
E-Scooter-Anbieter sollen 50 Euro pro Jahr und Roller Sondernutzungsgebühr an die Stadt Dortmund zahlen. Tier-Chef Matthias Weber reagiert mit deutlichen Worten. © Montage: Tier/Riese
Strengere Regeln und höhere Gebühren für E-Scooter – Anbieter protestiert
Verkehrswende in Dortmund
Dortmund will den Umgang mit E-Scootern im öffentlichen Straßenraum strenger reglementieren und fordert von den Verleihern mehr Geld. Ein Unternehmen reagiert mit deutlichen Worten.
3500 E-Scooter fahren mittlerweile durch Dortmund oder stehen massenhaft kreuz und quer im Stadtgebiet herum. Sie werden oft ordnungswidrig gefahren und verbotswidrig abgestellt – und sorgen seit ihrer ersten Aufstellung im Jahr 2019 immer wieder mit Verkehrsbehinderungen und Unfällen für Ärger und Beschwerden.
Um die E-Rollerflut besser steuern zu können, hat die Stadt Dortmund jetzt den Umgang mit den Leihrollern im öffentlichen Straßenraum strenger reglementiert. Nach dem Beispiel der Städte Düsseldorf, Mülheim und Neuss macht auch Dortmund den Anbietern Auflagen mit strengeren Abstellregeln und fordert von ihnen eine Sondernutzungsgebühr.
Seit 1. Mai müssen die insgesamt fünf Verleiher für die gewerbliche Nutzung des öffentlichen Straßenraums 50 Euro pro Jahr und Roller bezahlen. Das hat der Dortmunder Rat Ende März so entschieden. Zunächst hatte die Verwaltung eine Sondernutzungsgebühr von 20 Euro pro Roller und Jahr vorgeschlagen, doch auf Antrag der CDU-Fraktion beschloss der Rat mehrheitlich die 50-Euro-Gebühr.
„Unverhältnismäßig und so nicht nachvollziehbar“
Damit ist Matthias Weber, Deutschland-Chef beim Anbieter „Tier“, nicht einverstanden. „Wir verstehen und begrüßen, dass der Dortmunder Verkehrsausschuss das E-Scooter-Angebot stärker regulieren möchte und so für mehr Ordnung auf den Straßen von Dortmund sorgen möchte. Dieses Ziel teilen wir“, sagt Weber in einer Presseerklärung. Die 50 Euro pro Fahrzeug halte er aber für „unverhältnismäßig und so nicht nachvollziehbar.“
Tier sei gerne bereit, eine Gebühr zu entrichten, solange diese auf einer sachlich nachvollziehbaren Berechnungsgrundlage basiere, die Einnahmen zweckgebunden seien und für den Auf- und Ausbau der dringend benötigten Infrastruktur verwendet würden, versichert Weber: „Statt gestalterische Impulse zu setzen, verpasst Dortmund hier die Chance, das Potenzial des Mikromobilitätsangebots auf den Strecken zwischen Haustür und ÖPNV-Haltepunkten in den Vororten zu fördern.“
Laut neuem NRW-Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz dürfe die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen nicht durch kommunale Satzungen so eingeschränkt werden, dass ihr Angebot dadurch verhindert werde, unterstreicht Tier-Chef Weber und fordert von der Stadt, es bei der 20-Euro-Gebühr wie in Mülheim zu belassen.
Betrieb soll geordneter verlaufen
Das Ziel der strengeren Abstell-Regeln sei keine Einschränkung des Angebots, „im Gegenteil“, kontert Stadtsprecher Christian Schön auf Nachfrage: „Durch die Beschränkungen in der Innenstadt soll dort der Betrieb geordneter verlaufen.“
Die Stadt teile Webers Einschätzung nicht, dass die Gebühr zu hoch sei, so Schön. 50 Euro seien auch in Düsseldorf und Münster zu zahlen, in Köln würden sogar bis zu 130 Euro Gebühr pro E-Scooter und Jahr fällig.
„Die Kosten sind auch in einer Höhe von 50 Euro für Unternehmen sicherlich nicht existenzgefährdend – jedenfalls ist es unwahrscheinlich, dass das Geschäftsmodell so eng aufgestellt ist“, sagt Schön. Andere Anbieter hätten sich bislang nicht so geäußert wie Tier, auch von Rückzugsplänen sei nichts bekannt.
Abstellverbotszonen und Abstellflächen
Zu den Steuerungsmaßnahmen der Stadt gehören auch die Deckelung der Fahrzeugflotten auf je 300 E-Roller pro Anbieter in den dicht bebauten Bereichen der Innenstadtbezirke und die Einrichtung von Abstellverbotszonen. Das sind von der Stadt definierte Flächen, auf denen E-Roller weder entliehen noch abgestellt beziehungsweise über die Smartphone-App ausgeloggt werden können.
Um das Chaos von massenhaft herumstehenden und -liegenden E-Rollern in den Griff zu bekommen, wurde am Phoenix-See im Rahmen eines Modellversuchs eigens eine Abstellfläche eingerichtet, die sich laut Stadt auch bewährt hat.
Zusammen mit den Betreibern bereite die Stadt weitere Abstellflächen im Stadtgebiet vor, so Schön: „Bis Ende des Sommers laufen dazu die gemeinsamen Planungen, erst im Anschluss geht es an die Umsetzung.“
Die Einrichtung von Abstellplätzen für E-Scooter koste die Stadt viel Geld, unter anderem für Markierungen, Poller und Schilder. Zudem fielen durch den Wegfall von gebührenpflichtigen Autoparkplätzen Einnahmen weg. Ob das alles mit den Sondernutzungsgebühren von den Betreibern zu kompensieren sei, müsse sich herausstellen, sagt Schön.
Eher Freizeitvergnügen statt „letzte Meile“
Am häufigsten werden die E-Roller laut Verwaltung in der Innenstadt und in den umschließenden Quartieren eingesetzt – oft für Freizeitzwecke statt für die viel zitierte „letzte Meile“ zwischen ÖPNV-Haltestelle und Haustür.
Das neue Konzept für den E-Scooter-Betrieb sehe eine stärkere Berücksichtigung der Vororte als bisher vor. Dort seien die Roller sinnvoller als in der Innenstadt und könnten weiter ohne feste Ausleih- und Rückgabestationen betrieben werden, erläutert Schön.
Fotobeweis fürs regelkonforme Abstellen
Trotz dieser Maßnahmen sind weitere Verkehrsverstöße von uneinsichtigen E-Roller-Nutzern zu erwarten. Um solches Fehlverhalten ahnden zu können, sollen Nutzer künftig von den Verleihern verpflichtet werden, ein Foto als Beweis für das regelkonforme Abstellen des Fahrzeugs hochzuladen.
Trotz Problemen hält auch die Stadt E-Scooter für ein wichtiges Instrument der Mobilitätswende. Schön: „Die Verknüpfung von E-Scooter und ÖPNV ist eines der Kernziele.“ Aber: „Die Stadt möchte, dass die Betreiber die Roller so einsetzen, wie sie es immer in ihrer Werbung kommunizieren.“
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
