Die grenzenlose Tierliebe der Dortmunder Gynäkologin und Auswanderin Sybille Morch fasziniert Menschen in aller Welt. Ihre Geschichte von Pippilotta ist Gänsehaut pur.
Fast 170.000 Menschen in aller Welt begeistert die grenzenlose Tierliebe der ehemaligen Oberärztin am Evangelischen Krankenhaus Castrop-Rauxel. Sie folgen ihr auf Instagram und warten beinahe sehnsüchtig darauf, dass die 52-Jährige täglich neue Reels und Videos auf ihrem Account „My.disabled.hairy.friends“ veröffentlicht. Unter ihren Fans sind sogar ganze Schulklassen.
Mehrere Zehntausend Aufrufe hat jeder Beitrag von Sybille Morch. „Du bist der Engel für alle diese Hunde“, „Du bist ein Held und ein Wundertäter. Die Welt braucht mehr Menschen wie dich“ oder „Respekt an dich, es tut gut, so wunderbare Menschen wie dich zu erleben“ – so und ähnlich lauten die anerkennenden Worte aus aller Welt für Sybille Morch.
Besonders groß war in den vergangenen Monaten die weltweite Anteilnahme am Schicksal von Hündin Pippilotta. Menschen auf allen Kontinenten haben mit gebangt und mitgefiebert, haben Sybille Morch Herzchen sowie aufmunternde und besorgte Nachrichten geschickt.
Pippilottas Geschichte grenzt tatsächlich an ein Wunder, sie ist gleichermaßen wunderschön und todtraurig. Sie hat zwei Happyends, erzählt aber auch von schmerzhaften Momenten: „Mir wurde das Herz gebrochen“, sagt Sybille Morch nicht nur einmal. Zusammen mit ihr erlebten ihre Followerinnen und Follower ein Wechselbad der Gefühle.
Pippilotta ist vier oder fünf Monate alt, als Einheimische sie schwerverletzt und traumatisiert in einem Straßengraben neben einem Gemüsestand finden. Vermutlich liegt sie bereits zwei oder drei Tage im Dreck. Die Einheimischen informieren Sybille Morch, die auf der thailändischen Insel als Hunderetterin mittlerweile sehr bekannt ist. „Wahrscheinlich wurde Pippi geschlagen oder getreten. Man hat sie zum Sterben zurückgelassen“, so die gebürtige Dortmunderin.
Pippis Prognose ist das Gegenteil von gut: Sybille Morch vermutet eine schwere Gehirnverletzung. Die Hündin kann ihre Vorderbeine nicht bewegen und ihren Kopf nicht heben. Bei jeder Berührung schreit sie vor Schmerz und Angst. „Ihr schrecklicher Zustand brach mir das Herz“, berichtet Sybille Morch später gegenüber dieser Redaktion. Beim Tierarzt habe man Frakturen und innere Blutungen ausschließen, aber sonst nichts für Pippilotta tun können. Deshalb habe sie sie mit nach Hause genommen, so Sybille Morch.
Viele Zweifel hätten sie in den ersten Tagen beschlichen: „Ich war mir nicht sicher, ob ich das Richtige tue, diesen Hund am Leben zu erhalten.“ Drei Tage frisst und trinkt Pippilotta nichts, liegt nur apathisch und zitternd auf ihrer Decke. Besonders hart sind die Nächte, denn Pippilotta schreit permanent, an Schlaf ist für die 52-Jährige nicht zu denken. Das Leid der kleinen Hündin rührt viele Menschen zu Tränen, wohl für kaum ein anderes Tier werden weltweit so viele Genesungs-Daumen gedrückt.
Doch wie so oft im Leben folgt auf Regen Sonnenschein, in diesem Fall wedelt Pippilotta nach drei Tagen zwischen Leben und Tod erstmals mit ihrem kleinen Schwanz. In diesem Moment nimmt die junge Hündin ihren Überlebenskampf auf. Sybille Morch gibt ihr den Namen des „stärksten und mutigsten Mädchen der Welt“: Pippi Langstrumpf. „Als sie endlich ihren ersten Hähnchenbissen nahm, fühlte ich ein überwältigendes Gefühl der Erleichterung. Ich habe angefangen, sie zu stimulieren und auf jede erdenkliche Weise zu unterstützen.“
Die Hündin kommt immer mehr zu Kräften, ihr Gesundheitszustand stabilisiert sich, und Sybille Morch beginnt mit dem täglichen Training. Denn Pippilotta kann weiterhin nicht laufen, ihre Vorderbeine sind nach wie vor steif und zeigen nach hinten. Sybille Morch massiert und mobilisiert mehrfach täglich ihr neues Sorgenkind, schließlich stellen sich die ersten Erfolge ein. Die kleine Kämpferin richtet sich von alleine auf und stakst unsicher durch den Garten. Anfangs kann sie sich nur wenige Sekunden auf allen vier Beinen halten. „Als sie ihre ersten Schritte machte, platzte mein Herz vor Freude“, so Sybille Morch rückblickend.
Wochen später kann sie Videos posten, mit denen wohl kaum einer ihrer Follower in dieser Form gerechnet ha. Sie zeigen Pippilotta als übermütige und fröhliche Strandläuferin. Spielend mit einigen der Rollstuhl-Hunde oder nach Krabben grabend, während ihre lange Schnauze immer tiefer im Sand verschwindet. Dann wieder Nahaufnahmen im Dauerlauf: Fast hat es den Eindruck, als grinst Pippilotta in die Kamera, als möchte sie sagen: „Schaut her, ich habe es geschafft.“ Oder als wolle sie Sybille Morchs Credo bestätigen: „Es geht um Hoffnung, Liebe und niemals aufgeben.“
Nicht erst in diesem Moment werden sich viele Menschen in die verspielte, manchmal auch etwas freche Hündin verliebt haben. In den langbeinigen, kurzhaarigen beigefarbenen Vierbeiner mit den übergroßen, vom Winde verwehten Stehohren, dem ständig wedelnden Schwanz und den dunklen Augen, die Herzen schmelzen lassen können. Sybille Morch formuliert es so: „Pippi erfüllt jedes Herz, das sie berührt, mit Liebe.“ Sie könne gar nicht dankbar genug sein, dass „kein Überbleibsel von ihrem schweren Schädel-Hirn-Trauma übriggeblieben ist“.
Die Reaktionen in den sozialen Medien sind wieder überschwänglich: „Vielen Dank, dass Sie diesem kleinen Mädchen geholfen und es gerettet haben“, „Die Schreie dieses armen Mädchens rissen mir das Herz heraus, ich bin so glücklich, dass du sie rechtzeitig gefunden hast. Ich musste viel weinen“, „Ich danke dir für deine Geduld und dein liebevolles Herz. Ich bin so froh, dass dieser süße Hund wieder laufen kann“.
Auf die kollektive Erleichterung über Pippilottas vollständige Genesung folgt schließlich der kollektive Schock: Denn Sybille Morchs riesige Fan-Gemeinde muss erfahren, dass Pippilotta nicht dauerhaft bei ihrer Retterin bleiben wird. „Ich kann sie nicht behalten, da alle meine behinderten Hunde meine volle Aufmerksamkeit und Fürsorge brauchen. Ich brauche zudem Kapazitäten, wieder einem anderen Hund in Not helfen zu können“, teilt Sybille Morch auf Instagram mit. Eine Entscheidung, die ihr alles andere als leicht fällt, denn zwischen den beiden hat sich eine enge Bindung entwickelt: „Ich werde sie sehr vermissen und Tränen vergießen.“
Die Dortmunderin leitet schweren Herzens ein Adoptionsverfahren über eine Tierschutzorganisation ein. Schließlich steht fest: Pippilottas neue Heimat wird Irland sein, wo eine liebevolle Adoptivfamilie auf sie wartet. Die Hündin wird vorschriftsmäßig geimpft und gechippt, nichtsahnend, dass ihre Tage im thailändischen Paradies gezählt sind. Die letzten Spieleinheiten mit ihrer besten Freundin Grace, der tränenreiche Abschied am Auto, diese in Videos festgehaltenen Momente sind Gänsehaut pur. Und noch einmal bangen Menschen weltweit um Pippilotta. Wird sie den langen Flug gut überstehen? Wird sie in gute Hände kommen?
Sybille Morch würde ihren kleinen Schützling gerne im Flugzeug begleiten, was ihr die Fluggesellschaft aber verwehrt. Sie legt Pippilotta noch ein T-Shirt, das sie 24 Stunden getragen hat, in ihre Transport-Box, damit sie wenigstens ein vertrauter Geruch begleitet. Dann tritt Pippilotta die lange Flugreise an.
Es dauert einige Tage, bis alle Pippi-Fans aufatmen können und feststeht: Die Hündin ist wohlbehalten in Irland angekommen. Am Flughafen in Bangkok musste sie lange beim Tierarzt verweilen. Dann die große Überraschung: Sybille Morch ist parallel nach Irland geflogen und nimmt ihre Pippi am Flughafen in Dublin entgegen. Die Kleine ist allerdings so traumatisiert und verstört, dass sie ihre Retterin am Flughafen zunächst nicht erkennt. Die Erwartung, dass Pippi ihr in die Arme springt, erfüllt sich nicht. Noch einmal wird Sybille Morchs Herz gebrochen.
Doch am Ende ist alles gut. Pippilotta wird im deutlich kälteren Irland schnell heimisch und fühlt sich in ihrer neuen Familie „pudelwohl“. Auch Sybille Morch ist glücklich: „Die Familie ist großartig und perfekt für Pippilotta.“ Das zweite Happyend für sie und Pippilotta. Beruhigt fliegt die Dortmunderin nach einem Kurzurlaub zurück zu ihren 25 Hunden in Thailand, um die sich während ihrer Abwesenheit gute Freunde gekümmert haben.
Viele Fotos von Pippilotta unter www.RN.de/dortmund