Ein paar einsam Wartende gab es am frühen Donnerstagmorgen (9.2.) an den Haltestellen. Nicht alle hatten es im Vorfeld mitbekommen, dass Bus und Bahn an diesem Tag in Dortmund nicht fahren. Die Gewerkschaft Verdi hatte unter anderem die Beschäftigten des Verkehrsunternehmens DSW21 zum eintägigen Warnstreik aufgerufen.
„Warnstreik der Gewerkschaft Verdi“ verkündeten auch die elektronischen Anzeigen an den Haltestellen. Die meisten Pendler hatten sich rechtzeitig darauf eingestellt. Auf den Straßen waren deutlich mehr Pkw unterwegs. Auch die Taxi-Unternehmen profitierten.
Viel zu tun für die Taxifahrer
„Wir haben definitiv mehr zu tun“, erklärte Taxifahrer Nazmi Ertekin schon um kurz vor 8 Uhr vor dem Hauptbahnhof. Dort waren am Morgen viele Reisende gestrandet, die normalerweise aus ICE, Regionalexpress oder S-Bahn in Stadtbahn oder Bus eingestiegen wären. Etliche gingen draußen direkt zum Taxistand, wo Ertekin und viele seiner Kollegen sich freuten.
„Normalerweise wäre es um diese Uhrzeit bis ganz hinten voll“, erklärte Ertekin. Sprich: Üblicherweise warten die Taxen morgens am Hauptbahnhof lange auf Kundschaft, bis zur Einfahrt am Wall hin. Am Donnerstagmorgen rückten sie alle paar Sekunden ein Stückchen schneller auf zur Kundschaft. Die Einnahmen könne man gut gebrauchen, so Ertekin: Viele magere Tage haben man zuletzt gehabt. „Man muss kämpfen zurzeit.“

Rolltore zu Stationen unten
Dass die Stadtbahnen nicht fuhren, bekam man innerstädtisch immerhin früh mit und nicht erst an den Bahnsteigen. Denn dorthin kam man an vielen unterirdischen Anlagen gar nicht: Ob an der Kampstraße, am Hauptbahnhof oder an den Städtischen Kliniken – überall waren die Rolltore am Fuße der Treppen unten.
„Ach ja, die fahren ja heute nicht“, lautete der Kommentar einer jungen Frau, als ein anderer Pendler sie auf dem Weg zur Stadtbahn aufhielt. Das habe sie ganz vergessen. „Naja, dann laufe ich eben, ist zum Glück nicht so weit.“ Andere konnten ganz auf die Wege verzichten. Einige Schulleiter in Dortmund hatten den Eltern vorab schon das Signal gegeben: Falls die Kinder oder Jugendlichen ohne Busse und Bahnen nicht kommen können, sollen sie am Freitag einfach eine Entschuldigung mitbringen.
1200 DSW-Beschäftigte streiken
Die Beschäftigten von DSW21 trafen sich derweil am Vormittag auf den Betriebshöfen für Bus und Bahn zu Streikversammlungen und kurzen Kundgebungen. Rund 1200 Beschäftigte von DSW21 hatten die Arbeit niedergelegt, berichteten Vertreter von Verdi. Und selbst wenn der eine oder andere hätte fahren wollen: Die Ausfahrten aus dem Bahn-Betriebshof in Dorstfeld waren durch abgestellte Fahrzeuge blockiert.
Man wolle mit dem frühen Warnstreik ein Signal an die Arbeitgeber senden, dass man kampfbereit sei, hieß es. Die Gewerkschaft Verdi fordert bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Kommunen und Bund 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat.
11.000 Unterschriften
Die Arbeitgeber dürften die Beschäftigten mit der Inflation nicht allein lassen, mahnte Verdi-Vertrauensmann Christian Nähle bei einer Kundgebung auf dem Platz der Alten Synagoge. Hier trafen sich vor allem Beschäftigte der Stadtverwaltung etwa aus Jugend- und Sozialamt, Stadtkasse und Systemhaus, die ebenfalls zum Warnstreik aufgerufen waren.
Rund 200 Streikende zogen am Vormittag mit einem Demonstrationszug über die Hohe Straße zur Westfalenhalle, wo der Rat der Stadt tagt. Als Vertreter des Oberbürgermeisters nahm hier Personaldezernent Christian Uhr ein Transparent mit mehr als 11.000 Unterschriften von Beschäftigten entgegen, die die Tarifforderungen unterstützen. Auch Westphal habe unterschrieben, berichtete Verdi-Sekretär David Staerke.
Streik als „starkes Signal“
Christian Uhr zeigte ebenfalls Verständnis für die Forderungen. Er nannte die Demonstration ein „starkes Signal“, das angekommen sei. „Der öffentliche Dienst in dieser Stadt ist unverzichtbar“, sagte Uhr unter Beifall. Arbeitgeber und Gewerkschaft müssten bei den Tarifverhandlungen aufeinanderzugehen, betonte der Dezernent. „Ich wünsche mir ein gutes, ein ausgewogenes Ergebnis.“
Ob sein Wunsch nach einer schnellen Tarifeinigung ohne weitere Streiks in Erfüllung gehen wird, ist aber eher unsicher. Die nächsten beiden Verhandlungsrunden sind für Ende Februar und Ende März angesetzt. „Wir lassen jetzt noch nicht alle Muskeln spielen, die wir haben. Wir werden das nach und nach steigern“, kündigte Verdi-Sekretärin Kirsten Rupieper vielsagend an.
Was die Gewerkschafter und die Beschäftigten besonders ärgert, ist, dass die Arbeitgeberseite bislang noch gar kein Angebot gemacht hat. „Wir wollen sie zumindest dazu bewegen, in der zweiten Verhandlungsrunde ein Angebot zu unterbreiten“, sagte Kirsten Rupieper.
Weitere Aktionen der Gewerkschaft sind auf jeden Fall in Vorbereitung. Dann auch „in vielen anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes“, sagte die Verdi-Sekretärin. „Der Nahverkehr wird bestimmt auch wieder dabei sein.“
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