Stadt Dortmund schleppt Auto ab, während Familie im Urlaub ist – darf sie das?

© Martina Niehaus

Stadt Dortmund schleppt Auto ab, während Familie im Urlaub ist – darf sie das?

rnAbschlepp-Ärger

Eine Familie aus Dortmund ärgert sich. Die Stadt ließ ihr Auto abschleppen, während sie in den Herbstferien im Urlaub war. Im Kreuzviertel kommt das häufig vor. Denn es gibt eine Regel.

Kreuzviertel

, 08.11.2019, 11:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es ist Mitte Oktober, als Familie Hoffmann in die Herbstferien fliegt. Nach Andalusien. Gut erholt kommen Christof Hoffmann, seine Frau Andrea Wagener und ihr 17-jähriger Sohn knapp zwei Wochen später zurück. Und müssen feststellen, dass ihr Auto abgeschleppt worden ist.

Die Stadt hatte in den Ferien in der Straße, in der Hoffmann am 13. Oktober geparkt hatte, offensichtlich eine Baustelle eingerichtet. Der Wagen steht im Weg. Am 21. Oktober schleppt das Unternehmen Stracke seinen VW Golf ab – aus der Liebigstraße im Kreuzviertel. Die Familie bekommt eine Rechnung über 324,98 Euro.

Eine dicke Rechnung hat nach dem Urlaub für dicke Luft gesorgt.

Eine dicke Rechnung hat nach dem Urlaub für dicke Luft gesorgt. © Martina Niehaus

Neben den Abschleppkosten und einer saftigen Verwaltungsgebühr in Höhe von 97 Euro kommen noch Gebühren hinzu, weil der Wagen mehrere Tage beim Abschlepp-Unternehmen stand. Das „Sahnehäubchen“ sind die zusätzlichen 15 Euro Strafe für die Ordnungswidrigkeit. „Unsere Erholung war direkt verraucht“, sagt der 51-jährige Christof Hoffmann.

„Man fühlt sich ungerecht behandelt“, sagt auch seine Frau Andrea Wagener (51). Zumal im Knöllchen vom „Parken im absoluten Halteverbot“ die Rede ist. Und vom „Tatort“ Liebigstraße 32. „Als ob man sich da absolut wissentlich falsch hingestellt hätte.“

Weil die Familie mit ihren Nachfragen bei der Stadt niemanden erreicht habe, hat sie sich jetzt an unsere Redaktion gewandt.

Alle drei Tage muss man nachschauen. Im Urlaub ist das schwierig.

Dass die Stadt rein rechtlich dazu befugt war, das Fahrzeug abzuschleppen, ist der Familie klar. Denn es gibt ein „nachträgliches Halteverbot“: Lediglich vier Tage vor Beginn einer Baumaßnahme muss die Stadt die Autobesitzer informieren. „Laut Bußgeldbescheid hat sie das getan“, sagt Christof Hoffmann.

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„Verkehrsteilnehmer müssen mit kurzfristigen Änderungen von Verkehrsregelungen rechnen“, informiert auch die juristische Zentrale des ADAC. „Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass eine kostenpflichtige Abschleppmaßnahme bei kurzfristig aufgestellten Haltverbotsschildern erst nach einer Vorlaufzeit von drei vollen Tagen erfolgen darf“, heißt es auf der Homepage.

Man könne deshalb nicht darauf vertrauen, dass ein zunächst erlaubtes Parken auch noch vier Tage später erlaubt ist.

Vor diesem Haus an der Liebigstraße hatte die Familie ihren Wagen vor dem knapp zweiwöchigen Urlaub abgestellt.

Vor diesem Haus an der Liebigstraße hatte die Familie ihren Wagen vor dem knapp zweiwöchigen Urlaub abgestellt. © Martina Niehaus

Doch ständig nachschauen und umparken kann man schlecht, wenn man in den Urlaub fliegt. „Mir ist die Rechtslage bekannt. Ich hätte jemanden beauftragen müssen, der immer nach dem Wagen schaut“, sagt Hoffmann.

Was ihn ärgert: Das Abschlepp-Unternehmen habe ihm am Telefon mitgeteilt, dass nicht nur sein Auto, sondern viele gleichzeitig abgeschleppt worden seien. Genaue Zahlen habe ihm dann aber niemand nennen wollen. „Wie es aussieht, waren wir nicht die einzigen Doofen“, sagt Hoffmann.

Bei Stracke ist die Situation im Kreuzviertel bekannt

Beim Unternehmen Stracke, das im Auftrag der Stadt Dortmund abschleppt, ist das Problem grundsätzlich bekannt. „Wir erfassen die Daten nicht“, erklärt Marc Zavelberg vom Abschleppunternehmen auf Anfrage unserer Redaktion zu den genauen Zahlen. Aber gerade im Kreuzviertel und ähnlichen Wohngegenden käme eine solche Situation oft vor.

Den Unmut der Anwohner könne man nachvollziehen: „Der Besitzer ist froh, dass er überhaupt einen Parkplatz findet. Dann nutzt er vielleicht einige Tage öffentliche Verkehrsmittel, die U-Bahn oder das Fahrrad. Wenn er dann irgendwann sein Auto braucht, ist es abgeschleppt worden.“

Gerade bei Baumschnittarbeiten käme es oft vor, dass abgeschleppt würde. „Aber für temporäre oder nachträgliche Halteverbote gibt es eben Regeln“, sagt Zavelberg.

Frühere Beschilderung wäre „bürgerfreundlich“ gewesen

Trotzdem hat Christof Hoffmann Einspruch gegen das teure Knöllchen eingelegt. „Ich möchte erst die Bilder von der korrekten Beschilderung mit dem Hinweis sehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier wirklich niemand aufgepasst hat.“

Außerdem fragt sich der Familienvater: „Könnte die Stadt denn nicht, wenn sie eine Baustelle in den Ferien plant, etwas eher informieren? Es ist doch klar, dass hier viele Familien mit schulpflichtigen Kindern wohnen, die in den Schulferien verreisen.“ Hoffmann sagt: „Ein Hinweis vor Beginn der Ferienzeit wäre aus meiner Sicht bürgerfreundlich gewesen.“

Um welche Baustelle es sich in den Ferien handelte, ist nicht klar. Doch vor dem Haus steht schon wieder ein neues Schild. Parkplatzsuchende sollten also aufpassen.

Um welche Baustelle es sich in den Ferien handelte, ist nicht klar. Doch vor dem Haus steht schon wieder ein neues Schild. Parkplatzsuchende sollten also aufpassen. © Martina Niehaus

Um welche Baumaßnahme es sich genau gehandelt hat und ob diese Maßnahme von längerer Hand geplant war – dazu hat die Stadt auf unsere Anfrage noch nicht geantwortet. An der Liebigstraße 32 ist momentan nichts zu erkennen. Bis auf zwei provisorisch aussehende Schilder, die auf ein absolutes Halteverbot am 8. November hinweisen – wegen eines Umzugs. An dem Tag sollten Parkplatz-Suchende diesen „Tatort“ wohl besser meiden.