige. Einst war die Syburg ein solcher Top-Spot, das zwischen 1903 und 1915 sogar eine Seilbahn zur Burgruine und zum Kaiserdenkmal hinaufführte.
Entsprechend war der Ortsteil durch reichlich Restaurants, Hotels und Cafés auf Gäste eingestellt. Doch von dem alten Glanz ist wenig geblieben. Heute ist Syburg ein idyllischer aber verschlafener Teil Dortmunds, der den rund 1400 Bewohnern wenig bietet.
„Syburg ist ein vergessener und vernachlässigter Vorort“, sagt eine Bewohnerin, die seit 85 Jahren dort wohnt. „Es gibt keine Lebensmittelgeschäfte, nicht einmal ein Büdchen.“ Auch im Nachbarstadtteil Buchholz sei kein Laden.

Das Traditionsrestaurant Alt Syburg ist verwaist. Der Biergarten ist halb zugewuchert. © Susanne Riese
Das sei einmal anders gewesen, sagt die 85-Jährige. „Es gab hier vier Bäckereien, sogar während des Krieges, und jede Menge Restaurants.“ So ist es auch noch bei Wikipedia zu lesen: „In Syburg findet sich eine reichhaltige Auswahl gastronomischer Betriebe...“
Diese Angaben sind veraltet, denn viele Traditions-Betriebe wie Haus Weitkamp, Alt Syburg oder das Landhaus Syburg sind geschlossen. „Und wenn die Lokale alle zu sind, dann kommt keiner mehr“, sagt die Anwohnerin, die nicht namentlich genannt werden möchte. „Sogar die Kirmes haben sie uns weggenommen.“

Der Biergarten von Alt Syburg liegt verlassen. © Susanne Riese
Sie selbst muss zum Einkaufen mit dem Bus nach Lücklemberg oder zum Höchsten fahren. „Für viele Erledigungen muss ich meine Kinder einspannen.“ Gerade für ältere Menschen seien die langen Wege schwierig zu bewältigen. „Wir müssen uns alles bringen lassen.“
Eine Herausforderung sei auch die Strecke zum Syburger Friedhof, vor allem seitdem eine durch die Bezirksvertretung Hörde ermöglichte Sitzbank zerstört worden ist.
Ohne Auto sind die Bürger aufgeschmissen
Adelheid Waldminghaus (83), ebenfalls eine alteingesessene Syburgerin, bestätigt die traurigen Verhältnisse in Syburg. Seit 60 Jahren lebt sie im Stadtteil. Seit sie nicht mehr selbst Auto fährt, sei das Leben vor allem wegen der fehlenden Nahversorgung schwierig geworden.

Inzwischen ist auch das Bürgerhaus geschlossen. © Susanne Riese
Sehr vermisse sie auch das Restaurant Alt Syburg, dass nach dem Tod des Wirtes im Dezember geschlossen ist. „Da gingen auch die Syburger gern mal essen“, sagt die 83-Jährige. „Man traf dort immer jemanden.“
Das Landhaus Syburg ist schon lange dicht, die Stadt nutzt es zwischenzeitlich zur Unterbringung von Geflüchteten. Bleibt noch das Eventhaus an der großen Kreuzung Hohensyburgstraße/Westhofener Straße. Doch das öffnet nur punktuell für Hochzeiten oder große Feiern.
Das alt bekannte Haus Weitkamp unten an der Syburger Dorfstraße ist seit längerem geschlossen. Dort war einst die Talstation der alten Standseilbahn. Wo damals die Bergstation die Ausflugsgäste aussteigen ließ, steht heute das Casino. Und auch dort bleibt das bekannteste Gastronomie-Angebot, das Restaurant Palmgarden, auf noch unbekannte Zeit geschlossen.

Das „Sunshine" am Fuße der Hohensyburgstraße gehört zu den wenigen verbliebenen Gastronomiebetrieben in Syburg. © Susanne Riese
Nur das Hotel und Restaurant Sunshine und das italienische Ristorante Rilasso, das einen zweiten Standort in Aplerbeck hat, sind übrig geblieben von der alten Restaurantmeile am Casino-Berg. In der Spielbank selbst gibt es noch das À-la-carte-Restaurant Syght. Zu erwähnen ist außerdem noch das jüngere Road Stop weiter unten an der Ecke Hengsteystraße auf dem Weg zu den Serpentinen - ein Motel und beliebter Treff für Motorradfahrer.
Ort für Veranstaltungen und Bürgertreffs fehlt
Das Bürgerhaus im Ortskern, ehemals evangelisches Gemeindehaus und seit 2006 Veranstaltungsort und Treffpunkt für Syburger Bürger, ist inzwischen auch geschlossen, und das ohne Aussicht auf Wiederöffnung, wie die Syburger erzählen.
Frustriert fasst Adelheid Waldminghaus zusammen: „In Syburg geht alles den Bach runter.“
Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
