„Fast jede Woche rufen andere Städte an. Alle Leute gucken nach Dortmund“, sagt Christoph Stemann. Der als Firestarter bekannte DJ und seit zwei Jahren Nachtbeauftragte der Stadt Dortmund ist mit einer Idee in seine neue berufliche Aufgabe gestartet, die inzwischen viele Nachahmer in Deutschland hat – aber auch international.
Stemanns „Dortmund Guides“ haben das inoffizielle Nachtleben der Stadt weit über deutsche Grenzen hinaus ins Scheinwerferlicht gerückt. Im März dieses Jahres hat der 52-Jährige in Austin (Texas) bei der weltweit größten Leitmesse für digitale und kulturelle Zukunftstrends, der „South by Southwest“, die Dortmund Guides vorgestellt. Wenige Tage später stand er auch auf der Rednerliste beim Deutschen Zentrum für Forschung und Innovation (DWIH) in New York
Die Dortmund Guides sind das mobile Moderations- und Präventionsteam der Stadt, das hauptsächlich aus Studierenden besteht. Sie tummeln sich von Mai bis Oktober an den Wochenenden und vor Feiertagen nachts an den Party-Hotspots der Stadt, darunter im Westpark, an der Möllerbrücke und am Dortmunder U.
Feiernde sind Gäste
Sie sollen helfen, Konflikte mit Anwohnern abzuwenden, bevor sie überhaupt entstehen. „Junge Leute brauchen Plätze zum Feiern, Anwohner brauchen Schlaf“, umschreibt der Nachtbeauftrage den Nutzungskonflikt, der sich nach der Pandemie in vielen Städten aufgetan hat. „Das ist in der ganzen Welt ein Thema“, sagt Stemann.

„Die Dortmund Guides sind nicht der verlängerte Arm des Ordnungsamtes“, betont er, „sondern sie behandeln die Feiernden als Gäste und sprechen mit ihnen auf Augenhöhe.“ Statt barscher Ansagen werden Mülltüten verteilt, um den Abfall zu beseitigen, und Sammelkisten für den Glasbruch gereicht. Die Partybegleiter bieten sich als Ansprechpartner an bei Sorgen, Fragen, Nöten und halten bei kleinen Verletzungen als Ersthelfer Pflaster bereit.
Allein mit ihrem zugewandten Auftreten erinnern die Dortmund Guides an geltende Regeln wie die Parkordnung und helfen bei Bedarf mit entsprechenden Informationen nach. Sie sind die Vorbilder für ein rücksichtsvolles Miteinander.
Erfolg liegt im Teamwork
Der Erfolg gibt der Idee Recht. Die Anzeigen- und Beschwerdelage an den Hotspots habe sich verringert, so die Polizei. Die Behörde sowie das Ordnungsamt, Jugendamt und Grünflächenamt haben sich unisono dafür ausgesprochen, die Dortmund Guides nach Abschluss der zweijährigen Projektphase zur Dauereinrichtung zu machen – was mit dem 1. August 2023 geschehen ist.
Der Erfolg liege im Teamwork, sagt Stemann. Im Gegensatz zu anderen Städten könne er dezernatsübergreifend arbeiten und habe ein Budget. Angegliedert an die Stelle des Nachtbeauftragten erfolgt die Finanzierung aus dem Förderprogramm „Neue Stärke“ der Wirtschaftsförderung, das nach der Corona-Pandemie aufgelegt wurde.
Mittlerweile hat sich der Einsatzradius der Dortmund Guides erweitert auf die Kampstraße und ihr Umfeld. auf den Platz von Leeds, Platz von Amiens und die Brückstraße. Auch auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt waren die Guides schon unterwegs.
Digitale Rucksäcke
An ihren digitalen Rucksäcken sind sie bereits von Weitem zu erkennen. Auf den LED-Tafeln stehen Botschaften wie „Wir hören zu“, „Wir helfen dir“ und „Wir begleiten dich.“ Das seien die Eisbrecher, sagt Stemann, „die Guides werden angesprochen, ‚Was sind das für geile Rucksäcke? Wo kommen die her?‘“
Inzwischen sind die LED-Tafeln auf den Rucksäcken mehrsprachig – und werden wie die Dortmund Guides selbst nachgeahmt. So hat jüngst die Stadt München, in der Stemann sein Projekt ebenfalls vorstellen konnte, digitale Rucksäcke für ihr Nachtleben-Team angeschafft.
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