Stadt Dortmund sucht Wohnungen für Obdachlose Diskussion um Zustände in Notschlafstelle

Stadt sucht Wohnungen für Obdachlose - Diskussion um Notschlafstelle
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„Housing First“ lautet die Devise, unter der die Stadt Dortmund die Obdachlosigkeit bekämpfen will. Diese Priorität, die Menschen in eigene Wohnräume vermittelt zu bekommen, ist seit Jahren festgeschrieben. Die Umsetzung läuft aber nicht reibungslos, wie im Sozialausschuss nun deutlich wurde.

„Der Wohnungsmarkt ist, auch wenn wir als Stadt als Hauptmieter suchen, eng“, sagte Jörg Süshardt, Leiter des Sozialamtes am Dienstag (24.10.). Und die aktuell verstärkte Ankunft von Flüchtlingen mache die Situation nicht besser: „Wir haben bislang mit 40 Zuweisungen pro Woche geplant, jetzt sind es 70.“ Wenn mehr Menschen mit Unterstützungsbedarf nach Dortmund kommen, brauche man auch mehr Wohnungen.

Das Sozialamt sei dabei vor allem auf der Suche nach besonders kleinen und besonders großen Wohnungen. Bis 50 Quadratmeter und ab 90 Quadratmeter Wohnfläche benötige man aktuell. „Das wollen wir jetzt suchen, auch südlich der B1“, sagte Süshardt. Wichtig sei, dass der Mietpreis derart passe, dass die Bewohner den Vertrag selbst übernehmen können, wenn der Schritt geschafft ist, dass sie selbst zahlen können.

Zu diesem Thema diskutierte der Ausschuss auch einen Fragenkatalog der Initiative „Schlafen statt Strafen“, der sich mit Beschwerden über die Notschlafstelle für Männer an der Unionstraße befasst. „Es scheint ein Akzeptanzproblem zu herrschen“, sagte Benjamin Beckmann von den Grünen: „Der Betreiber steht stark in der Kritik.“ Von manchen Wohnungslosen ist zu hören, dass die Schlafstelle für sie keine annehmbare Option sei.

„Niemand wird abgewiesen“

Die Stadtverwaltung betont jedoch, dass allen Menschen, die ein Dach über dem Kopf brauchen, ein Angebot zur Verfügung stehe. „Niemand, wer sich dort meldet und sagt ‚Ich hab keinen Platz für heute Nacht‘ wird abgewiesen“, versicherte Jörg Süshardt. Sollten alle Betten belegt sein, finde man eine Ersatzlösung, etwa in der Flüchtlingseinrichtung am Zoo.

Durchaus seien unter den Gästen auch Menschen, die morgens von der Notschlafstelle aus zur Arbeit gehen: „Das ist im Einzelfall so“, sagte Süshardt. Sozialleistungsbezug sei keine Voraussetzung für eine Übernachtung dort. „Die Menschen bekommen dann eine Rechnung zugestellt“, so der Amtsleiter.

Jörg Süshardt, Leiter des Sozialamts
Jörg Süshardt, Leiter des Sozialamts, wehrte Beschwerden über die Männerübernachtungsstelle ab. © Kevin Kindel

Wenn sich Betroffene beschweren, dass sie an der Unionstraße abgewiesen wurden, gehe das Sozialamt allen Beschwerden nach, sagte Süshardt. „Der Betrieb wird minutiös 24/7 dokumentiert. Jede einzelne Beschwerde, die konkretisiert wurde, ist ausgeräumt worden. Da ist und war nichts dran.“

In einem Beispielfall habe jemand etwa die vorgeschriebene Tuberkulose-Untersuchung verweigert und das Gelände deshalb verlassen. Der Amtsleiter kam zu dem Schluss: „Das System funktioniert.“

Ekel und Unbehagen

Doch es bleibt ein Beigeschmack, der Ausschussvorsitzende Ulrich Langhorst (Grüne) stellte fest, dass es immer wieder Diskussionsbedarf zur Einrichtung an der Unionstraße gebe. „Dort wird geklaut, da werden sie schlecht behandelt“, sagte Susanne Bartholomé von der Fraktion FDP/Bürgerliste. Betroffene sprachen in der Vergangenheit außerdem von Ekel und Unbehagen durch viele Menschen auf engem Raum.

Unter anderem wurde kritisiert, dass es keine verschließbaren Türen gibt. Jörg Süshardt entgegnete: „Da kommt sehr oft der Rettungswagen, da braucht man oft den Direktzugang ohne dass die Tür verschlossen ist.“ Einen Schließmechanismus, der für etwas Privatsphäre sorge, Personal aber schnell eintreten lasse, „das muss doch gehen“, meinte hingegen Benjamin Beckmann.

Der Sozialausschuss hat beschlossen, zuständige Vertreter des Betreiberunternehmens der Einrichtung in eine zukünftige Sitzung einzuladen, um die Problematik direkt zu adressieren.

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