
© Oliver Schaper
Körne: Kein Ort für Radler, aber einer mit guter Versorgung
Stadtteilcheck
Zu den größten Stadtteilen gehört Körne nicht. Die Nähe zur City sorgt zwar für eine hervorragende Anbindung, aber auf Kosten des Grüns. Der Hellweg bleibt noch lange eine Buckelpiste.
Wenn Daniel Braunsdorf (34) eine halbe Stunde lang durch Körne geht, sagt er ziemlich häufig „Hallo“. Er sagt „Hallo“ zu den Kunden, die er aus der Apotheke kennt, zu den Nachbarn, die er in drei Jahrzehnten kennengelernt hat, zu den vielen Menschen aus den Vereinen, in denen er aktiv ist oder war. „Körne ist ein Dorf, man kennt sich“, sagt er.
Mit Ausnahme von drei Monaten in Asseln hat der pharmazeutisch-technische Assistent sein gesamtes Leben in diesem kleinen Stadtteil im Stadtbezirk Innenstadt-Ost verbracht. „Für mich ist bislang nicht infrage gekommen, woanders zu leben.“
Mit seiner Frau und seinem Sohn (9) wohnt er direkt am Körner Hellweg. Sein Arbeitsweg ist nur wenige Schritte lang, die Körnebach-Apotheke liegt gerade mal eine Ampel entfernt. Und der nächste Supermarkt? Der ist auch wieder nur eine Grünphase entfernt.

Der Körner Hellweg gleicht an vielen Stellen einer Buckelpiste. Vor 2024 wird sich an diesem Zustand voraussichtlich nichts ändern. © Oliver Schaper
Der Charakter Körnes lässt sich schnell auf den Punkt bringen: Es gibt eine dichte Versorgung an medizinischen Anlaufpunkten und Supermärkten entlang einer viel befahrenen Verkehrsader auf engem Raum. Denn der Stadtteil ist von Bahngleisen umrandet.
Innerhalb dieser Fläche von etwas mehr als drei Quadratkilometern findet sich von allem, was Dortmund ausmacht, ein Teil wieder. Nördlich des Körner Hellwegs viel Gewerbe und Industrie. Dazwischen ein Fußballplatz und mehrere Gartenvereine. Südlich vom Hellweg: dichte Wohnbebauung und ein Fußballplatz.
Kein Wunder also, dass Daniel Braunsdorf sagt: „Ich habe hier alles. Ärzte, meinen Job, mit der Stadtbahn bin ich in acht Minuten in der Innenstadt, am Kiosk kann ich Brötchen holen, meine Eltern und Großeltern wohnen hier.“ Fußball hat er früher bei der DJK TuS Körne gespielt, mittlerweile trainiert er die E-Jugend, in der sein Sohn aktiv ist. Sein Opa arbeitete früher bei der Post in Körne, sein Vater war Polizist im Stadtteil.
Die Teilnehmer unseres Stadtteilchecks sind zufrieden mit Körne. Für die Lebensqualität gibt es acht von zehn Punkten – und damit einen für Dortmund durchschnittlichen Wert. In anderen Kategorien landet der Stadtteil öfter über dem Durchschnitt als darunter. „Wenn mich an Körne etwas exorbitant stören würde“, sagt Daniel Braunsdorf, „würde ich nicht hier leben“.
Das wurde positiv bewertet:
Verkehrsanbindung: Hier verteilen die Bewohner die Höchstpunktzahl für ihren Stadtteil. Hinter den zehn Punkten steckt nicht nur der Körner Hellweg, über dessen Erweiterungen nach Westen und Osten Autofahrer in die City und zum Flughafen kommen. Hier fährt auch die Stadtbahnlinie U43 und hält an den Haltestellen Berliner Straße und Am Zehnthof. An der Grenze zur Gartenstadt können Anwohner an zwei Stationen in die S-Bahn-Linie 4 steigen, auch die Buslinien 422 und 452 sind unterwegs. Da kommt ziemlich viel Verkehr zusammen. „Man kann aber nicht viel Nahverkehr und es gleichzeitig ruhig haben wollen“, sagt Daniel Braunsdorf.
Mehrere Teilnehmer unseres Stadtteilchecks bemängeln allerdings den mitunter schlechten Zustand der Straßen und die fehlende Barrierefreiheit an der Haltestelle Berliner Straße. Bis Besserung eintritt, wird es aber noch dauern. Besonders betroffen ist der Körner Hellweg mit zahlreichen Schlaglöchern. Hier gebe es Entwurfspläne, die derzeit mit dem Tiefbauamt abgestimmt werden, teilt Stadtsprecher Maximilian Löchter auf Anfrage mit.
„Voraussichtlich Mitte 2019 sollen die Pläne in die politische Beratung gegeben werden. Danach müssen die Pläne verfeinert und die Maßnahme in die Finanzierungs- und Bauprogramme eingebracht werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der eingeschränkten Ingenieurkapazitäten ist mit einem Baubeginn nicht vor 2024 zu rechnen“, so Löchter. In den betroffenen Abschnitten werde die komplette Fahrbahn umgebaut. Im unmittelbaren Haltestellenbereich werde zudem ein Umbau von Hauskante zu Hauskante erforderlich.
Gesundheit: Daniel Braunsdorf muss es wissen. Er arbeitet schließlich in einer Apotheke und sorgt im besten Fall dafür, dass seine Kunden schnell wieder gesund werden. Entlang des Körner Hellwegs gibt es vier Apotheken auf 700 Metern. Und Ärzte gibt es in allen Fachrichtungen: von der Kinderarzt-, über eine HNO- bis zur Augenarzt- und Orthopädie- wie Chirurgiepraxis ist alles dabei.

Daniel Braunsdorf vor der Körnebach-Apotheke. Sein Arbeitsplatz und gleichzeitig eine von vier Apotheken auf einer Strecke von 700 Metern. Auch die Dichte an Arztpraxen ist hier sehr hoch. © Oliver Schaper
„Wenn eine Fachrichtung nicht dabei sein sollte, ist das Jammern auf sehr hohem Niveau“, sagt Daniel Braunsdorf. Kein Wunder, dass Körne neun Punkte für die Gesundheitsversorgung bekommt und damit um einen Zähler besser abschneidet als Dortmund im Durchschnitt. „Ich kenne viele, die aus der City kommen, um hier zum Arzt zu gehen“, sagt auch Bezirksbürgermeister Udo Dammer.
Nahversorgung: Zehn Punkte verteilen die Körner für ihren Stadtteil, zu meckern gibt es hier nichts. Aldi, Rewe, dm, Kaufland, Netto und ein polnischer Supermarkt sind bequem per Fuß zu erreichen und versorgen die Anwohner mit allem, was zum Leben nötig ist.
Das wurde negativ bewertet:
Grünflächen: Hier schneidet Körne mit sechs Punkten so schlecht ab wie sonst nur die City. Thomas Quittek vom BUND bezeichnet den Stadtteil als unterversorgt mit Grün. Udo Dammer verweist allerdings auf die vielen Gartenvereine, die Farbe und Natur in den Stadtteil bringen.

Der kleine Körner Park ist eine der wenigen Grünflächen im Stadtteil. © Oliver Schaper
Klassische große Parks sucht man in Körne tatsächlich vergeblich, doch Daniel Braunsdorf sieht das Gute und nennt den kleinen Körner Park, die Hundewiese am TÜV-Gebäude, die Gartenanlagen und auch den Ostfriedhof. Der gehöre zwar nicht zu Körne, sei aber ein schöner Park ganz in der Nähe.

Radfahren: „Wo soll ich mit meinem Kind Fahrrad fahren?“, fragt Daniel Braunsdorf: „Hier ist kein Platz.“ Nur sechs Punkte verteilten die Bewohner in dieser Kategorie und damit einen weniger als im stadtweiten Mittel. Werner Blanke ist Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Dortmund und bewertet die Situation für Radfahrer in Körne nicht sonderlich gut, gibt aber auch Hoffnung: „Negativ zu sehen ist hier sicherlich der Straßenzug Kaiserstraße, Körner Hellweg, Wambeler Hellweg, der mitten durch Körne führt und sowohl innerhalb von Körne als auch Richtung City oder Brackel das Radfahren äußerst unattraktiv macht.“
Der „Bananenradweg“ habe momentan eine miserable Oberfläche und lade nicht zum Radeln ein. „Dieser soll aber auch saniert und über die Klönnestraße verlängert werden.“ Im Rahmen des zukünftigen Radschnellweges 1 werde sich diese Verbindung dann weiter an der Pferderennbahn entlang aber deutlich verbessern. Sein Fazit: „Die großen Autostraßen machen in Körne das Radfahren unattraktiv. Die Sanierung der Hannöverschen Straße und des Bananenradweges sowie der Bau des RS 1 und des Gartenstadtradweges werden dem Radverkehr deutlich bessere Perspektiven bieten.“
Alle Ergebnisse unseres Stadtteilchecks auf einen Blick in unserer Übersichtskarte:
Lange Zeit ohne Industrie und Schule
„Im Jahr 989 wurde Körne erstmalig urkundlich erwähnt – Curni. Daraus wurde im Jahr 1316 Corne und ab 1469 Korneyge bis zum heutigen Körne“, schreibt die Stadt Dortmund. Körne war jahrhundertlang eine Bauernschaft vor den Toren Dortmunds – ohne eigene Kirche oder Schule. 1905 wurde Körne eingemeindet und liegt direkt an der alten Handelsstraße „Hellweg“. Heute leben hier mehr als 9000 Menschen.
Der Körner Hellweg 1958. Die Straße ist eine der größten Verkehrsachsen der Stadt. © Archiv W. Fricke/Körner Kultur- und Kunstverein