Bleibt eine grüne City nur eine Vision, Stefan Szuggat? Planungsdezernent sieht große Probleme

Suche nach „Weg der Zukunft“ für die Kampstraße
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Eigentlich sollten längst die Bauleute das Sagen haben am „Boulevard Kampstraße“. Doch bei dem Millionenprojekt tauchen immer wieder Fragen auf, die auch den neuen Planungsdezernenten Stefan Szuggat beschäftigen. Wir sprachen mit ihm über City-Entwicklung und „Boulevard“-Sorgen.

Thema City. Hier gibt es ja gleich mehrere Baustellen im übertragenen Sinne. Es soll ein Citymanagement eingerichtet werden. Wann ist damit zu rechnen?

Wir haben das Citymanagement ausgeschrieben, der Vorgang läuft. Wir wissen, dass wir in diesem Jahr damit nicht mehr starten können und den Arbeitsbeginn auf 2024 verschieben müssen.

Das Citymanagement kann erst 2024 starten, kündigt Planungsdezernent Stefan Szuggat an.
Das Citymanagement kann erst 2024 starten, kündigt Planungsdezernent Stefan Szuggat an. © Oliver Schaper

Was kann oder darf das Citymanagement leisten?

Das Citymanagement wurde dazu ausgeschrieben, uns bei der Umsetzung der Projekte, der strategischen Konzepte, die wir aufgestellt haben, zu helfen. Dazu gehören etwa die neuen Quartiersprofile in der Innenstadt. Es geht darum, Vernetzungsarbeit zu betreiben, auch Private in der Innenstadt mit Initiativen zu unterstützen. Es gibt den Verfügungsfonds, den wir eingerichtet haben, um bestimmte Maßnahmen gemeinsam mit Privaten umzusetzen. Ziel ist, dass wir das Citymanagement dauerhaft in der Stadt etablieren wollen.

Welche Kompetenzen wird denn das Citymanagment haben?

Wir haben ja in der Stadt viele Akteure, die sich mit der Innenstadt beschäftigen. Dazu zählen viele unterschiedliche Ämter mit ihren Zuständigkeiten. Es existiert eine Interessenvertretung innerhalb der Innenstadt, der City-Ring und eine gemeinsame City-Marketing mbH, die CMG. Der Oberbürgermeister hat eine Cityrunde etabliert, in der regelmäßig viele Vertreterinnen und Vertreter zusammenkommen.

Es geht um ein gemeinschaftliches Agieren. Wir erwarten, dass ein solches Citymanagement Ansprechpartner ist für die Eigentümer, für die Ansässigen vor Ort und uns bei den Maßnahmen operativ unterstützt. Dazu gehört eine gewisse Selbstständigkeit, aber natürlich haben wir als Verwaltung die strategische Verantwortung.

Mehr Grün in der City

Schauen wir mal auf einzelne Planungen. Es gibt ein Szenario des Umweltamtes für mehr Grün in der City mit sehr schönen Ansichten etwa vom Hansaplatz oder vom Platz der Alten Synagoge mit grünen Fassaden. Wie realistisch ist das?

Es ist erst einmal eine Vision gewesen, ein Konzept, das eine konsequente Durchgrünung in der Stadt einmal visualisieren und die potenziellen Auswirkungen für eine Hitzestressverminderung darstellen sollte. Die Maßnahmen sind dann im Einzelnen auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen und zu entwickeln. Wir haben mit den Quartiersprofilen diese Durchgrünungsideen mit aufgenommen.

Aber wir befinden uns in der Innenstadt in einem Stadtraum, der unterirdisch im Grunde genommen voll verbaut ist. Es gibt überall Leitungen, es gibt die unterflurgeführte Stadtbahn, die nur mit einem Meter Deckungsaufbau nicht nur unterhalb der Kampstraße fährt. Das macht es außerordentlich schwierig, beispielsweise Begrünung und vor allem Baumpflanzungen mit Bodenanschluss anzulegen.

Ideen für eine grüne City hat das städtische Umweltamt vorgelegt.
Ideen für eine grüne City hat das städtische Umweltamt vorgelegt. © Umweltamt

Sie haben das Stichwort Kampstraße geliefert. Wenn man über mehr Grün in der City spricht, sind dann Pläne für ein mehrere Meter breites Pflasterband, wie sie die 25 Jahre alten Pläne des Architekturbüros Fritschi und Stahl vorsehen, noch zeitgemäß?

Der Rat der Stadt hat sich letztes Jahr noch einmal dazu bekannt, das weiterzubauen, auch wenn das Wasserband ja aufgegeben wurde. Aber es finden nach wie vor auch immer weiter Überlegungen statt, ob das noch der Weg der Zukunft ist. Ich denke, es wird dazu noch mal einen Austausch geben. Aber bislang hat der Stadtrat sich ja eigentlich entschieden.

Die Frage ist aber auch, ob man denn weiter auf Fördermittel zählen kann? Da spielen bei der Vergabe inzwischen Klimaschutzaspekte eine wichtige Rolle.

Dazu muss man feststellen, dass der Platz von Netanya erst einmal der letzte Abschnitt ist, der gefördert wird – als Teil eines Sanierungsgebiets, dessen Aufhebung der Rat jetzt beschlossen hat. Weitere Bauabschnitte werden erst einmal nicht förderfähig sein, weil es die Grundlage nicht mehr gibt.

Richtig ist, dass die Förderbedingungen stark dadurch aufgewertet wurden, dass man Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in den Stadträumen realisieren möchte. Ich sagte schon, dass eine Begrünung auch aufgrund der unterirdischen Leitungslage außerordentlich schwierig ist. Da muss man sehr vorsichtig sein mit dem, was man verspricht und was man am Ende halten kann.

Natürlich ist das Konzept „Boulevard Kampstraße“ von Nikolaus Fritschi kein Durchgrünungskonzept. Das ist damals nicht Gegenstand seiner planerischen Idee gewesen. Und inwieweit man das noch um diesen Aspekt ergänzen kann, muss man vielleicht noch einmal prüfen. Dann braucht es eine neue Geschäftsgrundlage zwischen der Verwaltung und dem Stadtrat, um zu bestätigen, dass wir noch einmal neu denken oder weiterdenken sollen.

Ein breites Pflasterband, ein Lichtband und ein Wasserlauf – das sind oder besser waren die Hauptelemente des Entwurfs für den Boulevard Kampstraße.
Ein breites Pflasterband, ein Lichtband und ein Wasserlauf – das sind oder besser waren die Hauptelemente des Entwurfs für den Boulevard Kampstraße. © Fritschi und Baum

Bislang ist aber geplant, den zentralen Abschnitt des Boulevards ab 2025 zu bauen. Kann man dafür denn dann noch mit Fördermitteln rechnen?

Wir arbeiten jetzt nach dem Auslaufen des Sanierungsgebiets an einem neuen sogenannten Integrierten Handlungskonzept, das erst 2024 in die Gremien gehen wird. Aus diesem Handlungskonzept heraus werden Einzelmaßnahmen noch einmal weiter durchdacht und geplant werden müssen, um diese auch finanziell abschätzen zu können. Und auf dieser Grundlage würde man dann erst einen neuen Förderantrag aus den Programmen der Stadterneuerung stellen können.

Das heißt, da sind wir auf gar keinen Fall vor Ende 2025 zu Fördertatbeständen aussagefähig. Das ist jetzt schon sehr ehrgeizig gedacht. Ich gehe eher davon aus, dass es 2026 sein wird, weil man für die Maßnahmenentwicklung mit Kostenbetrachtung einen Zeitraum einplanen muss. Ob man in der Zwischenzeit andere Bauabschnitte mit eigenem Geld weiterbaut, wird der Stadtrat dann für sich entscheiden müssen.

Und es ist ja auch nicht so, dass es eine Logik ist, wenn ich einen Förderantrag stelle mit ganz vielen Maßnahmen, dann bekomme ich auch für alle diese Maßnahmen Fördergeld. Die Bezirksregierung hat zwar angedeutet, dass sie sich vorstellen kann, weitere Abschnitte zu fördern. Wir stehen in Konkurrenz zu anderen Projekten in der Stadt und auch im Wettbewerb mit anderen Städten und Gemeinden, die auch gefördert werden wollen. Konkret werden Antworten auf Förderanträge erst mit Förderbescheiden gegeben.

Vorerst keine Fördermittel

Das heißt, für einen Weiterbau 2025 gibt es keine Fördermittel?

Das wird definitiv nicht möglich sein. Man kann weiterbauen, aber dann ohne Fördermittel.

Ob man das dann will, ist dann wieder eine politische Entscheidung.

Genau.

Die Aussagen von Stefan Szuggat zur City sind Teil eines ausführlichen Interviews zu verschiedenen Planungsthemen, das wir in den nächsten Wochen nach und nach dokumentieren.

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