Viele Studenten jobben neben ihrem Studium, als Kellner, Nachhilfelehrer, Lagerarbeiter. Denn das Studenten-Leben ist teuer, das „Taschengeld“ der Eltern oder die staatliche Unterstützung in Form von Bafög reichen oftmals nicht aus.
Diese Erfahrung macht auch Hasan Abeed. Der 21-Jährige kam vor fünf Jahren als Kriegsflüchtling aus Syrien nach Deutschland. Zunächst besuchte er die neunte und zehnte Klasse einer Realschule und absolvierte sein Fachabitur, heute studiert er im zweiten Semester Vermessungswesen an der Fachhochschule Bochum.
„Vom Bafög allein kann ich nicht leben“, sagt der angehende Vermessungsingenieur und rechnet vor: „Meine Wohnung kostet 400 Euro, Strom 125 Euro, zum Leben bleiben mir 275 Euro.“
Anfangs habe er als Lieferant für das Unternehmen Flaschenpost gearbeitet, danach als Pizza-Fahrer. Beides empfand er als unbefriedigend. „Ich hatte kein Auto, die Wege waren weit.“ Sechs Monate vor Aufnahme seines Studiums verdiente der 21-Jährige Geld als Pizzabäcker.

Imbiss in Dortmund-Kirchlinde
Mittlerweile ist der junge Student sein eigener Chef. Denn in Dortmund-Kirchlinde eröffnete er kürzlich einen Imbiss. Mit den Einnahmen möchte er sein Studium finanzieren. Ein mutiger Schritt, von dem viele Menschen jahrelang träumen und sich dann doch nicht trauen.
Wie er auf diese Idee gekommen ist? Hasan Abeed zuckt mit den Schultern. „Ich habe einfach mal bei Ebay Kleinanzeigen nach Ladenlokalen gestöbert und irgendwann das passende Inserat gefunden“, erzählt er. Motiviert habe ihn sein älterer Bruder (23). „Er hat versprochen, mir Geld zu leihen und mir bei der Arbeit zu helfen.“
„Boum Imbiss“ heißt sein Geschäft an der Straße Im Dorloh 67. „Boum wie Explosion“, erklärt Hasan Abeed den Namen mit dem Untertitel: „“Der Knaller für deinen Geschmack“. Zuvor befand sich hier das Mini-Restaurant „Bei Chohans“. „Die Ausstattung war komplett, ich musste nur noch einen Döner-Grill und eine Lüftung kaufen“, erzählt der 21-Jährige. Das Geld dafür habe wie versprochen sein Bruder vorgestreckt.
Mittlerweile weiß Hasan Abeed, dass die Herausforderung groß ist, ein kleines Unternehmen zu führen und gleichzeitig zu studieren. Es sei ein schönes Gefühl, selbstständig zu sein, aber man habe auch große Verantwortung, sagt er.

„Genau das Richtige“
„Der Laptop steht in der Küche, so kann ich hier online für die Uni lernen. Ich fahre eigentlich nur noch zum Schlafen nach Hause“, sagt er und betont: „Das, was ich hier gerade mache, ist trotzdem das Richtige für mich.“
Denn: Der tägliche Kontakt zu Menschen etwa sei einfach sein Ding. „Das habe ich schon gemerkt, als ich Praktika im Krankenhaus und bei einem Zahnarzt gemacht habe.“ Am meisten gepackt habe ihn aber das Praktikum in einem Vermessungsbüro, es sei der Auslöser für sein Studium gewesen. „In Mathe hatte ich immer eine 1“, sagt Hasan Abeed stolz.
Viele seiner Kundinnen und Kunden seien Schülerinnen und Schüler des nahegelegenen Schulzentrums. „Mit meinem jungen Alter und meiner lockeren Art kann ich bei ihnen gut punkten“, sagt er. Die Kinder und Jugendlichen bekommen einige Gerichte aus dem „Boum Imbiss“ zu günstigen Schülerpreisen. Jeden Tag wirbt Hasan Abeed auf einer großen Tafel vor seinem Geschäft damit.
Manchmal, erzählt der sympathische Syrer, kämen auch „ältere Frauen“ und bestellten die Schülerangebote. „Natürlich kriegen sie die“, sagt er und lacht. So könne er sich doch einen guten Ruf im Viertel erarbeiten. Was sich auch herumsprechen soll: Der „Boum Imbiss“ hat einen kleinen Außenbereich mit aktuell vier Sitzplätzen. „Ich werde die Terrasse aber noch ausbauen, sodass hier zehn Gäste gleichzeitig sitzen können“, erzählt Abeed.

Chef in der Küche
Doch bei allem Tatendrang, bei aller Freude für die Arbeit als selbstständiger Gastronom und für sein Studium: Alleine stemmen könne er die vielen Aufgaben nicht. „Ich schaffe das nur mit meinem Bruder zusammen“, betont Hasan Abeed. Er kaufe beispielsweise ein oder liefere die Bestellungen aus.
In der Küche sei er aber der Chef: „Ich bereite alles frisch und nach eigenen Rezepten zu“, sagt der 21-Jährige nicht ohne Stolz. Dabei käme ihm seine Zeit als Pizzabäcker zugute. „In dieser Pizzeria gab es auch einen Gyrosspieß, was ja kein großer Unterschied zum Dönerspieß ist.“
Sobald es die wirtschaftliche Lage zulasse, wolle er Personal einstellen. Spätestens, wenn das Auslandspraktikum im Zuge seines Studiums anstehe, gerne aber auch schon früher. Damit er mehr Zeit für die Familie oder für sein Hobby Fußballspielen hat oder am Wochenende auch mal ausgehen kann – mit seinen Freunden, weil er gerade Single sei.
Wohin ihn sein Auslandspraktikum führen wird, weiß Hasan Abeed noch nicht. Dafür hat er aber schon konkrete Pläne für die Zeit nach seinem Studium: „Ich möchte als Vermessungsingenieur meine eigene Firma gründen.“
Kein Heimweh nach Syrien
Seine Erfahrungen als selbstständiger Gastronom würden ihm dabei sicherlich helfen, zumal er auch alle Büroarbeiten einschließlich der Steuer selbst erledige, so Hasan Abeed. „Wenn alles gut läuft, behalte ich nach dem Studium auch meinen Imbiss.“
Er sei sehr dankbar für die vielen Chancen, die Deutschland ihm biete. In Syrien gebe es keine Arbeit für ihn, dort könne er auch nicht studieren. „Der Krieg hat alles zerstört. Deshalb habe ich auch kein Heimweh.“
- Aktuell ist der „Boum Imbiss“ montags bis donnerstags von 11 bis 24 Uhr, freitags von 11 bis 2 Uhr, samstags von 12 bis 2 Uhr und sonntags von 12 bis 24 Uhr geöffnet.
- Kontakt: Tel. (0176) 84 60 66 91, Lieferservice ab 12 Euro.
Dortmunder Augenarzt richtet sich neu aus: Viele Patienten stehen nun vor verschlossener Tür
Imbiss zu vermieten: Nachfolger für beliebtes Schnellrestaurant im Dortmunder Westen gesucht
Rätsel um „verschwundenen“ Koch im Dortmunder Westen ist gelöst: Ab jetzt gibt’s Döner statt Curryre