
© Andreas Schröter
Husen-Kurl: Beste Bedingungen für Fahrrad-Fans
Stadtteilcheck
Viel mehr Positives als Negatives sehen die Husen-Kurler für ihr ländlich geprägtes Doppeldorf. Doch, wo viel Natur ist, fehlen städtische Dienstleistungsangebote und Ausgehmöglichkeiten.
Thomas Bürgerhoff (46) ist nicht nur gebürtiger Husener (der heute jedoch mit Lebensgefährtin und Tochter in Kurl wohnt), sondern auch begeisterter Radfahrer. „Mit dem Fahrrad komme ich überall hin, egal ob nach Wickede, Scharnhorst, Asseln oder zu den Nachbarstädten Lünen und Kamen“, sagt er. Die traditionelle Vatertagsradtour mit seinen Kumpeln führe beispielsweise entlang der Seseke nach Kamen.
Das wurde positiv bewertet
Radfahren: Auch in unserem Stadtteilcheck wird das Radfahren in Husen und Kurl mit 10 von 10 möglichen Punkten allerbestens bewertet. Stadtweit kommt es nur auf 7 Punkte. Der stellvertretende Scharnhorster Bezirksbürgermeister Werner Gollnick (43), der selbst in Husen lebt, kann diese Wertung sehr gut nachvollziehen. Er bestätigt die Beispiele, die Thomas Bürgerhoff nennt, und fügt den seiner Meinung nach wunderschönen Radweg entlang der Alten Körne hinzu.
Auch in den frei formulierbaren Anmerkungen unseres Stadteilchecks spiegelt sich dieser Punkt wider. Jemand schreibt: „Kurl ist grün und familienfreundlich und sehr gut für Fahrradfahrer!“ – ein anderer: „Wunderschöne waldreiche Umgebung für Hund und Frauchen, Radfahrer und Spaziergänger. Möchte nicht mehr woanders wohnen.“
Sicherheit: Besser als im stadtweiten Schnitt bewerten die Husener und Kurler den Punkt Sicherheit in ihrem Doppeldorf. Werner Gollnick nennt die insgesamt „gute Wohnklientel“ als möglichen Grund für das Empfinden der Menschen in Husen und Kurl, sicherer zu sein als anderswo in der Stadt. Es leben viele alteingesessene Bewohner dort, die sich kennen und aufeinander aufpassen.
Thomas Bürgerhoff stimmt dem im Wesentlichen zu, macht aber eine kleine Einschränkung: In der dunklen Jahreszeit nehmen die Wohnungseinbrüche auch in Husen und Kurl zu. Erst kürzlich seien Unbekannte in den Fahrradkeller in seinem Wohnhaus am Stoeneweg eingedrungen und haben mehrere Fahrräder gestohlen.
Verkehrsbelastung: Besser als stadtweit (6) schneidet auch die Verkehrsbelastung in Husen und Kurl ab (8). Werner Gollnick und Thomas Bürgerhoff sind sich einig, dass die Belastung der Nebenstraßen mit Verkehr in der Tat nicht sonderlich hoch sei. Da lebe es sich sehr ruhig, sagt Bürgerhoff.
Allerdings gebe es speziell zu diesem Punkt auch einige kritische Anmerkungen: Ein besonderer Dorn im Auge ist vielen Husenern nach wie vor die fehlende Untertunnelung der Husener Straße unter der Bahnlinie. Ist die Schranke einmal unten, entstehen lange Wartezeiten für Autofahrer und Staus. Problem sei, dass Bahn, Bund und Kommune sich einig sein müssen, so Gollnick. Schon sein Großvater habe sich mit diesem Thema befasst, sagt er. Anderen Berichten zufolge kam das Thema Tunnel sogar schon erstmals im Jahre 1902, also vor 116 Jahren, auf. Ihn wundere auch deshalb, dass es nicht funktioniere, sagt Gollnick, weil die Tunnellösung in Kurl sehr wohl problemlos realisiert werden konnte.
Viele Anmerkungen der Umfrageteilnehmer befassen sich mit diesem Punkt: „Die Schrankenanlage müsste weg“ oder „lange Wartezeiten am Bahnübergang“ heißt es da.
Werner Gollnick fügt beim Thema Verkehr noch den Wunsch seiner Partei nach einem Kreisverkehr an der Kreuzung Wickeder- und Husener Straße hinzu – und erhält Unterstützung von den Umfrageteilnehmern.
Lebensqualität: Er lebe wirklich gerne in Husen-Kurl, sagt Thomas Bürgerhoff und ihn dränge rein gar nichts in eine etwas städtischere Gegend. Im Gegenteil: Zum Einkaufen fahre er nicht in die Dortmunder City, sondern nach Lünen oder Kamen, weil es da viel beschaulicher sei. Er mag die Natur und die Menschen und erinnert sich gerne an seine Kindheit zurück, als es auf irgendeiner Wiese Fußballspiele „Husen gegen Kurl“ gab.

Die Husener und Kurler loben die Lebensqualität in ihrem Doppeldorf - vor allem wegen der wunderschönen Natur. Hier ein Blick Richtung St.-Johannes-Baptista-Kirche in Kurl. © Andreas Schröter
Seine Nachbarn in Husen und Kurl sehen es ähnlich: 9 Punkte für die Lebensqualität in Husen und Kurl – gegenüber 8 in Gesamt-Dortmund. Eine Stimme aus den Anmerkungen zur Umfrage exemplarisch für viele: „Ich wohne seit 2004 in Kurl und kannte diesen Stadtteil vorher gar nicht. Habe im Laufe der Zeit die Menschen und den Ort sehr schätzen gelernt und möchte hier nie wieder weg.“
Sport: Werner Gollnick wundert es überhaupt nicht, dass auch der Punkt Sport positiver bewertet wurde als im gesamtstädtischen Mittel. Es gebe mit dem SC Husen-Kurl (Fußball) und dem TVE Husen-Kurl (Handball) zwei Vereine, die hervorragende Arbeit leisten. Und wer sich nicht an einen Verein binden möchte, finde zum Beispiel beste Joggingstrecken.
Positiver als im gesamtstädtischen Mittelwert bewerteten die Umfrage-Teilnehmer auch die Punkte Sauberkeit, Grünflächen, Kinderbetreuung und Wohnen.

Das wurde negativ bewertet
Gastronomie: Neben einer Pommesbude an der Husener Straße und diversen Pizzerien gibt es in Husen und Kurl lediglich zwei echte Restaurants: das Haus Lahr an der Husener Straße, das gutbürgerliche und mediterrane Kost anbietet, und das Restaurant Zur Mühle an der Kurler Straße mit griechischer Küche.
„Klar“, sagt auch Werner Gollnick, „die Schließung des Hauses Buchbinder an der Kurler Straße Ende 2013 hat natürlich eine Lücke gerissen“, andererseits könne man natürlich niemanden verpflichten, jetzt in Husen oder Kurl ein Restaurant zu eröffnen. Eine solche Investition müsse sich schließlich auch rentieren. Er setze aber auf die Neueröffnung des ehemaligen Sacré Coeur, wo dem Vernehmen nach ein Bäcker mit Café-Betrieb einziehen wird. Dann gebe es zumindest eine weitere Möglichkeit, zum Beispiel ein schönes Frühstück zu bekommen.

Die Husener wünschen sich mehr Gastronomie - zum Beispiel eine Alternative zur Pommesbude an der Husener Straße. © Andreas Schröter
Auch Thomas Bürgerhoff vermisst eine ganz normale Kneipe, wie es sie früher einmal gab. Und in den Anmerkungen der Umfrage-Teilnehmer heißt es: „Es fehlen folgende Dinge in Husen: Tankstelle, Drogeriemarkt, eine zweite gute Pommesbude, Geldautomat für Postbank-Kunden.“
Gesundheit: Etwas schlechter als im Mittelwert der Stadt bewerteten die Umfrage-Teilnehmer das Thema Gesundheit. „Stimmt“, sagt auch Werner Gollnick, „es gibt zwar zwei Zahn- und drei Hausärzte, aber mehr Spezialisten wären schön.“ Andererseits sei aber auch der Weg in die umliegenden Stadtteile mit einem großen Ärzte-Angebot nicht weit – zum Beispiel zum Facharztzentrum an der Droote in Scharnhorst-Ost. „Aber“, sagt Werner Gollnick“, eigentlich finde ich die medizinische Versorgung in Husen und Kurl ausreichend“. Dem stimmt Thomas Bürgerhoff zu. Er fahre ansonsten halt nach Kamen-Methler.
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Husen begann als Bauerschaft
- Urkundlich um 1300 erstmals erwähnt, blieb Husen bis zur Gründung der Zeche Kurl eine kleine Bauerschaft. Die Anlage war von 1871 bis 1931 in Betrieb.
- Am 1. April 1928 wurde Husen nach Dortmund eingemeindet.
- Die erste urkundliche Erwähnung Kurls stammt aus dem Jahr 1189.
- Kern der Ansiedlung war das Haus Kurl.
- Am 2. September 1915 wurde die Gemeinde Courl in Kurl umbenannt, 1928 eingemeindet.

Die Inbetriebnahme der Zeche Kurl im Jahre 1871 sorgte für einen rapiden Aufschwung der Dörfer Husen und Kurl. © Klaus-Dieter Reichert
Ich fahre täglich durch den Dortmunder Nordosten und besuche Menschen, die etwas Interessantes zu erzählen haben. Ich bin seit 1991 bei den RN. Vorher habe ich Publizistik, Germanistik und Politik studiert. Ich bin verheiratet und habe drei Töchter.
