„Haus am See“ in Dortmund So kann aus dem Traum schnell ein Albtraum werden

Wie aus dem Traum vom „Haus am See“ schnell ein Albtraum werden kann
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Als sich ab 2023 langsam der neue See im Wickeder Ostholz bildete, waren die meisten Menschen begeistert. Wie schön war es doch, dass Dortmund plötzlich von ganz allein einen neuen See hatte. Mittlerweile hat sich die Stimmung vielfach von Freude in Skepsis gewandelt. Vor allem bei denjenigen, die ihre Grundstücke direkt am Ufer des Sees haben, wächst die Sorge. Sie fragen sich: „Was wird aus unserem Besitz, wenn das Wasser noch weiter steigt? Könnten dann auch die Keller volllaufen?“

Einer von ihnen ist Ilja August (47), der mit seiner Familie an der Baedekerstraße wohnt. Er sagt: „Erst fanden wir es richtig schön, einen See vor der Tür zu haben.“ Schließlich hatte die Familie plötzlich und völlig kostenlos genau das, was in dem bekannten Song von Peter Fox besungen wird: ein „Haus am See“. Auch jetzt noch finde er es schön, morgens vom Geschnatter der Gänse auf dem Wasser geweckt zu werden.

Hier befand sich einst ein Teil des Vorgartens von Ilja August, auf dem Himbeersträucher wuchsen.
Hier befand sich einst ein Teil des Vorgartens von Ilja August, auf dem Himbeersträucher wuchsen. © Andreas Schröter

Die Kehrseite der Medaille wird jedoch schnell sichtbar, wenn man Ilja Augusts Garten betritt. Dort, wo früher Himbeer-, Johannesbeer- und Tomatensträucher standen und Erdbeeren wuchsen, existiert jetzt nur noch eine teils schon vom Wasser überspülte Schlammwüste. „Wir mussten unseren Nutzgarten um die Hälfte reduzieren, sagt August. Das Wasser kommt uns immer näher und frisst sich immer mehr in das Grundstück hinein.“ Einen Geräteschuppen habe er schon ausräumen müssen, weil das Wasser darin stand. Auch seine Bienen - Ilja August ist Hobbyimker - mussten umziehen.

Natürlich sorge er sich jetzt um seinen Keller, der bislang noch trocken ist. Aber wenn der Grundwasserdruck weiter anhalte oder sogar noch steige, sei es doch nur eine Frage der Zeit, bis auch dort Wasser eindringe.

Auch diese Bäume standen einst keinesfalls im Wasser.
Auch diese Bäume standen einst keinesfalls im Wasser. © Andreas Schröter

Ebenfalls wenig begeistert von der neuen Seenlandschaft im Wickeder Ostholz ist Manfred Drechsler vom Lauf- und Walkingtreff Dortmund-Ost. Der Weg von der Baedekerstraße ins Waldgebiet war immer eine wichtige Trainingsstrecke für die Lauffreunde. Inzwischen ist er schon lange überflutet und unpassierbar. Zwar gebe es eine provisorisch abgesteckte Strecke durchs Unterholz. Aber es könne ja nicht Sinn der Sache sein, dass sich die Läufer dort hindurchquälen müssen. Im Winter sei das sogar gefährlich.

Dieselbe Meinung vertritt Leserin Renate Bittner. Sie schreibt: „So schön der Wickede Waldsee auch sein mag, die Waldwege im Wickeder Ostholz sind nicht mehr begehbar. Was für Spaziergänger sehr schade ist.“

Drechsler und August fordern nun Hilfe von der Stadt. Manfred Drechsler sagt: „Es kann doch nicht sein, dass die Stadt immer alles aussitzt.“ Alternative Wege durchs Wickeder Ostholz sollten seiner Meinung nach angelegt werden. Und wenn das aus irgendwelchen Gründen - vielleicht aus Naturschutzgründen - nicht gehe, verlange er wenigstens eine Information darüber.

Renate Bittner aus Wickede hat diese Ansicht des Wickeder Waldsees geschickt.
Renate Bittner aus Wickede hat diese Ansicht des Wickeder Waldsees geschickt. © Renate Bittner

Auch Ilja August hat noch keine zufriedenstellende Antwort von der Stadt erhalten, obwohl er bereits mehrfach sein Anliegen schriftlich dargelegt habe. „Es kamen nur allgemeine Antworten.“ Schließlich sei es ja auch die Stadt, die für die Misere verantwortlich ist. Zur Erinnerung: Nach Kellerüberflutungen an der Baedekerstraße im Winter 21/22 hat sich die Stadt entschlossen, den Wasserzufluss aus dem Wickeder Ostholz ins städtische Kanalnetz zu unterbinden, um die Belastung für die Kanäle nicht zu hoch werden zu lassen. Doch dadurch hat nun das anfallende Wasser aus dem Waldgebiet keinen Abfluss mehr und staut sich entsprechend auf.

Wie berichtet, setzt sich der Vorsitzende der Fraktion Die Linke+ im Rat, Utz Kowalewski, dafür ein, den See unter Schutz zu stellen. Er gibt zu, dass es ihm dabei nicht allein um die Natur geht. Durch den jetzigen See verläuft auch die geplante Trasse für den Weiterbau der L663n nach Unna. Und der wäre dann um einiges schwerer zu realisieren.

Immerhin: Wie berichtet, hat die Stadt jüngst erklärt, erörtern zu wollen, wie den betroffenen Grundstücksbesitzern am Rande des Sees geholfen werden kann.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 24. März 2025.