Ärger nach dem Tod von Mouhamed Dramé (†16) Zwei Helfer-Gruppen streiten über Geld für die Familie

Spendensammlung in Mouhameds Namen (†16): Ärger zwischen 2 Helfergruppen in Dortmund
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Ein Fußballturnier mit Konzert ist in den vergangenen Wochen auf Postern in Dortmund beworben worden: „International, sportlich und fair!“ In drei Altersgruppen können Mannschaften am Samstag (6.5.) im Hoeschpark antreten - und das für einen guten Zweck. Wirklich? Dagegen gibt es harsche Anschuldigungen.

Ein Poster für das umstrittene Fußballturnier ist am Borsigplatz aufgehängt worden.
Dieses Poster für das umstrittene Fußballturnier ist am Borsigplatz aufgehängt worden. © Kevin Kindel

„Freundeskreis Mouhamed Lamine Dramé“ steht oben auf dem Plakat, versehen ist es mit einem Foto des Jugendlichen, der im August von einem Polizisten in Dortmund erschossen worden ist. „Der Erlös des Turniers geht an die Spendensammlung des Freundeskreis Mouhamed“, ist zu lesen.

Dagegen protestiert jedoch eine andere Gruppe, der „Solidaritätskreis Mouhamed“. Teil davon ist beispielsweise William Dountio, der in der Vergangenheit Demonstrationen organisiert hat.

Ihren 2850 Instagram-Abonnenten gegenüber hat diese Gruppe das Fußballturnier des anderen Freundeskreises stark kritisiert: „Die Familie Dramé möchte das ausdrücklich nicht und möchte auch nicht, dass im Namen Mouhameds für zwielichtige, nicht nachvollziehbare Zwecke Spenden gesammelt werden.“

William Dountio spricht bei einer Demonstration ins Mikrofon.
William Dountio organisierte Demonstrationen nach den tödlichen Schüssen auf Mouhamed Dramé in der Nordstadt. © Kevin Kindel

Hintergrund des Streits ist das Verhalten von Mitgliedern der linksextremistischen Partei MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands) bei vorherigen gemeinsamen Versammlungen. „Engagiert euch doch in eurem Namen, aber haltet die Partei raus“, sagt William Dountio. Schließlich wolle der Solidaritätskreis unabhängig von Parteien agieren.

Auf dem Fußballturnier-Plakat ist ein Mann als Verantwortlicher benannt, der in der Vergangenheit als Pressesprecher der MLPD aufgetreten ist. Ganz ähnlichen Ärger hat es in der Vergangenheit auch zwischen der Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ und der MLPD gegeben.

Wohin gehen die Spenden?

„Die MLPD hat versucht, sich von den ersten Kundgebungen an selbst zu inszenieren“, heißt es nun vom Solidaritätskreis: „Die MLPD sammelt schon seit längerem Spenden, die angeblich der Familie von Mouhamed zugute kommen sollten, aber die Familie weiß nichts davon.“

Alassa Mfouapon spricht seinerseits für den kritisierten Freundeskreis. Er sagt: „Ich möchte Ihnen versichern, dass wir mit der Familie eine sehr gute Freundschaft haben.“

Der 33-Jährige ist selbst vor wenigen Jahren als Flüchtling aus Afrika nach Deutschland gekommen und engagiert sich seitdem als Aktivist. Die MLPD habe ihn in seinem eigenen Fall unterstützt, erzählt er. Sein „Freundeskreis“ war es, der im November eine Gedenktafel am Dortmunder Tatort angebracht hatte.

Alassa Mfouapon spricht für den "Freundeskreis Mouhamed" über die Spendensammlung.
Alassa Mfouapon spricht für den "Freundeskreis Mouhamed" über die Spendensammlung. © Kevin Kindel

Bereits vor der Anfrage unserer Redaktion zum aktuellen Streit hat die Gruppe eine lange Mitteilung zum Thema im Internet veröffentlicht. Die Überschrift lautet: „Lächerliche Lügen halten weder Solidarität noch Fußballturnier auf.“ Denn: Ausdrücklich in Absprache mit Mouhameds Bruder organisiere man die Veranstaltung im Hoeschpark.

Die gesammelten Spenden seien gedacht für die Entwicklung des Heimatdorfes im Senegal und „ebenfalls in enger Absprache mit der Familie“ für die Reise von Mouhameds Mutter zum anstehenden Gerichtsprozess in Dortmund.

Tausende Euro gesammelt

Mehr als 4000 Euro habe man der Familie bereits überwiesen, sagt Mfouapon und zeigt ein Foto eines Überweisungsformulars. Dieses Geld habe Mouhameds Bruder aber nicht annehmen wollen, weil die Anwältin ihm dies geraten habe. Mfouapon zeigt seinen Chatverlauf mit Mouhameds Bruder, mehrere Telefonate werden allein seit Ende April angezeigt.

William Dountio hält dagegen: „Die Familie hat sich Ende des Jahres entschieden, den Kontakt zu blockieren.“ Zwei Veranstaltungen seien seitdem ohne Erlaubnis der Familie in Mouhameds Namen durchgeführt worden. Die deutsche Anwältin sagt, dass es Dountios Solidaritätskreis sei, dem die Familie vertraue.

„Ich möchte, dass ihr alles unterlasst“

Beide Gruppen hat unsere Redaktion gebeten, einen Kontakt zur senegalesischen Familie herzustellen, um mit eigenen Ohren zu hören, wem das Vertrauen gilt. Beide wollen jedoch keine Kontaktdaten herausgeben, um die Angehörigen vor größerem Medieninteresse zu schützen.

William Dountio leitet allerdings ein Handyvideo weiter, auf dem der große Bruder von Mouhamed auf Französisch etwa zwei Minuten lang über das Thema spricht. Er richtet an „die Gruppe von Alassa“: „Ich möchte, dass ihr alles unterlasst.“ Ansprechbar für alle Anliegen seien Dountio und die Anwältin der Familie, die ebenfalls namentlich genannt wird.

Platz für zwei Helfergruppen?

Mfouapon erkennt in dem Video auch tatsächlich Mouhameds Bruder - meint aber, dass der diese Sätze gesagt habe, weil Druck auf ihn ausgeübt worden sei. Er stehe weiter dazu, dass der gefilmte Bruder ihm ebenfalls sein Vertrauen ausgesprochen habe. Im gemeinsamen Kampf für Gerechtigkeit sei aus seiner Sicht Platz für zwei Gruppen, die der Familie Dramé helfen wollen.

Zum Fußballturnier erwartet Alassa Mfouapon rund 100 Teilnehmende im Hoeschpark. Beginn ist am Samstag (6.5.) um 11 Uhr, zwei Tanzgruppen sollen zu sehen sein, internationales Essen wird angeboten und für 16 Uhr ist der Beginn des Konzerts geplant.

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