Von „Nullzinsbanken“ ist in überregionalen Medien die Rede. Und gemeint sind vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die aufs Tagesgeld und vermeintlich auch auf Spareinlagen nach wie vor nur mickrige Zinsen bieten.
Die Zinswende, so scheint es, ist bei den Kunden von Sparkasse und Volksbank in Dortmund auf jeden Fall angekommen, wenn es um Kreditwünsche geht. Bei Baufinanzierungen etwa werden nach der jüngsten Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank jetzt rund 4 Prozent aufgerufen. Für ein Fünf-Jahres-Darlehen liegt der effektive Jahreszins dem Darlehensvermittler Dr. Klein zufolge derzeit bestenfalls bei 3,73 Prozent.
Sparer allerdings gucken ziemlich in die Röhre. Ihr Geld, das sie bei der Sparkasse oder Volksbank „parken“, wird nicht so hoch verzinst. Direktbanken dagegen versprechen insbesondere einem Neukunden eine attraktivere Verzinsung. Die ING zum Beispiel bietet 3,5 Prozent Zinsen aufs Tagesgeld. Dem Vergleichsportal Verivox zufolge gibt es bei vielen Banken zumindest für die kommenden Monate garantiert über drei Prozent.
Zinssatz von 0,75 Prozent
Was auf Tagesgeldkonten liegt, verzinst die Sparkasse Dortmund dagegen aktuell nur mit 0,75 Prozent. Die Dortmunder Volksbank gewährt den identischen Zinssatz: 0,75 Prozent. Fast ein Jahr nach dem Ende der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank kommt das vielen Kunden so gar nicht zeitgemäß vor.

Dass es nicht längst mehr Zinsen aufs Tagesgeld gibt, erklärt Sparkassenchef Dirk Schaufelberger so: „Im vergangenen Jahr hat die Sparkasse schnell reagiert und war eines der ersten regionalen Kreditinstitute, das ihren Kundinnen und Kunden wieder Zinsen im Einlagengeschäft angeboten hat. So ist zum Beispiel der Sparkassenbrief reaktiviert worden. Bei der Anpassung der Tagesgeldzinsen war die Sparkasse zurückhaltender – sowohl in der Negativzinsphase als auch bei der Rückkehr zu einem positiven Zinsniveau. Die Zinssenkung hat sie nicht so schnell und – verglichen mit dem EZB-Leitzins und anderen Kreditinstituten – nicht in der Intensität an ihre Kundinnen und Kunden weitergegeben. Daher hat der Großteil kein Verwahrentgelt bezahlt! Diese Trägheit greift nun auch für den umgekehrten Fall.“
Auch Michael Martens, der Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Volksbank, betont, dass man in der Negativzinsphase zögerlich im Sinne der Kunden agiert habe, und jetzt eben beim Tagesgeld im Gegenzug nur Schritt für Schritt die Zinsen anheben könne. „Mit der Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juli 2022 auf Negativzinsen für Bankeneinlagen zu verzichten, haben wir dies am gleichen Tag auch für die Tagesgeldeinlagen unserer Kunden umgesetzt. Danach wurden die Zinssätze stetig weiter erhöht“, sagt Michael Martens.
„Zu viel auf Tagesgeldkonten“
Der Volksbank-Chef erklärt, dass 60 Prozent der Kundeneinlagen in seinem Haus so genannte Sichteinlagen auf Giro- und Tagesgeldkonten sind. Mit dem Geld kann die Bank nicht arbeiten, es muss für den Kunden jederzeit abrufbar sein. „Die Leute haben viel zu viel Geld auf Tagesgeldkonten“, sagt er. Das sei eine Folge der langen Nullzinsphase.
„Als die Kunden noch Zinsen gewohnt waren, hatten sie ihr Geld auf Festgeldkonten oder Sparbüchern angelegt. Als dies dann keinen Unterschied mehr machte zum Girokonto, blieb das Geld auf den Girokonten. Inzwischen merken wir Verschiebungsbewegungen. Aber was in zehn Jahren gewachsen ist, lässt sich nicht in einem Jahr zurückdrehen“, so Michael Martens.

Im Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation hat die Notenbank seit Juli 2022 mehrmals die Zinsen im Euroraum erhöht. Zuletzt vor einigen Tagen. Der für Sparer wichtige Einlagenzins wurde um 0,25 Basispunkte auf jetzt 3,75 Prozent angehoben. Die Inflationsrate im Euroraum hingegen liegt bei 5,5 Prozent.
Nicht auf dem Tagesgeldkonto, aber im festverzinslichen Anlagebereich lässt sich nach Darstellung der Dortmunder Bankenchefs der Realzinsverlust für Sparkassen- und Bankkunden abfedern. „Hier bietet die Sparkasse zum Beispiel den Sparkassenbrief mit einer Laufzeit zwischen ein und fünf Jahren an. Bei einer Laufzeit von einem Jahr beträgt der Zinssatz derzeit 2,5 Prozent p.a., bei einer Laufzeit von fünf Jahren 3 Prozent p.a.“, sagt Dirk Schaufelberger.
„In der Realzinsfalle“
Bei der Volksbank, so erklärt Michael Martens, können Kunden ihr Geld für ein Jahr zu einem Zinssatz von 2,5 Prozent und für zwei Jahre zu 2,6 Prozent (und Mitglieder der Genossenschaftsbank für 3,33 Prozent) anlegen. Bei den Direktbanken, die da forscher seien, rät er, auf die Sternchenpositionen zu gucken: „3,5 Prozent bei einer Direktbank hören sich gut an, gelten aber nur für Neukunden und nur für sechs Monate. Danach gilt ein Prozent. Und maximal können 50.000 Euro angelegt werden.“
Michael Martens rät: „Wenn wir Regionalbanken auch nicht den besten Zins bieten, so können wir doch zu einem besseren Ergebnis verhelfen, wenn unsere Beratung vor Ort genutzt wird.“ Auch Dirk Schaufelberger sagt: „Mit der Rückkehr zu einem positiven Zinsniveau sind festverzinsliche Anlageprodukte wieder vermehrt in den Fokus gerückt. Doch die gestiegenen Zinsen zeichnen ein trügerisches Bild. Sie kommen aufgrund der hohen Inflationsraten nicht an. Wir befinden uns weiterhin in der Realzinsfalle, sodass weitere Möglichkeiten für die Vermögensanlage und den Vermögensaufbau herangezogen werden sollten.“

Eine Faustformel geben beide Banker als Tipp an ihre Kunden weiter: sie empfehlen zwei bis drei Nettomonatsgehälter für kurzfristige Anschaffungen täglich verfügbar zu halten. Für darüberhinausgehendes Vermögen sollte mit den Beratern der Banken die richtige Anlagelösung gesucht werden.
„So ist es möglich, eine attraktivere Rendite als auf dem Tagesgeldkonto zu erzielen“, sagt Dirk Schaufelberger. Und Michael Martens fügt an: „Jeder, der nichts tut und noch in der Welt vor dem Sommer 2022 lebt, verschenkt jeden Tag Geld.“
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