
© Dieter Menne
Eichlinghofen: Die Kirchenglocken sind für die einen Musik, für andere Lärm
Stadtteilcheck
Nicht nur morgens um 7 Uhr, wenn die Glocken der katholischen Kirche von Maria Königin läuten, ist die Welt für viele Eichlinghofer in Ordnung. Zumindest ziemlich in Ordnung.
Für Familie Speith stimmt fast alles in Eichlinghofen. „Hier hat man ein gutes Lebensgefühl“, sagt Monika Speith (37) und liegt damit auf der Linie der meisten Eichlinghofer, die der Lebensqualität in dem südwestlichen Vorort an der Stadtgrenze zu Witten neun von zehn möglichen Punkten geben.
Der Stadtteil ist ländlich, dörflich und grün geprägt, aber trotzdem verkehrlich gut angebunden. „Ich bin relativ viel mit dem Auto unterwegs,“ sagt Karsten Speith (43) von Beruf Groß- und Einzelhandelskaufmann, „ich brauche 25 Minuten bis nach Lüdenscheid, zehn Minuten zum Ruhrpark in Bochum, bin in fünf Minuten in Witten und in einer Viertelstunde in der Stadt. Außerdem ist die Bushaltestelle unmittelbar vor der Haustür.“ Manche Eichlinghofer allerdings beklagen, dass Busse und Bahnen immer mal wieder ausfallen.
Karsten Speith lebt seit seiner Kindheit in Eichlinghofen, ist tief verwurzelt im Ort. Neun Jahre war er weg und ist vor zwei Jahren in sein Elternhaus in der Schröderstraße zurückgekehrt, in das Siedlungshaus, „das Oma und Opa gebaut haben“.
Seine Frau Monika (37), Gemeindereferentin für den Pastoralverbund im Dortmunder Süden, kam vor zwölf Jahren aus Gütersloh in die Westfalenmetropole. An Eichlinghofen hat ihr sofort die Geselligkeit gefallen: „Man hat hier offene Türen, offene Gärten und kommt gern zusammen.“ Und auch die Kinder Simon (9) und Pia (5) sind schon kleine Botschafter ihres Stadtteils. „Es ist schön, dass die Freunde in der Nähe wohnen“, sagt Pia. „Man kann hier sehr gut Fahrrad fahren. Das mache ich gern. Das ist praktisch“, meint Bruder Simon. Er radelt bis nach Menglinghausen.

Die H-Bahn an der Stockumer Straße ist ein Alleinstellungsmerkmal Eichlinghofens unter Dortmunds Stadtteilen. © Dieter Menne
„Man kann die Kinder hier noch draußen lassen, ohne dass man dabeistehen muss. Auch die Nachbarn haben mit ein Auge drauf“, sagt Monika Speith. Auch deshalb ist Eichlinghofen in den Augen von Speiths familienfreundlich. „Die Kinder haben eine sensationelle Anbindung an die Grundschule“, sagt Karsten Speith.
Es gibt einen katholischen und einen evangelischen Kindergarten sowie die Kita Maulwurf am Stortsweg, Einrichtung einer Elterninitiative und zu 96 Prozent von der Stadt getragen.
Der Betreuungsbedarf für unter Dreijährige ist in Eichlinghofen zu 90 Prozent gedeckt, bei den über Dreijährigen beträgt die Quote sogar rechnerisch 190 Prozent. Das erkläre sich aus der Tatsache, so Stadtsprecherin Anke Widow, dass die „Kita im Grünen“ des Studierendenwerks mit acht Gruppen am Uni-Campus mitzähle, aber die Kinder, die sie besuchen, nicht alle in Eichlinghofen wohnen.
Karsten Speith, Mitglied im Rat der Tageseinrichtungen der Katholischen Kirche, hat den Förderverein für den katholischen Kindergarten mitgegründet. „Die Plätze für unter Dreijährige sind ausgebucht“, weiß er, bei den über Dreijährigen sind zuweilen noch Kapazitäten frei.
Kinder- und Familienfreundlichkeit sei das, was man in seinem Vorort daraus mache, sagt Karsten Speith: „Jeder gestaltet sich sein Umfeld. Wer nichts tut, kann nichts fordern. Man muss sein Umfeld und seinen Lebensraum mitprägen und gestalten.“ Der TuS Eichlinghofen als Sportverein, die Jugendfreizeitstätte sowie mehrere Gruppen in den Kirchengemeinden machten engagierte Angebote für Kinder und Jugendliche.
Karsten Speith ist nicht nur in der Gemeinde aktiv, sondern auch in der Siedlergemeinschaft, sitzt seit 15 Jahren im Vorstand. Die Häuser in seiner Siedlung stammen aus den Jahren 1953 bis 1960. „Es gibt einen unglaublichen Zusammenhalt im Siedlerbund“, berichtet er. Man trifft sich im Advent zu Glühwein und Würstchen, und man unternimmt gemeinsame Fahrten mit Kindern und Senioren über 90 Jahren. „Es ist ein großes Miteinander.“
Karsten und Monika Speith schätzen die Umgebung, etwa wenn sie morgens aus dem Fenster gucken und den Sonnenaufgang über dem Ardey-Gebirge bewundern. „Ein Traum“, schwärmen sie. Und wenn dann morgens um 7 Uhr dazu die Kirchturm-Glocken von Maria Königin läuten, kann der Tag beginnen. Nicht alle rund 8500 Bewohner Eichlinghofens sind Fans der Kirchenglocken, die sieben Tage in der Woche morgens und abends läuten. „Die Glocken prägen unseren Rhythmus“, sagt Monika Speith. „Morgens ist es der Weckruf, abends das Zeichen für meinen Sohn, nach Hause zu kommen zum gemeinsamen Abendbrot.“
Manche Eichlinghofer schimpfen über die Parksituation im Ort, klagen über zu wenig Parkplätze sowie zugeparkte Geh- und Radwege. „Natürlich ist es eng“, sagt dazu Karsten Speith, „die Eichlinghofer Straße ist eine Katastrophe. Aber man kann einen Vorort wegen der Autos nun mal nicht vergrößern.“ Ihm ist der Zustand der Persebecker Straße ein Dorn im Auge, und dass viele Eltern ihre Kinder direkt vor die Grundschule am Stortsweg fahren und dort immer wieder für Parkchaos sorgen.

Die Stockumer Straße ist als Hauptverkehrsader des Vororts und Durchgangsstraße hoch belastet. Rund 20.000 Fahrzeuge kommen hier pro Tag durch. © Dieter Menne Dortmund
Ein weiterer Kritikpunkt ist die hohe Verkehrsbelastung, vor allem auf der Stockumer Straße. Das sei die Kehrseite der guten Anbindung, sagt Karsten Speith. Laut Verkehrszählung von 2014 fahren täglich rund 20.000 Pkw und Lkw über die Hauptverkehrsader des Vororts.
Es gibt aber auch ein Fortbewegungsmittel, für das Eichlinghofen als Stadtteil ein Alleinstellungsmerkmal hat: die H-Bahn mit drei Linien zum Uni-Campus und zum Technologiezentrum. „Die ist cool“, sagt Simon. Als sie damit von der Stockumer Straße auf den Uni-Campus gefahren sind, gab es dort in der Mensa ein Eis. Einige Eichlinghofer essen gern als Gäste in der Mensa auf dem Campus Süd.
Doch was Speiths vermissen, ist ein ausreichendes Gastronomie-Angebot, darunter eine „typische Kneipe“, sagt Karsten Speith: „Früher hatten wir ganz viele davon.“ Auch die Gastronomie im früheren „Zwischenstück“ an der Baroper Straße steht aktuell leer.
Das wurde noch positiv bewertet:
Die Nahversorgung: Neun Punkte vergaben die Eichlinghofer für die Nahversorgung in ihrem Stadtteil. Speiths finden diese Bewertung okay. Beim Rewe und im Biomarkt an der Stockumer Straße könne man sich mit dem Nötigsten eindecken, Dass der Stadtteil auch von den TU-Studenten mitgeprägt wird, ja, dass sie ihn beleben, kann man hier gut beobachten. Ansonsten gebe es in Hombruch Kaufland und in Oespel den Indupark.
Die Sicherheit: Die Bürger geben dafür acht Punkte. „Das Gefühl spiegelt tatsächlich die Lage wider“, sagt Polizeisprecher Kim Ben Freigang. Eichlinghofen gehört zur Polizeiwache Hombruch. Und dort gebe es keine Auffälligkeiten. Die Einbruchszahlen seien - wie in ganz Dortmund - für den Bezirk Hombruch von 168 im Jahr 2017 auf 99 im laufenden Jahr zurückgegangen, so Freigang. Allerdings hat es dieser Tage wieder Einbrüche in Eichlinghofen gegeben.
Für Sicherheit sorgt auch die Feuer- und Rettungswache im Ort.
Das wurde negativ bewertet:
Wohnen: Die gute Wohnlage auf der einen Seite sorgt für eine hohe Nachfrage und entsprechende Häuser- und Mietpreise auf der anderen Seite. Der Wohnraum sei knapp, und vor allem die bei Studenten gefragten Apartments seien relativ teuer, heißt es bei der Firma Immobilien & Service Richter mit Sitz am Stortsweg. Ein Apartment, oft teilmöbliert, kostet 8 bis 8,50 Euro Miete pro Quadratmeter, eine gut renovierte Wohnung 6,50 bis 7,50 Euro. Häuser zum Kauf gebe es nicht viel im Markt, trotzdem gingen sie nicht zu jedem Preis weg.
Radverkehr: 7 Punkte gibt es auch nur beim Radfahren. „Ich kann das gut verstehen“, sagt Werner Blanke, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) in Dortmund, Das liege schon daran, dass neben der topografischen Lage – Eichlinghofen liegt auf dem Berg – die Radwege dort „nicht der Hit sind“. So stehen auf der Stockumer Straße Müllcontainer mitten auf dem Radweg, auf dem Radweg der Gustav-Korten-Allee behindern durch den Asphalt brechende Baumwurzeln das Fahren. Blanke: „Das sind Sachen, die das Fahren unattraktiv machen.“
Dafür aber sei es „hervorragend, durch die Felder in Richtung Kruckel, Hegemanns Heide und Richtung Universität zu fahren, wenn man die Schleichwege kennt.“ Was fehle, seien Abstellmöglichkeiten für die Räder. Nur rund 20 Prozent der Radfahrer in Eichlinghofen, so eine Schätzung, haben ein E-Rad, ein Pedelec. „Das würde es hier schon leichter machen“, sagt Blanke. Karsten Speith meint dazu: „Wir sind eben ein kleines Bergvolk“.

Alle Ergebnisse unseres Stadtteilchecks auf einen Blick in unserer Übersichtskarte:
Bis zum Jahr 1884 gab es oberflächennahen Bergbau
Eichlinghofen wurde im Jahr 927 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Im späteren Mittelalter war der Ort Sitz des Rittergeschlechts der Herren von Eichlinghofen. Etwa um 1700 setzte der oberflächennahe Bergbau ein. 1856 wurden verschiedene Zechen zur Zeche Vereinigte Henriette zusammengeschlossen, die zum Transport der Kohle duch eine Pferdebahn mit dem Bahnhof Barop verbunden wurde. 1884 wurde die Förderung auf dem Gebiet des heutigen Stadtteils eingestellt und Eichlinghofen 1920 nach Barop eingemeindet.
Der alte Ortskern von Eichlinghofen mit der evangelischen Kirche. Hier endete früher die Hörder Kreisbahn auf der Strecke Eichlinghofen-Hörde. Rechts im Hintergrund die evangelische Kirche St. Margareta. © Stadtarchiv Dortmund
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
