Jugendliche haben am Wochenende an der B236 Steine auf Autos und Lkw geworfen. Bereits im Januar hatte ein Ehepaar Ähnliches erlebt und sich schon damals an die Polizei gewandt.

Dortmund

, 06.02.2020, 08:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ich dachte erst, das sei ein Schuss oder so etwas“, sagt Tugba Dogan. „So etwas ist mir noch nie passiert.“ Sie war mit ihrer Familie unterwegs, als plötzlich Gegenstände das Auto trafen - zwei die Windschutzscheibe und einer das Dach.

Die Gegenstände schlugen auf der Beifahrerseite ein, als die Familie über die B236 gegen 19.30 Uhr am 27. Januar in Richtung Lünen unterwegs war. Am Steuer saß die 34-Jährige, ihr Mann saß auf dem Beifahrersitz. Die Kinder des Ehepaares - acht, neun und vier Jahre alt - saßen auf den Rücksitzen. Familienvater Soner Dogan wurde von kleinen Splittern getroffen, blieb aber unverletzt. Seine Frau erschrak, hielt das Auto aber auf der Fahrspur und bremste 500 Meter weiter am Straßenrand. Es habe sich angehört, „als sei etwas explodiert“, sagt Soner Dogan.

Polizei sucht Verdächtige

Seit Sonntagabend (2. Februar) sucht die Polizei nach Verdächtigen, die Steine von einer Fußgängerbrücke über der B236 geworfen haben. Zwei Fahrzeuge, ein Auto und ein Laster, wurden am Sonntag getroffen. Der LKW-Fahrer rief die Polizei und erstattete Anzeige.

Wie die Polizei am Dienstag sagte, haben solche Steinwürfe höchste Priorität - mehrere Streifen kamen am Sonntag zu der Brücke in Scharnhorst, Beamte durchkämmten die Büsche, auch ein Polizeihubschrauber flog über dem Gebiet. Nur einen Tag später flogen erneut Steine von derselben Brücke, diesmal trafen sie neun Autos. Erneut entkamen laut Polizeimitteilung die Täter, doch ein Zeuge sagte der Polizei, er habe auf der Brücke vier verdächtige Jugendliche gesehen. Es sei laut Polizei untypisch, dass die Täter an zwei Tagen von derselben Brücke Steine werfen.

Polizisten untersuchen Einschläge am Auto

Tugba Dogan rief bereits am 27. Januar die Polizei zur B236. Nachdem sie den Notruf gewählt hatte, sollte die Familie bei der nächsten Ausfahrt in Derne raus und sich dort mit den Polizisten treffen. „Zehn Minuten später war der Streifenwagen da“, sagt die 34-Jährige.

Das Ehepaar stand noch unter Schock, es wusste im ersten Moment nicht, was ihr Auto getroffen hatte. Die Angst vor einem Schuss redete die Polizei den Eheleuten schnell aus. „Das müssen drei Steine gewesen sein, die gleichzeitig geworfen wurden“, sagt Soner Dogan. Dem 47-Jährigen habe der Polizist daraufhin gesagt, auf der Strecke sei doch gar keine Brücke gewesen. Wo sollten die Steine denn hergekommen sein?

Zwei Gegenstände trafen die Windschutzscheibe des Autos.

Zwei Gegenstände trafen die Windschutzscheibe des Autos. © Lena Heising

In der Dunkelheit hatte auch das Ehepaar auf dem Abschnitt der B236 keine Brücke gesehen, doch es konnte sich die Einschläge nicht anders erklären. Die Polizisten sollen dem Ehepaar daraufhin gesagt haben, es könne auch sein, dass ein Gegenstand von einem LKW auf die Windschutzscheibe fiel und dreimal aufprallte. Unmöglich, meint Soner Dogan. Seine Frau will fast 120 Kilometer pro Stunde gefahren sein - ein einzelner Gegenstand könne bei der Geschwindigkeit nicht dreimal auf einem Auto aufkommen.

In dem Unfallbericht schreibt die Polizei, es gäbe keine Hinweise auf den Verursacher oder den Gegenstand.

In dem Unfallbericht schreibt die Polizei, es gäbe keine Hinweise auf den Verursacher oder den Gegenstand. © Lena Heising

Soner und Tugba Dogan fuhren zurück zur Brücke

Nachdem die Polizisten wieder weggefahren waren, fuhren die Dogans zurück auf die B236, um zu schauen, ob dort wirklich keine Brücke sei. Diesmal war es Soner Dogan, der die 110 wählte und die Beamten auf die Brücke hinwies. Es hätte also doch ein Steinwurf sein können. „Beim zweiten Anruf haben sie uns glaube ich gar nicht ernst genommen“, sagt Dogan. Wären die Beamten dem nachgegangen, sagt er, „dann hätten sie die Jugendlichen vielleicht schon gekriegt.“

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Nach der Berichterstattung zu den weiteren Steinwürfen an der B236 rief Tugba Dogan erneut die Polizei an. Sie schilderte ein drittes Mal, dass sie bereits am 27. Januar die Polizei wegen möglichen Steinwürfen kontaktierte. Kurze Zeit später rief ein Polizist sie zurück: Der Fall der Dogans liege nun auch bei der Staatsanwaltschaft.

Die Windschutzscheibe splitterte, doch der Stein ging nicht durch.

Die Windschutzscheibe splitterte, doch der Stein ging nicht durch. © Lena Heising

Polizei weist Vorwürfe zurück

Den Vorwurf, sie hätten den Fall nicht ernst genommen, weist die Polizei zurück. Noch während des Notrufs habe die Leitstelle mehrere Streifenwagen wegen des Verdachts eines Steinwurfs zur B236 geschickt. Die Beamten sollen die Brücken abgefahren und untersucht haben, eine der Streifen fuhr zu der Familie. „Den Hinweis auf Steinwerfer auf der Autobahn nehmen wir sehr ernst“, betont Polizeisprecher Peter Bandermann.

Zu den Gesprächen zwischen der Streife und den Dogans könne sich die Polizei nicht äußern. Bandermann weist außerdem darauf hin, dass bei den Fällen am Sonntag und Montag Zeugen sofort von Steinwürfen von der Brücke sprachen. Momentan prüfe die Polizei, ob es einen Zusammenhang zwischen den Ereignissen vom 27. Januar und denen vom 2. und 3. Februar gäbe. Sollte jemand in den letzten Tagen bei der Brücke verdächtige Personen bemerkt haben, bittet die Polizei um Hinweise unter der Nummer 0231 / 132 4272.

Tugba Dogan sagt, sie habe jedes Mal Angst, wenn sie seit dem Vorfall unter der Brücke der B236 entlang fährt. „Das wird, glaube ich, auch bleiben“, sagt sie. „Das hätte so viel schlimmer enden können. Ich möchte nur, dass die Täter erwischt werden.“